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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 1818

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https://doi.org/10.11588/diglit.12990#0033
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Nro. y.

Kunst-Blatt.

18 18.

Nachahmung christlicher Mosaiken und Gemählde.

Das Anfcrtigen von Mosaiken, wie zu Nom im Studio
dei mosaici von St. Peter, oder wie zu Mayland, wo-
hin vor mehreren Jahren Raffaelli bcrusen ward, um
das Abendmal von Leonardo da Vinci zu verewigen,
kann immer nur von Regierungen zum allgemeinen Nu-
tzen unternommen werden, da keine Gesellschaft von Privat-
unternehmern und noch weniger ein Einzelner Geldvcrtheil
daraus ziehen möchte. Anders war es und ist es mit je-
nen kleinen Mosaiken auf Dosen, Kästchen, Hals- und Arm-
bändern , Ringen und Ohrgehängen rc. rc., welche schon lan-
ge einen Zweig römischer Industrie ausmachen, der aber
jetzt, da man ihn mit Erfolg im übrigen Italien, wie eben-
falls jenseits der Alpen, zu Wien und Paris zu betreiben an-
fängt, sehr deeinträchtigl zu werden bedroht ist. In der
That ist seit vielen Jahren schon der Preis der römischen
Mosaiken unglaublich gesunken. Der Reiz der Neuheit hat
gufgehört, der Unwerrh für die Kunst ist erkannt, und nur
die Möglichkeit, sich durch diese Mosaiken wohlfeile Ange-
denken des Aufenthalts von Rom zu verschaffen, sichert ei-
nigermaßen den Absatz. Mehr noch als die angeführten
Gründe schadet jedoch die Armuth in der Auswahl der Ge-
genstände. Der zu copirendcn Vorbilder alter Mnsivarbeit
gibt es nicht gar viele, und man ist der ewigen Tauben von
Furietti, Maske»,Panther, Pudel, Hähne,Schwäne, Blu-
menkörbchen, Eulen und Geyer, die Hase» zersieischcn, eben
so müde, als der unscheinbaren Tempelchen der Vesta und Si-
bylle, der Minerva Medica und des Eolosseums oder der Was-
serfälle von Tivoli und Terni. Die Entschuldigung der Verferti-
ger, daß ihre Unterarbeiter zu sehr als Handwerker bezahlt wer-
den, um sie nach uenen Mustern austrengen zu kön-
nen, so wie auch daß überhaupt sich wenige Originale für
Mosaiken schjchen, ist nicht völlig zu verwerfen; jedoch liessc
sich immer, ohne erheblichen Aufwand von Kosten und Zeit,
manches Neue leisten. Hierzu ist den Römischen Mosaicisten
vor Kurzem das Copiren der christlichen Mosaiken aus dem
Mittelalter (sowol tempi bassi als mc--.ro <evo, wie man
in Italien wohl unterscheidet) an und in Kirche», so wie
das N^chahmen von Gemählde» derselben Art aus den Eata-
kvmben und dem unterirdischen Rom, vorgeschlagen worden,
deren dieser Mittelpunkt der katholischen Religion eine un-
erschöpfliche Fundgrube ist. Höhere Entwicklung und Ver-

vollkommnung der zeichnenden Künste ist überhaupt nicht
der Zweck solcher kleinen Mosaiken, sondern sic wurden mit
Recht mehr zu ihren Spielereyen als zu den cdeln Früchten
gezählt; und als Andenken von Rom, wenn gleich aus ei-
ner verschiedenen Epoche, werden die in Anregung gebrach«
ten vielleicht besser dienen, als die znm Ueberdrusse ge-
wohnten; auch lassen sie sich bequem aueführen, da Mosaik
im Kleinen, welches Mosaik im Großen copirr, keine sehr
feine Stiftchen oder Täfelchen erfordert; die Farben sind voll
und glanzend, aber ohne Mitleltöne und halbe, die dieHanpt-
schwierigkcit verursachen, und die Zeichnung, so lvie die der Ge-
mählde der Catacvmben, einfach und nicht in einander ver-
schlungen. Setzt man hinzu, daß die große Menge von Pilgern
uub Wallfahrern aus dem frommen Mittelstände lieber Mo-
saiken kaufen werden, die ihnen die Apostel, Heiligen und
Symbole darstellcn, vor denen sic andächtig gekniet haben»
als Abbildungen der Tempel des männlichen Glückes, der
scnatorischen Schamhaftigkeit oder des Husters zu Tivoli:
so begreift mau, daß die Spekulation, von welcher die Rede
ist, schwerlich mißlingen könnte.

Jedoch braucht man auch die Sache keineSweges so pro-
saisch anzusehen. Jene Mosaiken und Gemählde sind oft
mager und unbedeulend in Zeichnung und Mechanik, aber
reich an Erfindung, Verzierung und Motiven, an welcher
unsere bettelarme Zeit ihnen beschämend nachstehr, ohne nur
von historischen Gesichtspunkten für Sitten, Religion, Klei-
dung rc. reden zu wollen.

Fast alle frühere Kirchen und Basiliken, habe» i» der
gewölbten Tribüne und dem sogenannten Triumphbogen hin-
ter dem freistehenden Hochaltäre, alte mehr oder minder
interessante Mosaiken auf Goldgründe. Nicht wenige der-
selben, wie z. B. vier, 8" Sabina, S. Maria Maggiore,
S. Paolo fuar delle niura und S. Giovanni in Laterano,
reichen bis zum fünften Jahrhunderte hinauf. (Siehe Ciam-
pini vetera monuirienla, Roma; 1690, r Vde in Folio, wel-
che die Kupferstiche vieler alten Mosaiken enthalten). An-
dere und die meisten sind aus dem xtcn und y!en Jahrhun-
derte oder dem nächstfolgendem. — Vergebens würde man
einwenden: diese Kirchen seyen von späteren Päpsten oder
Titular - Karvinälen meist ans den Fundamenten restau-
rirt oder wieder aufgerichtet worden. Aber eben diese Päp-
ste undKardinäle sorgten dafür,(wenigstens viele derselben),
daß jene ehrwürdigen Alterthümer christlicher Kunst unbe-
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