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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 4.1893

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Frauberger, Tina: Über die Herstellungsart der koptischen Kopfbedeckungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3942#0070

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ÜBER DIE HERSTELLUNGSART DER KOPTISCHEN

KOPFBEDECKUNGEN.

VON TINA FBAUBEJRGER.

NTER der seit vier Jahren
im Besitze des Düsseldorfer
Kunstgewerbemuseums be-
findlichen Sammlung von
Gewändern und Gewand-
resten aus den Gräbern
Oberägyptens befinden sich
vier vollständig erhaltene
Kopfbedeckungen, jenen ähnlich, welche die Museen
von Berlin, Wien und anderer Städte, besitzen. Die
eigentümliche Herstellungsart dieser Mützen, welche
in der Form den altägyptischen und altjüdischen
eckigen und spit-
zen Kopfbedeckun-
gen verwandt sind,
war bereits Gegen-
stand der Unter-
suchung. In einem

Katalog wird sie als eine Art von Strickerei, in einem
anderen als eine Art Klöppelarbeit bezeichnet. An
dritter Stelle wird ebenfalls die letztere angenommen.
Nach unseren heutigen Begriffen von beiden Arbeits-
arten ist es weder das eine, noch das andere.

Die Strickerei ist eine Maschenarbeit, bei welcher
nur ein Faden thätig ist, der bei einem Strumpf
ringsum, bei einem gestrickten Tuch hin- und her-
läuft. Die Maschen sind gegliedert, sind neben-
an-, und aufeinander gefügt und ziehen sich nach
Hinwegnahme der Stricknadeln beim Anziehen des
Fadens mit Leichtigkeit auf.

. Auch bei der Herstellungsart der Mützen läuft
nur ein Faden hin und her, doch wo immer man
ihn erfasst, die Arbeit löst sich nicht auf, sondern
sie zieht sich zusammen.

Die letztere Eigenschaft besitzt das Flechtwerk,

Kunstgewerbeblatt. N. F. IV.

Filetnadel.

zu welchem die Klöppelarbeit zählt. Doch sind bei
dieser, je nachdem die Breite und das Muster der
Spitze ist, zwanzig, vierzig, achtzig und mehr Fäden
in steter Flechtbewegung; sie setzen zur Arbeit ein,
nachdem sie mit dem einen Ende auf den Klöppel
gewunden, mit dem anderen auf dem Kissen befe-
stigt worden sind und werden am Schluss der Arbeit
abgeschnitten.

Die Verwandtschaft, die zwischen der Technik
der Mützen und jener der Strickerei und Klöppel-
spitze besteht, liegt bei der Strickerei in der Arbeit
mit einem Faden und der Dehnbarkeit des Gebildes,

bei der Klöppel-
arbeit in der Eigen-
schaft des Zusam-
menziehens und
allenfalls in der Art
der Musterung, dem
"Wechsel von leichten mit dichten Stellen. In
technischer Hinsicht bestehen jedoch keinerlei Be-
ziehungen.

Die Arbeit ist unserer Zeit keineswegs fremd.
Das British Museum in London ist im Besitz eines
netzartigen Gebildes, das zwar sehr grob ist, aber
in der Fadenführung jener der koptischen Mützen
völlig gleicht. Das Stück wurde vor 40—45 Jahren
mit anderen am Kongo gefertigten Dingen dem
Museum überwiesen. Dr. H. Schurtz erwähnt in
einem Artikel, der in dem „Internationalen Archiv
für Ethnographie, Bd. IV. 1891, veröffentlicht und:
„Die geographische Verbreitung der Negertrachten"
betitelt ist, öfter der Kunst des Flechtens, deren
die Völker am Kongo kundig seien. Vielleicht ist
damit die Arbeit gemeint, um welche es sich hier
handelt, die heute als bescheidene Industrie der

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