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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 4.1893

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Ein Hauptstück italienischer Töpferkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.3942#0226

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Kopfleiste. Entworfen von A. Lackner.

EIN HAUPTSTÜCK ITALIENISCHER TÖPFERKUNST.

LS ein Hauptstück deritalieni-
schen Töpferkunst des XVI.
Jakrh. darf die in den bei-
stehenden Darstellungen wie-
dergegebene, im Privatbesitz
befindliche Prunkvase gelten.
Zu der Darstellung sei gleich
bemerkt, dass sie von der
vollständigen Wirkung der Vase insofern ein nur
mangelhaftes Bild giebt, als die Aufnahmen nicht mit
orthochromatischen Platten bewirkt wurden und so an
die Stelle sämtlicher blauen Töne in ihrer verschiedenen
feingestimmten Abstufung nur weiße Flächen treten.
Dieses bezieht sich sowohl auf das Grotesken-
ornament des Halses und des Fußes, das in der vor-
liegenden Aufnahme unvollständig und unharmonisch
komponirt erscheint, als namentlich auch auf den
Bauch der Vase, von dessen tiefem, sattem, zwischen
Ultramarin und Indigo stehendem Blau, das in der
Photographie als eine fast weiße Fläche erseheint,
sich die Cartouchen wie die Masken wirkungsvoll ab-
heben. Die Vase, welche mit Deckel eine Höhe von
0,91 m und in ihrer größten Breitenausdehnung
eine Breite von 0,40 m besitzt, zeigt ein fortissimo
von flotter, plastischer Dekoration, das die feine
Groteskenmalerei der Flächen in seiner Wirkung leb-
haft unterstützt. Sie besteht aus dem Deckel und der
eigentlichen Vase. Beide zeigen die überaus schlichte,
aber'doch kräftige und wirkungsvolle Profilirung
der besten Zeiten italienischer Töpferkunst. Der
Vasendeckel besteht aus einem Knauf, der sich nach
unten tellerförmig erweitert und in dieser Erweite-
rung auf den an seiner Mündung erweiterten Hals
der Vase passt. Ein als gedrehter Stab mit Malerei
aus blauen und gelben Linien verzierter Wulst ver-

Kunstgewerbeblatt. N. F. IV.

mittelt zwischen dem Knauf und dem tellerartigen
Auslauf, dessen glatte Fläche mit bunten Grotesken
auf weißem Grunde geziert ist. Die Grotesken be-
stehen aus Medaillons, die von Greifen gehalten
werden, und aus Halbmännern mit Pfauen, alter-
nirend. Der innere Schmuck der Medaillons besteht
aus weißen Büsten auf braunschwarzem Grunde.
Blaue und gelbe Linien begleiten den Rand des
Deckels. Auf dem Knauf nun sitzt ein in großen
Formen modellirter Löwe, der gelb glasirt und mit
dunkeln Linien gezeichnet ist und gleich dem Löwen
von San Marco mit der rechten Tatze ein aufge-
schlagenes Buch hält, auf dem die Buchstaben
A.P.R.O. stehen.

Von gleicher Größe und Kraft der Modellirung
ist der plastische Schmuck der Vase. In ihrem tele-
fonischen Aufba.u besteht dieselbe zunächst aus dem
aus Viertelstab, Hohlkehle und Wulst gebildeten
niederen Fuß, auf den sich unmittelbar der mächtig
ausgebauchte Corpus der Vase setzt, der seinerseits
mit einem feinen Glied in den schlanken Hals über-
geht, der in der Mitte durch einen Wulst gegürtet
ist. Der Hals erweitert sich an der Mündung, wie
schon erwähnt, beträchtlich. Die Henkel der Vase
vertreten zwei einander diametral gegenüber gestellte
vollrund modellirte weibliche Gestalten, welche sich
mit dem Rücken m die Einziehung des Halses legen
und sich mit den rückwärts gewendeten Armen am
Vasenhals halten. Die Oberleiber sind mit einem satten
Gelb glasirt. Die Unterleiber bilden je zwei Schlangen-
endigungen mit Schwanzflosse, die mehrfach gerin-
gelt, grün glasirt und mit dunkeln Linien gezeich-
net sind. Sie sind gleich den Figuren vollrund mo-
dellirt und legen sich auf den Corpus der Vase auf.
Ein breit modellirtes Akanthusblatt verdeckt den

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