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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 4.1893

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Innendekorationen aus Schloss Benrath und Brühl am Rhein
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https://doi.org/10.11588/diglit.3942#0031

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INNENDEKORATIONEN AUS SGHLOSS BENRATH UND BRÜHL AM RHEIN.

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dienten, heute aber durch mehrere eingezogene Böden
m niedrige Räume eingeteilt sind ■— in den Vouten
sitzend doppelt lebensgroße, wappenbaltende allego-
rische Figuren yon einer geradezu gewaltigen Wir-
kung. Auch in den Galerien des unteren Stockwer-
kes und den Durchfahrten haben sich noch reich
verzierte Decken erhalten, deren Ornamente auf die
ursprüngliche Bedeutung des Baues als Jagdschloss
hinweisen. Erbaut um 1705 vom Kurfürst Johann
Wilhelm von der Pfalz, hat es jetzt, dank einem
besonderen Anlass, dem Jubiläum des Kadetten-
hauses, eine verständige Restauration erfahren, so
dass wenigstens die wertvollen Reste der Innen-
dekoration dauernd vor dem Verfall geschützt sind.
Haben sich in den beiden oben genannten Schlös-
sern nur Reste einer einst großartigen Pracht erhal-
ten, so müssen wir von Glück sagen, dass uns die
beiden unzweifelhaft künstlerisch wertvollsten Schlös-
ser des Niederrheins in voller Schönheit erhalten
sind.

Das Schloss zu Brühl, das Ziel aller Architek-
ten und Rokokofreunde, bat vor Jahren bereits eine
Veröffentlichung durch Robert Dohme erfahren.
Der hohe Preis des Werkes hat ihm leider
die Verbreitung, die man ihm gewünscht hätte,
nicht gestattet und nur in den Bibliotheken ist es
zu finden. Nun darf man aber die ornamentalen
Details dieses Schlosses als beste Vorbilder des Ro-
koko ansehen und möchte sie in jedem Atelier und
jeder Bildhauerwerkstatt wissen. Es ist zwar deutsches
Rokoko, zum Teil von Münchener Stuckateuren her-
gestellt, aber in den Details von höchster Schön-
heit und Zierlichkeit. Daneben waren auch italie-
nische Künstler thätig und das Prachtstück der
Stuckarbeiten, die riesige Trophäe im Treppenhaus,
wird dem Franzosen Brillie verdankt.

Viel weniger bekannt ist das kleinste der vier
Hauptschlösser in Benrath bei Düsseldorf. Erbaut von
dem berühmten Karl Theodor von der Pfalz als
Jagdschloss in der Nähe seiner Residenz, lag es da-

mals im Walde zugleich und dicht am Rhein. Dem
Erbauer, dem Franzosen Nicolas de Pigage, seit 1748
Hofbaumeister des Kurfürsten, verdanken wir be-
kanntlich einen Teil des Mannheimer Schlosses,
heute zum Teil zerstört, sowie die berühmten Gar-
tenanlagen zu Schwetzingen mit einer Reihe von
im Park aufgeführten Bauten1), Teile des projek-
tirten großen Schlossumbaues, der nicht zu stände kam.

Das Schloss Benrath, errichtet 1756—1760, ist
ein schlichter einstöckiger Bau mit gewölbtem Dach,
Mansarden- und flacher Kuppel und großer krönen-
der Gruppe über dem Portal (abgeb. Gurlitt, Barock-
stil III. S. 465). „Der Grundriss ist eine glänzende
Kunstleistung. Das Vorzimmer und der runde Kup-
pelsaal in der Achse; zwei Reihen Gemächer in
jedem Flügel im Risalit der Seitenfassade, ovale Kam-
mern. All dies umschließt einen Hof mit Grotten-
bad." Entgegen der einfachen Fassade zeigt das In-
nere einen überaus reichen Schmuck, vorwiegend in
Stuck. Die Erbauungszeit des Schlosses deutet schon
darauf hin, dass wir hier reinem Rokoko nicht mehr
begegnen. Die Stuckverzierungen zeigen schon deut-
lich den Übergang zum Klassizismus an und durch
diese Vermischung der Formen entstehen überaus
reizvolle Bildungen. Die Blumengehänge und Me-
daillons, die hängenden Bänder und naturalistisch
gebildeten Einzelheiten der Trophäen zeigen den
Übergang zu Louis XVI. deutlich an.

Von der Schönheit der Einzelheiten in diesen
Innendekorationen vermögen die Blätter, die wir
beigeben, nur eine unvollkommene Vorstellung zu
geben; dieselben sind angefertigt nach photographi-
schen Aufnahmen des Hofphotographen Änselm
Schmitz in Köln, der von den Innendekorationen
von Brühl und Benrath gegen 60 Blatt angefertigt
hat. Dieselben sind von außerordentlicher Schärfe
und dürften jedem Lichtdruck weit vorzuziehen sein.

A. P.

1) Gurlitt, Geschichte des Barock und Rokoko. III. S. 464.
 
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