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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 4.1893

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Frauberger, Heinrich: Die Exposition des Arts de la femme in Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.3942#0058

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DIE EXPOSITION DES ARTS DE LA FEMME IN PARIS.

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material von Formen und Verzierungen, wie es die
öffentlichen und privaten Sammlungen von Paris,
die Bibliotheken und Fachpublikationen geben, wurde
benützt. Ein Beispiel giebt Fig. 6. Vorbilder für
gotische Uhren existiren sehr wenige. Planchon
schuf das Gehäuse nach der Uhr, welche die Statue
der Mäßigkeit, die eine der vier Ecken eines Grab-
mals in Nantes schmückt, in der Hand hat. Das
Grabmal ist eine Bildhauerarbeit von Michel Colombe
(1431 — 1512). Der Keramiker Clement Massier, dessen
Fabrik am Golfe-Juan bei Cannes liegt, holt seine
Anregungen von modernen französischen Künstlern.
Seit 1868 macht er Versuche mit Erfolg in den me-
tallischenFayencen, wozu ihm die spanisch-maurischen
Gefäße Veranlassung gaben. Auf der letzten Pariser
Weltausstellung trat er mit einer großen Kollektion
auf, die ihm die goldene Medaille eintrug und be-
sonders hervorragende Pariser Künstler auf ihn auf-
merksam machte. Von



der Mitwirkung dersel-
ben durch Rat und
Motive legt seine Kol-
lektion im Palais de
l'Industrie Zeugnis ab.
Der Scherben seiner
Fayencen d'Art ist weich,
wie bei den maurischen
Fayencen; die Alten
haben Goldoxyde zur
Herstellung des Metall-
reflexes benutzt, Massier
behauptet, nur sehr
wenig Gold, dafür alle

anderen Metalloxyde zur Herstellung der Glasur zu
verwenden. Einzelne Stellen der Gefäße (Fig. 7, 8u.9)
bedeckt er mit Blättern, Schmetterlingen, Schnecken
und lässt die Glasur durch Flusssäure matt ätzen; an
den Stellen, wo die Gegenstände meist nach der Natur
applizirt sind, bleibt die Glasur glatt und glänzend.
Von 100 Stück sollen höchstens 15—20 zu verwen-
den sein, deshalb der hohe Preis, den die einzelnen
Gegenstände haben.

Sehr hohen Preis haben auch die Objekte in
translucidem Zellenschmelz von Fernand Tliesmar,
welche zum erstenmal hier auftraten. Die beiden
abgebildeten Schalen (Fig. 10 und 11) kosteten pro
Stück 2000 Francs. Die Technik ist der des Email
cloisonne (Zellenschmelz) sehr ähnlich, jedoch mit dem
Unterschied, dass hier das Email ä jour gearbeitet
ist, dort auf einer Kupferplatte; dass hier die Drähte
aus Gold sind, was beim Email cloisonne nicht not-

Fig. fl. Schale in translucidem Zeüenschmelz,
entworfen und ausgeführt von Fernakd Thesmab in Paris.

wendig ist. Weil hier bloß durchsichtiges Email be-
nutzt wird, kann auch nur eine sehr beschränkte
Farbenskala angewendet werden, wogegen beim
Zellenschmelz schon durch den Wechsel von trans-
luciden mit opaken Emaillen eine größere Mannig-
faltigkeit der Farben erreicht werden kann. Die Her-
stellung des gewöhnlichen Zellenschmelzes ist eine
verhältnismäßig einfache, die Herstellung der Arbeiten
von Thesmar ist dagegen mit sehr vielen Schwierig-
keiten verknüpft. Die Technik ist bei den Chinesen
und Japanern seit langer Zeit in Anwendung, so
haben Silberfiligranfächer mit translucidem Email
die Zwischenräume ä jour ausgefüllt. Um eine solche
Schale, wie die abgebildeten Stücke sind, herzu-
stellen, wird auf einen Thonkern von der Form der
Schale eine dünne Schicht Marienglas gelegt. Auf
dem Thonkern wird die Zeichnung angedeutet. Die
Golddrähte, die wahrscheinlich schon früher zu ein-
zelnen Blumenteilen zu-
sammengelötet sind,
werden an ihre Stelle
gebracht, dazwischen
das Email gegeben, und
durch Zusammenschmel-
zen des Emails mit den
Goldfäden fügt sich ein
Teil der Zeichnung zu
dem andern. Die Zellen
müssen oft drei-bis vier-
mal ausgefüllt werden,
bevor das Email reicht.
Ist die Arbeit im Rohen
fertig, dann wird das
Marienglas an den Stellen, wo Email austrat und an-
schmolz, abgeschliffen, dann der ganze Gegenstand auf
beiden Seiten mit drei verschiedenen Gattungen von
Schmirgel und zuletzt mit Leder abgeschliffen und
polirt. Fig. 8 hat auf blauem Fond gelbe Ornamente
und Nelken, dazwischen kleine rote Perlen. Fig. 9 hat
auf rotem Grunde dunkelblaue großeBlätter, die kleinen
Blätter sind grün, die fünf blättrigen Blumen gelb.
Es sind auch Gefäße auf wassergrünem Grunde da.
Das sind aber alle Farben, die noch dazu nur in
wenigen Abstufungen verwendet werden können.
Jedenfalls haben Thesmar die chinesischen Vorbilder
zur Aufnahme dieser Technik veranlasst, die er mit
Geschmack vervollkommnet hat.

In der ersten Etage sind in zahlreichen Sälen
eine überaus große Zahl von Gegenständen aufgestellt,
welche zur zweiten, der retrospektiven Abteilung
gehören.
 
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