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Die Kunde — 4.1936

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Nr. 12
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Blikslager, Georg: Nikolausbräuche in Ostfriesland
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Lohmeyer, Fritz: Das Brauchtum am Jahresende in der Grafschaft Diepholz
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https://doi.org/10.11588/diglit.61686#0294

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die beweist, wie Lies es im Herzen des Volkes verankert ist. In Bunde,
Weener, Emden, Esens, Wittmund, Norden, in einzelnen Dörfern um
Aurich, in Greetsiel und Umgebung (um nur einige bekannte Plätze zu
nennen) und vielen anderen Orten reitet der St. Nikolaus am 5. De-
zember abends leibhaftig aus seinem Schimmel durch die Straßen und
Gassen und verteilt eigenhändig sein Gebäck an die jubelnden Kinder.
Vorlauten und Mutwilligen zeigt er die Rute. Hie und da ist er von
seinem Knecht begleitet. In einigen Dörfern führt man abends auch
wohl ein Pferd ums Haus, damit die Kinder am andern Morgen die
Fußstapfen des Schimmels sehen.
Im westlichen Teil Ostfrieslands war noch vor wenigen Jahrzehn-
ten der Nikolaustag das eigentliche Fest der allgemeinen Bescherung.
Allmählich drang der Christbaum auch hier siegreich vor, und jetzt hat
er das letzte Haus in seinen Bann gezogen. So kommt es auch, daß
Sünnerklaas sich an vielen Orten mehr und mehr auf die Verabreichung
des althergebrachten Backwerks beschränkt und die große Eeberrolle dem
ihm auf dem Fuße folgenden Weihnachtsmann überläßt.
Möhlenwarf. Hauptlehrer Georg Vlikslager.

Das Brauchtum am Jahresende in der Grafschaft Diepholz.
Weihnacht.
Der Höhepunkt des Weihnachtsfeftes ist hier der Heilige Abend,
in der Mundart „Wihnachenabnd" genannt. Die Abendgottesdienste
werden noch überall sehr stark besucht. Die heimkehrenden Kirchgänger
finden das Haus erfüllt von dem Duft des Festmahles, das von allen
Hausbewohnern gemeinsam eingenommen wird, auch in den wenigen
Häusern, in denen Herrschaft und Gesinde sonst an getrennten Tischen
zu essen pflegen. Der altüberlieferte Speisezettel wird aber fast gar
nicht mehr beachtet. So stand in den Kirchspielen Barnstorf und Barver
fest, daß es grüne Bohnen oder Sauerkraut (das erste der letzten Ernte)
geben würde; in Wagenfeld und im alten Amte Lemförde war Brat-
wurst mit Tunke die allgemeine Festspeise. Ein jeder darf zulangen,
soviel er mag und der heilige Abend hat daher auch den Beinamen
Dickefrätersabend.
Bemerkenswert ist, daß der Bauer nicht nur für eigenes Behagen
sorgt, sondern daß er auch das Vieh an der allgemeinen Fröhlichkeit
Leilnehmen läßt. Die Kühe an der langen Diele erhalten die doppelte
Menge Heu oder reichlicher Futterkohl (Diepholzer Dickstrunk), „damit
auch sie wissen, daß Weihnachten ist". Es gibt auch noch einzelne
Bauern, die um Mitternacht heimlich im Hemde auf die Diele gehen
und das Vieh mit unausgedroschenen Hafergarben füttern, weil es im
kommenden Jahre Glück bringt. Sehr stark herrscht dieser Brauch noch
in den Dörfern Hannov. Ströhen und Preuß. Ströhen.

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