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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 4.1893

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Pabst, Arthur: Das Karlsruher Fächerwerk
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https://doi.org/10.11588/diglit.3942#0020

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DAS KARLSRUHER FÄCHERWERK.

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aus einem höchst merkwürdigen Stück spanischer Her-
kraft hervorgeht, bis in die Rokoko-Zeit erhalten hat,
und endlich gewinnt der Faltfächer die Herrschaft, der
im 17.Jahrhundertseine endgültigeAushildung erreicht.
Die Entwicklung des Faltfächergestelles führt Rosen-
berg auf einer sehr instruktiven Tafel vor, vom
Beginn des 18. Jahrhunderts bis zur Mitte des 19.
Jahrhunderts.

Was die künstlerische Ausgestaltung der Fächer-
blätter angeht, so weist Rosenberg daraufhin, dass von
einer persönlichen Beteiligung der großen franzö-
sischen Künstler an der Fächermalerei in keiner
Weise die Rede sein kann: die Stiche von Boucher
und Watteau sind reichlich ausgenutzt, besondere
Entwürfe finden wir bei den Ornamentisten des 17. und
18. Jahrhunderts, und von Abraham de Bosse finden
sich wie vonChodowiecki gedruckte Entwürfe zu direk-
ter Montirung bestimmt. Ebensowenig wie die ge-
malten Blätter in Stile Bouchers, können die
Lackfächer auf die Werkstätte der Brüder Martin
zurückgeführt werden. Rosenberg möchte ihnen
lieber eine niederländische Herkunft zuweisen, aus
Gründen, die allerdings ins Gewicht fallen.

Neben Frankreich, das zu allen Zeiten auf diesem
Gebiet das" führende Land gewesen ist, kommen die
anderen kaum in Betracht: aus England kennen wir
Fächer mit Kupferstichen, aus Deutschland sehr hüb-
sche Entwürfe des Augsburger J. E. Holzer (um 1734)
und endlich überschwemmte Berlin mit den Blättern
Chodowieckis am Ende des Jahrhunderts den Markt.

Die Bestrebungen Frankreichs in unserm Jahrhun-
dert zur Hebung der Fächerindustrie und der Beteili-
gung erster künstlerischer Kräfte an der Ausführung
besonders hervorragender Stücke, haben dann in Karls-
ruhe, wo seit lange auf zwei blühenden Schulen, der
Kunstgewerbe- und der Malerinnen-Schnle und ver-
wandten Instituten die Kunst der Fächermalerei geübt
wird, den Gedanken an die Ausstellung nahe gelegt.
Die damit verbundene Wettbewerbung hat gezeigt,
dass es nur der Anregung bedarf, um schlummernde
künstlerische Kräfte zu wecken und anzuregen. Auf
diesem Gebiet ist also wenig zu thun: hier stehen
unsere Künstlerinnen und Künstler auf eigenen Füßen.

Dagegen wird es schwieriger sein, die Fabrika-
tion derGestellein Deutschland einzuführen: mitFabrik-
ware ist nicht gedient. Die Prunkgestelle, von denen
eine Anzahl herrlicher Exemplare vorhanden waren,
sind nicht einmal den oberen Zehntausend zu-
gänglich. Man wird, wie Rosenberg richtig meint,
auf den Weg der Versuche, auch hinsichtlich der Art
der Montirung zu Verbesserungen kommen können:
denn hier geht Probiren über Studiren.

Hinsichtlich der Form des Fächers und der
Komposition der Darstellungen hat Rosenberg zwei
Wünsche: er will, dass der Ballfächer um dessen
künstlerische Ausstattung es sich im allgemeinen
nur handelt, folgendes Maß hat: 30 cm. Höhe, Blatt
nicht über 15 cm. Breite. Der Fächer will sich nicht
zu einem vollen Halbkreis öffnen, sondern so gebil-
det sein, dass der der Brust zugekehrte Außenstab
sich in den Arm legt und nicht vpn demselben an den
Körper angedrückt wird, dass mithin der geöffnete
Fächer höchstens einen Winkel von 150 Grad bildet.

Bezüglich der Komposition der Blätter sind
gleichfalls keine bestimmten Vorschriften zu geben.
Seit alter Zeit finden wir eine strahlenförmige und
horizontale Anordnung, d. h. das Bild folgt der
Richtung der Stäbe oder es sieht aus wie aus einem
Bogen Papier in Fächerform herausgeschnitten: ich
leugne nicht, dass mir die erstere für große Kom-
positionen die sinngemäße zu sein scheint. Bei der
Malerei werden die Figuren nur in der Längeachse
nicht in der Querachse durchschnitten, was immer
hässlich aussieht; die Komposition, namentlich
figurenreiche, entwickeln sich auf gemeinsamem Boden
und haben einenMittelpunkt. Bei kleineren Darstellun-
gen wird man immer wieder zur Umrahmung der
einzelnen Szenen kommen, die ja nach Gusto horizontal
oder trichterförmig angeordnet werden können: jeden-
falls gestattet diese Gruppirung die mannigfaltigsten
und zierlichsten Lösungen, giebt der Phantasie den
weitesten Spielraum und lässt den Geschmack des
einzelnen zu voller Geltung kommen. So wären wir
denn bei dem maßgeblichen Geschmack angelangt:
und über den ist bekanntlich nicht zu streiten!

Ä. PÄBST.
 
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