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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 4.1893

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Koch, Max: Der Dekorationsmaler und seine Ausbildung
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https://doi.org/10.11588/diglit.3942#0121

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Einzelheit von dem Deckenbilde S. 108. Von Prof. M. Koch.

>ER DEKORATIONSMALER UND SEINE AUSBILDUNG.

NACH EINEM VORTRAG,
GEHALTEN AM 25. JANUAR 1893 IM VEREIN FÜR DEUTSCHES KUNSTGEWERBE IN BERLIN

VON PROFESSOR MAX KOCH.

N weitereu Kreisen sind über
die Ansprüche, welche die
Thätigkeit des Dekorations-
malers an seine Fähigkeiten
und an seine Ausbildung
stellt, noch so viele irrige
Meinungen verbreitet, dass ich
glaube, es verlohnt sich, ein-
mal die Erfahrungen eines Praktikers und Lehrers
zusammenzufassen.

Dekorationsmaler nenne ich den Maler, welcher
die durch die Architektur an der Wand oder der
Decke gegebenen Flächen mit Malwerk verziert.
Unter Kunst- oder Staffelmaler verstehe ich dagegen
den Künstler, welcher das, was seinem Auge oder
seiner Phantasie behagt, mittels Farbe und Pinsel
auf die Leinwand bringt, seine Arbeit im Goldrahmen
auf die Kunstausstellung schickt, wo sie dann von
irgend einem Liebhaber gekauft und an einen vorher
nicht zu bestimmenden Platz gebracht werden kann.
Der Dekorationsmaler, welcher stets darauf ange-
wiesen ist, für einen bestimmten Raum zu arbeiten
und denselben in seiner Gesamtwirkung malerisch zu
gestalten, wird naturgemäß eine andere Erziehung

Kunstgewerbeblatt. N. F. IV.

genießen müssen, als der Staffelmaler. Ich bin als
Lehrer am Kunstgewerbemuseum in Berlin sehr oft
in der Lage gewesen, von Eltern, welche ihre Söhne in
mein Atelier brachten, die verkehrtesten Ansichten
über die Art zu hören, wie man ein Dekorationsmaler
werden kann.

Da man keinem Menschen ohne weiteres ansehen
kann, ob er das Talent zu einem großen Künstler
in sich birgt oder nicht, halte ich es für richtig,
jeden jungen Mann, welcher Lust zur Ausübung der
Malkunst in sich spürt, sofern er nicht von Geburt
mit reichlichen Geldmitteln ausgestattet ist, eine
praktische Malerlehre durchmachen zu lassen. Es
ist ihm dadurch, sollte er an der Erreichung seiner
Ideale scheitern, die Möglichkeit der anständigen,
seinen Mitmenschen nützlichen Existenz gesichert.
Hat er nun gar die bestimmte Absicht, Dekorations-
maler zu werden, so ist die Stubenmalerlehre durch-
aus notwendig. Während dieser praktischen Lehr-
zeit lernt der junge Mann ernsthaft zu arbeiten; das
eiserne Muss des Lebens wird ihm sehr viel klarer
vor Augen geführt, als in einer Kunstschule oder
Akademie, wo immer die Möglichkeit des verfrüht
eintretenden Größenwahns näher liegt. Der junge

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