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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 52.1901-1902

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Gmelin, Leopold: Die I. internationale Ausstellung für moderne dekorative Kunst in Turin 1902 , [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7007#0336

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Die ^internationale Ausstellung für moderne dekorative Kunst in Turin 1902.

513. Lmpfangrsaal von I. Th. Uiterwijk &

an denen ihre Verfertiger auf Prunk verzichtet haben;
die besten darunter sind wohl die beiden Zimmer
von Destefanis & Ricotti, Turin, — das eine
ein Damensalon — dunkelrotes poliertes polz, grüne
Polsterung, zurückhaltendes Messingbeschläg, durchaus
fein und zierlich; — das andere ein Speisezimmer
in Hellem, nur lackiertem Nadelholz, vielleicht über-
haupt die beste italienische Zimmereinrichtung, von
wohlthuender Sachlichkeit.

Bei einer Unzahl italienischer Einzelmöbel be-
kommt man den Eindruck, als seien sie entstanden,
um dem Bildschnitzer etwas zu thun zu geben. Was
sollen auch die vielen gewandten Schnitzer Italiens
anfangen, wenn die moderne dekorative Kunst das
geschnitzte Beiwerk verabschiedet? Etwas bester ist
die Zntarsia daran; aber sie darf sich nicht in
der Richtung des Berardi, Florenz, bewegen, der
das polz solch bunten Beizungen unterwirft, daß
die Arbeit völlig den Charakter der polzintarsia
verliert und den der Schablonenmalerei annimmt.
Weit bester sind die Zntarsien von Grazioli und
Gaudenzi, Mailand, wenn sie auch gelegentlich
Gefahr laufen sollten, auf die Abwege Majorelles
zu geraten.

To., Haag; entworfen von Christian lvegerif.

Da Amerika in Zimmereinrichtungen nur mit
ganz unbedeutendem Material, England gar nicht
vertreten ist, so erübrigt uns noch, der gesonderten
Gruppe Schottlands einige Aufmerksamkeit zu
schenken. Es ist gewiß etwas Gutes um die Ein-
fachheit, und man kann froh darüber fein, daß man
von dem berauschenden Grnamentenwerk zurückzu-
kommen sucht; aber man sollte die Nüchternheit doch
nicht bis zur Askese und pungerleiderei treiben,
und krankhafte Geschöpfe von Möbeln züchten, die
ebenso blutarm sind wie die gespenstischen, in die
Füllungen gemalten Frauengestalten, ebenso dürr wie
das auf dem Tisch — wohl einen Strauß vorstellende
- Dornengestrüpp, in das etwa zehn, aus rosa
Seide und violettem Tüll gefertigte Rosen zerstreut
eingebunden sind. Wenn man im einsamen Block-
haus, mit Brettern, Säge und Nägeln ausgerüstet,
sein Mobiliar zurechtzimmert, dann wird es ähnliche
formen annehmen müssen wie mancher dieser bret-
ternen, weißlackierten Stühle und Tische, und man
wird sich dabei in engem Raum behaglich fühlen,
sich über sein Merk freuen können; aber was für
den Urzustand paßt, wird innerhalb der Sphäre
höchster Kultur zur Komödie oder zum Ausdruck

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