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Die Kunde — 4.1936

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Nr. 8/9
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Schroller, Hermann: [Rezension von: Emil Goehrtz, Das Bauernhaus im Regierungsbezirk Hannover und seinen Nachbargebieten]
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Plath, Helmut: [Rezension von: Siegfried Lehmann, Niedersächsische Stickmustertücher]
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https://doi.org/10.11588/diglit.61686#0219

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und gerade die eigenartigen Verhältnisse an der Küste bedingten, wie
ich an anderer Stelle gezeigt habe, ein Hereinnehmen des Viehes in
jenem Gebiete.
Durch diese Bemerkungen wird die Bedeutung des Buches nicht
betroffen; es bildet einen wichtigen Beitrag für die Frage nach der
Entwicklung des niedersächsischen Bauernhauses. Dem Niedersächsischen
Heimatschutz ist für die Herausbringung und die Beigabe der zahl-
reichen Hauspläne besonders zu danken.
H. Schroller.

vr. Siegfried Lehmann, Niedersächsische Stickmustertücher, be-
arbeitet für die NS.-Frauenfchaft des Gaues Südhannover-
Vraunschweig mit einem Vorwort von Gaufrauenschaftsleiterin
Mifchka-Grahe. Hannover 1936. Verlag Kusedruck (Taf. 44).
Siegfried Lehmann, der frühere Mitherausgeber der „Kunde"
will mit seinem niedersächsischen Stickmusterbuch in das Formengut der
bäuerlichen Stickerei einführen und der Stickerin von heute helfen, „die
feinen Zusammenhänge zwischen dem Gegenstand und seiner Auszier"
wieder zu erkennen. Beides ist ihm in dem Heft, das sich durch über
100 gute Abbildungen auszeichnet, die Wilhelm Meyer im Vaterländi-
schen Museum Hannover herstellte und denen ein knapper, gut geglie-
derter Text mit klarer Gedankenführung beigegeben ist, vorzüglich
gelungen. Die alten Stickmustertücher, die uns in großer Zahl erhalten
sind, haben in zweierlei Beziehung großen Wert. Dieser doppelte
Wert ist in der zweifachen Aufgabe, der sie dienten, begründet. Einmal
waren die Stickmustertücher „Schultücher", auf denen sich die lernende
Stickerin übte, ehe sie mit der Auszier ihrer Aussteuer begann. Als
solches Schultuch ist uns ein jedes von ihnen ein einmaliges Zeugnis
für das wachsende Formverständnis der einzelnen Stickerin. Zum
andern waren die Stickmustertücher „Sammeltücher", auf denen das
junge Mädchen Stickformen und Stickmotive sammelte, um den Schmuck
ihrer Aussteuer später reichhaltig gestalten zu können. Als solche sind
sie uns alle eine fast unerschöpfliche Quelle für das Vorstellungs- und
Formengut des niedersächsischen Menschen. Denn das macht gerade
das Wesen der älteren Stickmustertücher Niedersachsens aus, daß sie von
fremden, erst zu erlernenden Formen frei geblieben sind, daß sich viel-
mehr die Bäuerin auf ihnen das altererbte Formengut in wechselnder
Gestaltung immer wieder neu erarbeitete. Hierfür finden wir im
Vildteil des Heftes besonders zahlreiche Abbildungen, die uns zeigen,
wie zäh die Niedersachsen an altem Ueberlieferungsgut festgehalten
haben. Es ist besonders hervorzuheben, daß der Verfasser den Kunst-
wert der Stickmustertücher nicht nach den Gesetzen der „hohen Kunst"
beurteilt, sondern daß er sich bemüht, an diesem Beispiel die der Volks-
kunst eigene Gesetzmäßigkeit aufzuzeigen. Der zahlenmäßige Reichtum

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