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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 4.1893

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Koch, Max: Der Dekorationsmaler und seine Ausbildung
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https://doi.org/10.11588/diglit.3942#0122

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DER DEKORATIONSMALER UND SEINE AUSBILDUNG.

Mann soll in der Lehre auch zum Denken, zur Ver-
standesarbeit angehalten werden, besonders durch stetes
Naturstudium. Er soll in seinen freien Stunden versuchen,
das, was ihm in der Natur malenswert erscheint, auf
Papier zu bringen. Er soll aber auch seine körperliche
Ausbildung nicht vergessen, sondern fleißig die Beweglich-
keit seines Leibes üben, damit er dereinst nicht vor den
körperlichen Anstrengungen seines Berufes zurückschrecke.
Denn es herrscht vielfach die Meinung, dass körperlich
schwächliche Knaben, die zu einem Handwerk nicht taugen,
zum Dekorationsmaler immer noch ausreichen. Diese
Meinung ist irrig; ich kann aus Erfahrung versichern,
dass das Malen an der Decke kein Kinderspiel ist.

Nach dieser Lehrzeit käme dann die theoretische
Ausbildung in einer

Kunstgewerbe-
schule an die Reihe.
Hier wird es sich
zeigen, ob in dem
jungen Manne die
nötige Begabung
steckt, um etwas
Höheres in seinem
Beruf zu erreichen.
Entwickelt er sich
gut, so soll man ibn
nach Absolvirung
der Schule in an-
dere Länder und
Städte schicken, wo
er durch Sehen her-

vorragender Meis-
terwerke dekorati-
ver Kunst Anreg-
ung und Begeister-
ung zur Ausübung
eigener Arbeiten
schöpfen soll. Wir
sind ja speziell in
Berlin in der Lage,
den Schülern des

Kunstgewerbe-
museums eine sehr
reiche Auswahl von

Studienmaterial
vorzuführen, Avel-
ches durch den ers-
ten Leiter unserer
Malschule, Herrn Professor Meurer, gesammelt wurde; aber das Sehen
an Ort und Stelle, das eigene Studium mustergültiger deutscher,
italienischer und französischer Dekorationen großen Stils wird doch
immer die lebendigste Anregung bieten, welche kein Schulunterricht
ersetzen kann. Der junge Mann wird nun genügend vorgebildet sein,
um an eigene Arbeiten, wie sie ihm der Zufall bietet, heranzutreten,
oder um sich unter Leitung eines älteren Meisters an der Ausführung
größerer Arbeiten beteiligen zu können.

Zumeist wird ja der Architekt der Besteller oder Vermittler eines
dekorativen Auftrages sein. Er giebt dem Maler einen Aufriss der
Decke, Wand oder sonstigen architektonischen Form, welche er
malerisch zu dekoriren gedenkt, und überlässt ihm nun, seiner Phan-
tasie freien Lauf zu lassen. In diesem letzten Punkt wird in unserer
Neuzeit viel gesündigt. Der Architekt, der Bildhauer oder Stuckateur
und zuletzt der Maler suchen so viel wie möglich von ihrer Kunst
in den Raum hineinzupressen und erreichen dadurch gerade das
Gegenteil von dem, was ein gesunder Sinn für schön halten muss.

Ist der Entwurf genehmigt, so treten an den Maler zwei sehr
wichtige Fragen heran, das ist die Dauer der Ausführung und der
Kostenpunkt der Arbeit. Hier nun zeigen sich die guten Folgen der
 
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