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Nro. 18

Kunst-Blatt.

i 8 i 8.

Vauwissenschaften.

Urber die vorzüglichsten nach Christi Geburt In
Europa cinqesührren Bau - Style mit Berichti-
gung einiger Grundsätze der schönen Architektur.

(Don dem Königlich- Baicrischen Geheimenrath Ritter von
Wicbeking u. s. w. Am 13. Juni d. I. gelesen in
der Versammlung der mathematisch-physikalischen Klaffe
der Akademie der Wiffenschaften zu München.)

Alle Völker haben ihre heiligen Gebäude gran-
dioser anfgeiuhrt, als die profanen; bey ihnen konnten
also die Baumeister ihre kühnsten Ide->n und kostbarsten
Entwürfe zur Ausführung bringen; ja an ihnen erkennen
die Nachkommen den Instand religiöser Gesinnungen der
Voräitern, den Charakter der Nationen und des Zeit-
alters, so wie den in rerschiedene» Ieitperioden angenom-
menen Baustyl.

Diesen mit der möglichsten Gewißheit angeben, und
in einer theoretisch - praktischen Bauiunde * *) die Geschichte
dieser Wissenschaft und ihrer vorzüglichsten Schöpfungen
vortragen zu können, habe ich mit Hülfe genauer Ieich-
nungen, Kupferstiche, architektonischen Werken, Reise«
und Städte-Beschreibungen und eigenen Lvkal-Untersu-

*) Diese theoretisch - praktische bürgerliche
Bau künde (zu deren Bearbeitung ich mich seit meh-
rere» Jahren vorbereitet habe, wie mein« dreh Ab-
handlnngcu: über den Einfluß der Bauwissenschasten
auf da« öffentliche Wohl und die Eivilisation. zum
Theil beweisen) kann, wen» mich die Vorse-
hung gesund erhalt, binnen acht Jahren (in zwei,
Quartbände») erscheinen. Sie wird eine bedeutende
Anzahl so großer Kupfer als meine theoretisch-prak-
tische Wasserbankunsi, wovon die zwevte Auflage in
vier Bänden erschienen ist, erfordern; weil ich alle
klassischen Monument« der Acgypter, Grieche» und Rö-
mer, welche einer unmittelbaren Berücksichtigung bey
unserer Baukunst würdig sind, wie auch mehrere im
Altdeutsche», einige im Gotl'ischen, Lombardischen
und Neugriechischen und wieder viele im Italienischen
Styl errichteten Gebäude, in getreue» Abbildungen

chungen, neunhundert merkwürdige Kirchen, meinen
Nachforschungen unterzogen.

Hieraus will ich der Kürze wegen nur einige Resultate
mittheilen.

Die Form und Einrichtung der von den Römern auf,
geführten Basiliken *) ahmten dte ersten Christen bepm
Bau brer Kirchen nach, sie nannten diese gleichfalls Ba-
siliken, und diese Bezeichnung hat sich noch jetzt bey denen
erhallen, welche nach dieser Art aufgeführt sind. Da-
Innere einer römischen Basilika war eine Nachahmung des
Jnnern der Cella griechischer Tempel und insbesondere
der Hrpaekhren, welche von zwey Säulen-Reihen aus drey
Schiffen (Navaten) oder drey Abtheilungen bestehen, we»
bey zwey Säulen - Reihen übereinander standen. Da
wir christliche Basiliken antreffen, in denen nur'zwey
untere Säulen-Reihen oder au» vier stehen, folglich im
letzter» Falle fünf Schiffe statt finden, so ist es wahrschein-
lich, daß auch in Rom ähnliche Basiliken vorhanden waren.
Gewöhnlich wurde im Innern christlicher Basiliken, wie in
den heidnischen, die jonische oder korinthische Ordnung ge«
braucht und nur in der Kirche l'tolo» in vincol! zu Rom
ist die dorische anzutreffen, aber nicht nach den schonen

und nach einem hinreichend großen Maßstabe ,n liefern
gedenke, daneben auch neue eigene nnd fremde Entwürfe
mittheilen werde. Zu diesen letzter» bin icv Willens»
unsere gelehrte» Baukundigen schriftlich ciuznladcn,
damit auch diese die Wissenschaften mit den Früchten
ihres Genier, ihrer Studien und Erfahrungen zu be-
reichern Gelegenheit finden. Mit Vergnügen werde ich
ihre wissenschaftliche» Zuschriften ausnehmcn. Meine
Grundsätze in der schönen Architeklur lernen sie zum
Theil aus den angeführten Abhandlungen kennen;

*) Von den Römern wurde wahrscheinlich die Bezeich-
nung Basilicn aus dem Grieanschen entlehnt, und
die Grieche» verstanden darunter das Haus der ober-
sten Magistratsperson (Baff/Äso?) oder deS König«.
Bey den Römern waren die Basiliken solche Gebäude,
worinnen das Recht gesprochen wurde, nnd worui sich
zu einer andern Zeit das Volk versammelte, oder in
welchem Handelsgcschäflc allcr Art abgerhan wurden.
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