Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 4.1893

DOI Artikel:
Frauberger, Heinrich: Die Exposition des Arts de la femme in Paris
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.3942#0051

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
38

DIE EXPOSITION DES ARTS DE LA FEMME IN PARIS.

Gewandes aufgenäht sind, einen sehr guten Eindruck
— Stickereieffekt ist eigentlich nicht vorhanden,
Schule ist dabei auch nicht zu spüren; aber das ist
so die französische Manier. Der einzige Versuch zu
einem System einer Stickereifachschule ist in der
ecole des broderies (der Katalog spricht S. 62 von
einer ecole des dentelles) von Lyon, welche unter
der Leitung der Mme. Guillemin steht, einer Tochter
der Mme. Leroudier, die in 12jähriger hingehendster
Thätigkeit es versucht hat, die 12 Monate von Au-
dran, welche die Gobelinnianufaktur so künstlich
ausgeführt hat, in Stickerei nachzuahmen. Man sieht,

für Kunststickerei kennen gelernt hat. Die Ab-
teilung der Kunstgewerbeschulen, welche in Paris,
Lyon, Limoges, Aubusson, Marseille, Amiens,
Nizza, Valenciennes für das weibliche Geschlecht
eingerichtet worden sind, reichte nicht entfernt
an die Leistungen, welche ähnliche provinzielle
Anstalten in Deutschland bieten, heran. Ein gewisses
Ringen nach System zeigt sich bei schlecht vor-
gebildeten Lehrkräften, so bei den Pflanzenstudien
der Kunstgewerbeschule zu Limoges, an die sich,
obwohl die einfachsten Gesetze vom Bau, von der
Form und der Färbung der Pflanze unberücksichtigt





Fig. 3." Lehrgang der Applikationsstickerei, ausgeführt im Wiener Frauenerwerbvereino.

dass im ersten Jahre die einfache Applikations-
stickerei und die Plattstickerei gelehrt wird in großen
Mustern auf billigem Material; dass im zweiten
Jahre bereits diese beiden Verfahren auf kostbarerem
Stoff in kleineren Dessins, die sich nahe an die Ori-
ginale seit Louis XIV. anlehnen, gemacht werden; im
3. Jahre sollen die Schülerinnen fähig gemacht
werden, Arbeiten in diesem Charakter zu komponiren
(ohne vorhergegangenen Zeichenunterricht!), und
im 4. Jahre werden sie in der ßildstickerei aus-
gebildet. Diese Schule war' eigentlich von denen,
die ausgestellt hatten, die beste, aber wie primitiv
für denjenigen, der eine ordentliche Fachschule

sind, sogar noch „Übungen in der Komposition
und in der Anwendung dieser Pflanzenmotive auf
keramische Gegenstände" anschließen sollen.

Müsste man die Ausbildung und das Können
der in Frankreich lebenden Frauen nach den in der
Exposition, des Arts de la femme ausgestellten Ge-
genständen beurteilen, dann würde man sie kläglich
nennen müssen; allein es giebt eine große Anzahl
von Stickereigeschäften in der Stadt, in welchen
(oft von fachlich in Österreich angelernten Frauen)
ganz vorzügliche Arbeiten ausgeführt werden; aber
diese hatten kein Bedürfnis, die Quellen für ihre
Vorbilder, die Ausbildung ihrer Leiterinnen, das
 
Annotationen