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Die Kunde — 4.1936

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Nr. 2
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Heiligenstaedt, Fritz: Eine wichtige Schulbilderneuheit
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https://doi.org/10.11588/diglit.61686#0060

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Jugend zur Verfügung stellen. Gerade auf die Form kommt hinsicht-
lich der Einprägsamkeit und Wirkung ungemein viel an. Es darf unter
keinen Umständen in den Fehler verfallen werden, um der Vollständig-
keit willen ein solches Anschauungsbild mit Einzelheiten aller Art zu
überlasten. Sparsamkeit in dieser Hinsicht erhöht die Lebensnähe,
wenn durch übersichtliche Gliederung der Blick konzentriert, durch Ein-
ordnung des Dargestellten in die Landschaft der Zusammenklang von
Land und Leuten schon stimmungsmäßig fühlbar gemacht wird. Je
mehr damit ein solches Bild den lehrhaften Charakter verliert, um
so tiefer seine bildende, seine erziehliche Wirkung.
In dem vorliegenden Bilde „Germanisches Gehöft um 200" sind
diese Forderungen vorzüglich erfüllt. In der Mitte öffnet sich dem
Blick die weite niederdeutsche Ebene mit Wiese und Feld, in den hohen,
wolkenreichen Himmel ragt, die rechte Bildseite beherrschend, ein mäch-
tiges Hallenhaus, die Urform unseres Niedersachfenhauses. Noch tra-
gen die aus beworfenem Flechtwerk gebildeten Wände das aufstrebende
Dach nicht, sondern sie sind von einem Säulenkranz umgeben, die jenes
an den Außenseiten abstützen. Gelassen steht vor dem Eingang an der
Schmalseite die Bäuerin, der die Ziegen und Gänse eifrig zustreben:
es ist Futterzeit. Auf der andern Seite des Gehöfts aber herrscht
emsiges Leben. Da sind Werkleute beschäftigt, aus sorgsam zugehauenen
Balken und Brettern ein Bohlenständerhaus zu errichten, wie es neben
dem Hallenhause vom ersten vorchristlichen Jahrhunderte an bis in die
Zeit der Sachsenkriege immer wieder nachgewiesen worden ist. Die sorg-
fältige Zimmermannsarbeit, die das Erstaunen der Forscher erregte,
zeigt gerade dieses Bild in Hellem Lichte. Ganz links, zum Teil nur
sichtbar, liegt die Schmiede. Feuerschein fällt durch die Tür, und vor
ihr steht der Schmied, ein fertiges Schwert in der Hand, das er dem
Herren des Hofes reicht, der eben von einem Ausritt zurückgekehrt, in
stattlicher, durch mancherlei Funde sichergestellter Weise gekleidet vor
ihm steht.
Die unterrichtliche Verwendung dieses Bildes, das durch frische,
dabei nicht aufdringliche Farbengebung das Schulzimmer belebt
und schmückt, ist überaus vielseitig. Die nachfolgenden Winke können
nicht erschöpfend sein, zumal eine solche, bewußt auf Einzelheiten ver-
zichtende Darstellung durch die Betrachtung der in den Sammlungen
ausgstellten Einzelgegenstände ergänzt werden muß. Schon in den
unteren Klassen wird man auf die Kinder den geruhsamen
Arbeitsfrieden wirken lassen, der aus dem Bilde ohne weiteres an-
spricht, und der in so deutlichem Gegensatz zu dem Bilde von den
plündernden und sengenden oder sonst nur faulenzenden Germanen
steht. Wenn sich aber auf einem solchen Hofe eine Schmiede findet,
dann kann die angebliche Eisenarmut unserer Vorfahren um jene
Zeit auch nicht mehr so schlimm gewesen sein. So saubere Zimmer-
mannsarbeit kann man ja auch nur mit ordentlichem Werkzeug leisten!

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