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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 4.1893

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Hofmann, Albert: Das nordböhmische Gewerbemuseum in Reichenberg
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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3942#0041

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KLEINE MITTEILUNGEN.

Stellung nicht übersehen werden: es ist der auf Herz
und Gemüt wirkende, erfrischende und arbeitsfreudig
stimmende poetische Eindruck, dessen der Hand-
werker wie kein anderer bedarf, und unter dem er
dem Geschaffenen mit sinniger Gedankenfülle Leben
und Lebendigkeit verleiht und sich an der Aner-
kennung und Achtung freut, die dem Produkte eines
dauernden Fleißes und künstlerischer Fertigkeit ge-
zollt wird. Wie schön schildert das doch Gustav
Freylag in seinen Bildern aus der deutschen Ver-
gangenheit, wenn er ausruft: „Welche Poesie der
alten Handwerklichkeit liegt nicht in dem kunstvollen
Thürbeschlag von der schweren Hand des ungebil-
deten Schlossers, von dem Löffel eines Nürnberger
Goldschmieds, dem Thonkrug, den ein alter Töpfer
bunt glasirte und mit Figuren versehen hatte, in der
kunstvoll eingelegten Arbeit eines alten Schraukes,
dessen Herstellung mit viel Mühe und saurem Schweiß
bewirkt worden. In all diesen Arbeiten liegt nicht viel
Wissenschaft.. aber es liegt in ihnen die seltene Poesie,

die unzertrennbar mit dem Herzen des Handwerkers
verwachsen war."

Für die Unterrichtung des Besuches des Mu-
seums war angestrebt, den einzelnen Gegenständen
eine möglichst ausführliche Beschreibung nach Ge-
schichte, Technik und Herkunft beizugeben, um so
beim Beschauer eine unmittelbarere Wirkung zu er-
zielen und den für den Besucherkreis der kleineu
Provinzialmuseen höchst unpraktischen, unnötigen
und nicht begehrten Führer zu umgehen.

Durch eine Reihe von Jahren ruhiger Weiter-
entwickelung hat sich das Nordböhmische Gewerbe-
museum in ßeichenbers? zu einer hervorragenden
Stellung unter den österreichischen Gewerbemuseen
emporgeschwungen. Zu seinen reichen Beständen
haben munifizeute Gönner wie die Großindustriellen
Heinrich Baron Lieb leg, Gustav Schiriner, Willy Ginzkey
der Mitchef des weithin bekannten und berühmten
nordböhmischeu Teppichhauses u. a. beigetragen und
sich auch in der Verwaltung hochverdient gemacht.

KLEINE MITTEILUNGEN.

BÜCHERSCHAU.
W. Bodo. Altpersische Knüpfteppiche. Studien zur
Geschichte der persischen Knüpfarbeit. Gr. Fol. m. Abbild.
Berlin Gröte. Wenn der erste Kenner auf dem Gebiete
der Malerei Studien zur Geschichte der persischen Teppiche
■veröffentlicht, so muss er sich wohl über die Gründe dazu
aussprechen. Sie sind: das Studium der Teppichdarstellungen
auf alten Bildern und das der erhaltenen Originalteppiche.
!}in altes Bild von Lissabon bis Moskau, von Schottland bis
?alenno in Kirchen, öffentlichen-und Privatsammlungen dürfte
Bode wohl kaum entgangen sein. Auf Grund des Studiums
von ca. 1000 alten Teppichen dazu, möchte man den Er-
gebnissen seiner Forschungen wohl im allgemeinen beistim-
men. Diese sind folgende: auf den Bildern finden wir zu
verschiedenen Zeiten verschiedene Teppichmuster in gewisser
Folge der Muster. Bode schließt daraus, dass diese Teppiche
zu jenen Zeiten, wo sie auf den Bildern erscheinen, aus dem
Orient importirt und dort gefertigt sein müssen; damit stellt
er die zeitliche Herkunft der erhaltenen Teppiche fest. Er
weist ferner nach, dass gewisse Muster in gewissen Gegen-
den beliebt waren, ebenso die Wege der Einfuhr. Bezüglich
der Musterung glaubt Bode die meisten auf Persien und die
angrenzenden Länder zurückführen zu können. Die herrlichen
großen Prunkteppiche mit chinesischen Einflüssen dürften in
der Staatsmanufaktur des Schah Abbas entstanden sein.
Ebenso die Polenteppiche, mit denen schon Riegl aufgeräumt
hat. Die Verfertigung von Teppichen im Kaukasus in alter
Zeit dürfte kaum ausgedehnt gewesen sein; dagegen wird
die Vermutung ausgesprochen, dass die Entstehung der
heutigen Teppichindustrie in und um Smyrna auf den Einfluss

der holländischen Kolonieen in Kleinasien im 17. Jahrhundert
zurückzuführen sei. Eine bedeutende Einwirkung schreibt
Bode den orientalischen Teppichen auf die Entwickelung
der venezianer Malerei zu: der fortwährende Anblick der
farbenprächtigen Teppiche, bei Festen, in öffentlichen und
privaten Gebäuden, ja sogar auf den Gondeln soll dasAngo
des Venezianer Malers und seinen Farbensinn ausgebildet
haben. ,.Aus einer kunst- und farblosen Malerei entfaltete
sich die großartigste koloristische Schule, welche die Kunst
aufzuweisen hat. Wer vertraut ist mit den orientalischen
Teppichen des 15. Jahrhunderts wird vor den Bildern der
gleichzeitigen Venezianer Meister in der Zusammenstellung
und Wahl der Farben die gleiche Farbenempfindung in jenen
herausfühlen." Sollte das nicht ein bischen weit gegangen
sein? Auch für die vlämische und holländische Schule in
späteren Jahrhunderten nimmt Bode etwas Ahnliches an.
Bei der umfassenden Denkmälerkenntnis Bode's ist es höchst
dankenswert, dass er eine Zusammenstellung aller öffent-
lichen und Privatsammlungen sowie der wichtigsten Kirchen-
schätze giebt, welche alte Teppiche besitzen. Er beklagt
dabei mit Recht, dass eine übersichtliche Aufstellung dieser
wichtigen Abteilung nur in wenigen öffentlichen Sammlungen
durchgeführt ist; aber daran sind die Museen meist unschul-
dig, denn der chronische Raummangel der meisten lässt sie
kaum dazu kommen, die Sachen durch alle Räume zu ver-
teilen. Für die Auswahl der trefflichen Abbildungen müssen
wir dem Verfasser besonders dankbar sein, insofern er fast
durchweg neues Material beigebracht und uns namentlich
mit den Hauptstücken seiner eigenen kostbaren Sammlung
bekannt macht. A. P.
 
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