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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 4.1893

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Rücklin, Rudolf: Die Fachausstellung für Bijouterie des Pforzheimer Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.3942#0217

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DIE FACHAUSSTELLUNG DES PFORZHEIMER KUNSTGEWERBE VEREINS.

licht. — Von älteren Schmuckstücken
sind friesische und Originalarbeiten der
Renaissance in sehr schönen Stücken vor-
handen: Zwei oberitalienische Ohrgehänge,
ein Anhänger, flach behandelt und mit
Rubinen besetzt (eine Ulmer Arbeit), eine
reiche Zunftmeisterskette, zwei reizende
emaillirte Bommeln, wahrscheinlich für
ein Kollier gearbeitet; das Prachtstück
dieser Abteilung ist eine Lunula von köst-
lich energischen Formen, vorzüglich
emaillirt.

Die an den Wänden hängenden Ent-
würfe stammen von den jährlichen Kon-
kurrenzen und sind größtenteils durch
Veröffentlichung in weitere Kreise gelangt.
Das ausgestellte Tableau von denjenigen
Familienblättern und Modezeitschriften,
die der Verein zu interessiren gewusst
hat für einen seiner Hauptzwecke — Be-
einflussung der Mode zu Gunsten des Gold-
schmucks — zeigt die in hohem Maße
aufs Praktische gerichtete Thätigkeit des-
selben.

In Verbindung mit der Bijouteriefach-
ausstellung hat zugleich eine Ausstellung
der Großh. Kunstgewerbeschule stattge-
funden, sowie der Lehrmittel der Schule,
die auf einer Anzahl von Tafeln zu-
sammengestellt sind. Die an der Schule
selbst von Dir. Waag und Prof. Riester ent-
worfenen Schmuckstücke weisen besonders
eine klassisch feine Durchbildung
des Filigran auf, öfters auf Email-
grund. Gmünder und Pariser Ar-
beiten werden als Vorbilder benutzt,
darunter ein vorzüglich gearbeiteter
Rosenzweig in Silber. Hermann
Bauer aus Schwäbisch-Gmünd ist
durch eine ganze Reihe seiner Werke
vertreten: Arbeiten moderner Renais-
sance in sparsamer Farbenverteilung,
Silber mit teilweiser Vergoldung
und dem davon verlangten Aufputz
von ausschließlich Rubinen und
Perlen. Vielfache Imitationen guter
alter Arbeiten, namentlich aus dem
Pester Museum, sind vorhanden.

Auch an Originalarbeiten aus
dem 15., 16., 17. Jahrhundert fehlt
es nicht, dabei eine winzig kleine,

Fig. 15.

Fig. IG.

fein emaillirte Auferstehung, ein farben-
reiches Halsband u. s. w.

Zu erwähnen sind noch eine mero-
vingische Fibel, ein goldenes indisches
Armband, türkische Schließen, naturali-
stische Filigranblumen aus Tirol, und end-
lich eine norwegische „Sölje".

Der Lehrgang ist ganz auf die Fach-
schule für Edelschmuck zugeschnitten.
Farbige Goldschmiedearheiten werden auf
weißem, Juwelierarbeit in Diamanten mit
vorzüglicher Wirkung auf schwarzem
Grunde gemalt. In ausgiebigster Weise
wird dabei in die Schätze der Vergangen-
heit gegriffen, dabei aber nicht minder
das Studium nach der Natur gepflegt.
Dabei fällt besonders die Abteilung für
die Emailmalerei auf, deren Unterricht
Prof. Kleemann leitet.

Das Endziel des Zeichenunterrichts ist
die selbständige Komposition von Bijou-
terie, entweder in moderner Auffassung
oder aber in bestimmter historischer Stil-
richtung. Herr Dir, Waag in Verbin-
dung mit Prof. Riester leitet diesen Unter-
richt. Für die besonderen Bedürfnisse der
Graveure ist sorgsam Rechnung getragen.
— Von besonderer Wichtigkeit ist an
unserer Schule natürlich die plastische
Fakultät, deren Arbeiten unter Prof. Höf-
lein ein eindringliches Studium ornamen-
talen und figürlichen Genres verraten.
Die Fachabteilung (Prof. Weiblen)
beschäftigt sich mit Metallbearbei-
tung, also Ciseliren, Graviren und
Montiren. Als Vorstufe dazu dient
Wachsmodelliren in kleinem Maß-
stabe. Vorzügliche figürliche und
ornamentale Treibarbeiten, naturali-
stische Blütenzweige mit der eigen-
artigen Dekoration ausgesägter Adern,
frei und energisch behandelte Gra-
virarbeiten und einige reizend mon-
tirte Schmucksachen fesseln unser
Auge. In welchen Künstlerhänden
der Unterricht ruht, zeigen die von
verschiedenen der an der Anstalt
wirkenden Lehrer ausgestellten Ar-
beiten, Modelle, Aquarelle, Kompo-
sitionen von den Herren Wolber
und Wittmann, ein von den Pro-
 
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