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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 1818

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https://doi.org/10.11588/diglit.12990#0005
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Nro. I

Kunst-Blatt.

r 8 r 8.

Auszug aus einem Brief des Hrn. Or. Alessan-
dro Visconti an Hrn. Giuseppe Carne-
vali di Albanv über einige in der Nähe des
alten Alba Longa auögegrabenen Vasen.

(AuS dem Italienischen.)

Sic verlangen, ich solle Ihnen meine Meinung über
die antiken Urnen sagen, welche Sie kürzlich in Albano
gefunden haben. Ich habe mich um diese Urnen hergelrie-
ben, wie ein Grabkäfcr, und will Ihnen nun mit der Un-
befangenheit, die Ihnen gefällt, offen sagen, was ich von
diesen Denkmälern halte, die ich für sehr alt erkläre, nicht
weil sie plump sind, wie Lasea behauptet, eine Familie sey
sehr alt, wegen der Häßlichkeit ihrer Personen, sondern
aus triftigen Gründen, welche Theorie und Uebung mir an
die Hand geben. —

Diese'Urnen kamen in einem Hügel, nahe bey der sehr
alten Stadt Albanv, zum Vorschein, als man die Erde
aufgrub, um Weinsröcke zu pflanzen. Die alten Gräber
nahmen meistens solche erhabene Oerter ein; um durch ihren
Anblick bey den Wanderern das Andenken an die Ver-
storbnen zu erwecken, war diese Sitte bep den Heiden cin-
geführt. —

Einige von diesen Urnen haben die Gestalt eines kleinen
Tempels, vielleicht bedeutet deßwegen das Wort Tempel in
der lateinischen Sprache ein Grab, wcßwegcn Virgil
schrieb:

Pr«terea suit in tectis de marmore templum
Conjugis antiqui ....

eine andre Urne hat die Gestalt eines Visters, und sie wer-
den mit ihren Gefäße» in einem großen Kruge anfbewahrt.
Der Thon, die Masse (Einmengung, impastatura), und
die Farbe stellen dem Beschauer ein Werk dar, das viele
Jahrhunderte zählte, und von allem bis jetzt bekannten Tö-
pferzeuge verschieden ist. Ehe ich also zu der Beschreibung
derselben insbesondere komme, muß ich Sie auf die Zeit
aufmerksam machen, in welcher sie, meines Erachtens, ver-
fertigt worden sind. Die Tracht, die Materie, deren Zer-
legung Sic hernach lesen werden, zeigen uns offenbar, daß
sie nicht den Römischen Gräbern angehören.

Titus Livius schreibt: Tullus Hvstilins, drit-
ter König von Rom, habe die" Herrschaft von Alba Longa
völlig zerstört, und die angesehensten Personen dieses Volkes

in den Senat und in die Ritterschaft ausgenommen. P»s-

sim public» privalaquc omnia tecta adaiquat sojo , unaque
hora quadrigentorum annorum opus, quibu» Alba steterat,

excidio ac ruinis dedit. Wir müssen also den Ursprung dieser
Denkmäler vor der Regierung des Tullus HostiliuS
aufsuchen. Alba Longa wurde nach dem Zeugnisse eben
desselben Titus Livius von Ascanins, dem Sohne
des A e n e a s aus einem elenden Ueberrest von den hinterlisti-
gen Flammen der Griechen, erbaut: stellen Sie sich vor,
mein Freund, mit welchem Abscheu Aeneas und die Fa-
milie den blutigen Schein des Feuers gesehen haben mussten;
und dennoch legte Ascanius den Grund zu Alba Longa
auf die kalte Asche eines crlvschnen Vulkans, und, nach
der Angabe des Dionysius, zwischen einem sehr hohen
Berge und einem tiefen See, der sein Bett ebenfalls dem
Feuer verdankte, damit cs durch diese Befestigungen Schutz
hätte. Also muß der Zeitpunkt dieser sehr alten Gräber
merkwürdiger Weife weit über die Gründung von Alba
Longa, das ist, über das Jahr der Welt 2S28, vor der
christlichen Zeitrechnung 1176, hinaufsteigen: Erstlich weil
die Künste, als die Trojaner sich mit den Völkern Latiums
vereinigten, sehr veredelt wurden; zweytens, weil diese Ur-
nen jenen Gefäßen und jenen Bruchstücken von gebranntem
Thvne vollkommen ähnlich sind, die man unter der Masse von
Peperino (vulcanischem Tuff) findet, welcher i» diesen Gegen-
den sein Bett drep bis vier Spannen hoch bedeckte, nämlich
ein vulkanischer, noch nicht zu Peperino verdichteter, Sand,
aus welchem sie ansgegraben worden sind.

Sie, lieber Freund, haben die gebildetsten Personen
von Marino zu Zeugen dieser außerordentlichen Erscheinung
aufgcrnfen, wie sich aus der, von einem öffentlichen Nota-
rius verfassten, Urkunde ergibt, welche am Schluffe dieses
meines Briefes zu lesen ist. Die Gräber-Urnen sind un-
gefähr sechs Spannen tief in dem vulkanischen, aschichten,
noch nicht zusammenhängenden Sande vergraben worden;
dieser ist hernach durch den stiegen von Jahrhunderten zu
einer Masse verdichtet worden, und hat, nicht viel über der
Oberfläche der Töpfergefäße, die Festigkeit des Peperino er-
langt, und so über dem ehrwürdigen Thongeräthc dicht ge-
worden, hat er demselben ein unauslöschliches Siegel deS
entferntesten AltcrthumS anfgedrückt; und der vulkanische
Sand, der noch nicht verdicktet war, macht einen Theil
an dem Thone dieser Tvpfergefäßc aus, in weichen man
Register
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