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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 4.1893

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Krell, Paul F.: Die Pflanze in der dekorativen Kunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3942#0186

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DIE PFLANZE IN DER DEKORATIVEN KUNST.

Rose, der Mohn, die Pfingstrose, die Make, die Lilie,
die Nelke, die Tulpe, die südliche Anemone, das CTwt/-
santhemum samt den ihm verwandten Gestaltungen,
Aster, Strohblume, Sonnenblume, so-
dann die Narzisse, die Aurikel und
die Primel. In zweite Linie dürften
allenfalls zu stellen sein Rhododen-
dron, Azalea, das Stiefmütterchen, das
Geranium, die Passionsblume, die Ca-
»icföe, die Kornblume, die Wasserrose,
der Krokus, die Glockenblume, das
Veilchen, die Maiblume, die Orchis,
die Genliane.

Als eine charakteristische That-
sache ist anzuführen, dass der Mohn,
die Pfingstrose und die südliche Ane-
mone bei den französischen Tapeten-
dekors der neueren Zeit der Rose
hei weitem vorgezogen worden sind.

Unter den Früchten haben sich
natürlich, die weniger einförmig ge-
stalteten und buntfarbigen als die
brauchbareren erwiesen.

Demnach finden wir in der de-
korativen Kunst besonders eingebür-
gert: die Traube, den Gi-anatapfel,
den Paradiesapfel, die Ananas, den
Kürbis in seinen verschiedenen Arten,
den Mohn, das Welschkom, die Ähre,
den Pinienzapfen, Paprika. Aber
auch die Brombeeren, Stachelbeeren
und Erdbeeren, die Wallnüsse, Haselnüsse, Bohnen und
Eicheln sind zu nennen, denn sie stehen als dekorative
Elemente hinter den Äpfeln, .
Birnen, Pflaumen, Kirschen,
Orangen und Citronen nicht
zurück. Auch die Zwiebel,
der Rettig, die Rübe mögen
noch erwähnt sein.

Nicht botanisch, aber in
Bezug auf dekorative Ver-
wendung können sodann hier
auch die Pilze angereiht
werden.

Mit dieser Aufzählung
dürften die allermeisten von
jenen Pflanzen erwähnt sein,
welche in der europäischen
dekorativen Kunst der vergangenen Zeiten nicht
nur eine namhafte Rolle gespielt haben, welche
auch heute noch sozusagen zu ihrem eisernen Be-

Geschnitztes Eelief, Frührenaissance.
(Aus van Ysendyck.)



Bemalung einer Delfter Vase. (Nationalmusenm inlMünchen.)

stände gehören. (Die süd- und ostasiatische Pflanzen-
ornamentik soll hier ganz außer Betracht bleiben!)
Welche Eigenschaften es waren, die den genannten
Pflanzen eine solch bevorzugte Stel-
lung verschafften, das ist unschwer
zu erkennen.

Die dekorative Kunst der Neuzeit
hat, namentlich wegen des großen
Verbrauchs neuer Dessins für Tapeten
und Stoffmuster das Bedürfnis, diesen
Kreis mehr und mehr zu erweitern.
Nun ist es aber, genau genom-
men, nicht richtig, zu sagen, dass
diese Pflanzentypen in stilisirter Form
in der dekorativen Kunst zur Ver-
wendung kommen, es müsste viel-
mehr gesagt werden: die dekorative
Kunst sucht für gewisse Themata
Motive in der Pflanzenwelt und
macht sich daraus, entsprechend dem
jeweiligen Material, mit dem sie es
zu thun hat, und den speziellen ört-
lichen Bedingungen PJvxntasiegebilde
zurecht, in welchen bald mehr bald
weniger von den betreffenden Natur-
vorbildern enthalten ist.

In vielen Fällen können die ein-
zelnen Pflanzen, von welchen die
Motive hergenommen sind, bezeichnet
werden, bei einem großen Teile dieser
Phantasiepflanzen ist aber die Ver-
schmelzung der Motive und die Umgestaltung so
weit getrieben, dass es nicht mehr möglich ist, die
ursprüngliche Herkunft der
einzelnen Formen genau zu
erkennen. Einen besonderen
Reichtum an mannigfaltigen
Pfianzenkompositionen hat
die italienische Renaissance
hervorgebracht.

Es giebt sodann eine
Nation, deren dekorative
Kunst sich fast ausschließlich
extrem stilisirter Formen be-
dient, wir meinen die Araber.
Den angesammelten
Schatz stilisirter Pflanzen-
motive , diese wachsende
Erbschaft, empfängt jede neue Kunstepoche von ihren
Vorgängerinnen. Es kommt nun darauf an, was
sie sich selbst davon auswählt, wie sie sich diese
 
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