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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 52.1901-1902

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Gmelin, Leopold: Die I. internationale Ausstellung für moderne dekorative Kunst in Turin 1902 , [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7007#0334

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Die I. internationale Ausstellung für moderne dekorative Kunst in Turin \yo2.

5\\. Speisezimmer von I. 23, Rillen; entworfen von £j. p. Berlage, Amsterdam. (Dunkles Eichenholz;

oben Fries aus Batiks in Blau und Gelb.)

raums von weniger als zwei Jahren zu erreichen
hoffen; es konnte gar nicht ausbleiben, daß auch
bei den erfahrensten und geschicktesten Leuten Über-
treibungen die unausbleibliche Folge solcher gewalt-
samen Züchtungsmaßregeln sein mußten, wie viel
mehr bei dem großen Kaufen, der auf Schlagwörter
stets hereinfällt und sie dann mit entstelltem Sinn
und Inhalt weiter brüllt. Um so schlimmer, wenn
selbst alte, bewährte Aämpen es nicht lassen können,
mit marktschreierischen Mitteln dem Unverstand der
Menge zu schmeicheln.

Wenn man den Möbeln von C. Bugatti
& Co., Mailand auf einer kunstgewerblichen Fast-
nachtsveranstaltung begegnete, hätte nian seine Freude
daran, wie da mit der Phantasie eines Tollhäuslers
die Schwächen und Neigungen gewisser Übermoderner
lächerlich gemacht worden sind; aber für einen
Narrenscherz Tausende und Abertausende hinauszu-
werfen oder das Ausstellungsunternehmen zum Narren
zu halten, das sollte man doch für unmöglich an-
sehen. Bei manchen dieser Stücke, mit denen vier
große Räume ausgestattet sind, frägt man sich ver-
geblich, welchem Zweck sie eigentlich dienen. Wie
müssen die Menschen aussehen, die sich in solcher
Umgebung bewegen? Alle diese Möbel sind in

tadelloser Ausführung ganz und gar mit Hellem
Pergament überzogen, das über und über mit eng
gesetztem Reihenornament in lichten Tönen und Gold
bemalt ist und in einzelnen Partien Beschläge aus
getriebenem und ausgeschnittenem Messing trägt.

Je größer der Aufwand an Räumen und Ma-
terial, um so kläglicher ist meist das Ergebnis. .

Die fünf Zimmer von Alb. Issel, Genua, stoßen
schon ab durch plumpes Schnitzwerk und gemeine
Bemalung — unter den sieben Zimmern von Carlo
Rosso, Turin, hält sich nur das Speisezimmer in
seiner Dekoration einigermaßen in vernünftigen
Grenzen, — in den vier Zimmern von Vala-
brega & Co., Turin, herrscht bei Mobiliar fast
durchweg die „ausschweifende" Linie; von Zusammen-
stimmung zwischen Möbeln, Stoffen, Wänden, Glas-
bildern keine Rede. Überhaupt ist von einem Zu-
sammenwirken der verschiedenen Handwerker nach
einem Ziel hin nirgends so wenig wahrzunehmen
wie bei der italienischen Abteilung. Man kann
diese Zerfahrenheit geradezu als die schwächste Seite
des italienischen Aunsthandwerkes unserer Tage an-
sehen, namentlich, wenn man damit die Leistungen
des Cinquecento in Vergleich zieht. Im Mobiliar
gehört z. B. das Speisezimmer von Eug. ^uarti,
 
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