Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 52.1901-1902

DOI Artikel:
Gmelin, Leopold: Die I. internationale Ausstellung für moderne dekorative Kunst in Turin 1902 , [2]
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.7007#0361

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Äic I. internationale Ausstellung für moderne dekorative Kunst in Turin 1^902.

562 — 565. Sichtgerät, nach
Entwurf von Rich. Müller
ausgeführt von K. M.
Seifert & <£o., Dresden.
(V4 d. w. Gr.) Must, gefch.

Lederschnitt aus seinem
mittelalterlichen Schlaf er-
weckt wurde, und nun ist
er int Begriff, die führende
Stellung an die Leder-
färbung zu verlieren, der
er nur noch Begleitdienste
leistet. Welche Wirkung

mau aber auch ohne
Färbung und ohne Sckmtt
erzielen kann, wenn <m
wirklicher Künstler das Material belebt, das zeigen
deutlich die Aaffettchen, Brieftäschchen rc., die

Tharpentier mit zarten Lederreliefs gefchnrückt
hat. Alit solchen Kunstarbeiten köirnen weder die
halb getriebenen, halb geschnittenen Ledereinbände
von Fr. 3c, Weinzierl, München, noch auch die

Arbeiten von G. ksulbe, Hamburg, in die

Schranken treten; — ebensowenig die schwedischen
und italienischen Lederschnittsachen, obgleich auch
hier wieder die Aemilia ars eingreift und wenigstens
T. Patarchi, Turin, mit seinen pell! a rilievo die

j Ehre der getriebenen Lederpolster rettet. Bei den
Sitzen und den Wandfüllungen, die bjulbe für das
Vestibül gefertigt, steht er ganz in: Banne Behrens';
j bei seinen kleineren Sachen hat er sich zu seinem
Vorteil davon freigehalten. Bevorzugt ist heute eut-
| schieden das gefärbte, bezw. gebeizte Leder, wie es
Tollin, Berlin, eingeführt hat, der damit noch
heute — wie die reichhaltige Tolliir-Gruppe zeigt —
an erster Stelle steht; manche Sachen erreichen in
Verbindung mit eingeschnittenen oder vergoldeten
Umrissen fast den Eindruck von Lederiutarsia. Daß
auch hier die Nachfolge nicht ausgeblieben ist, und
daß diese dem Vorläufer mehr oder weniger nach
rennt, ist selbstverständlich, ebenso daß bei der k)ast
| des Nacheilens mancher strauchelt. Gut gehalten haben
sich dabei u. a. Zucker & To., Erlangen, die Buda-
pester Z. Fisch Hof und E. Tüll, sowie einige
Unbekannte, die unter der Führung der Maison
moderne und der »Art nouveau Bing« ausgestellt
haben. — Zu bedauern ist, daß die Wiener Leder-
industrie sich bei der Ausstellung so sehr zurück
gehalten hat; was sie vorführt, entspricht nicht ihrer
Bedeutung, obgleich eine gewisse Wienerische Fein-
heit und Eleganz auch da zu ksause ist.

Zm Bereich der künstlerischen Bucheinbände
stehen England, Holland, besonders auch Schott-
land an erster Stelle. Aber die vorzüglichen Buch,
einbände von f3aul Kersten, Erlangen (Jahrgang
sstOs, S. 503 u. 505), und die z. T. gleichfalls hervor-
ragenden Arbeiten der Hamburger G. I e b f e 11 und
Wilh. Rauch sorgen wenigstens — in Gemeinschaft
mit der Ausstellung des Deutschen Buchgewerbevereins
— dafür, daß die deutsche Buchbinderei daneben noch
bestehen kann und sich nicht zu schämen braucht.

Daß die Ausstellung, die der modernen
dekorativen Kunst dient, gerade auf demjenigen kunst-

566. Bronzen von Kurt Ltöving, Berlin. O/4 der wirkt. Gr.)
Muster geschützt.

340
 
Annotationen