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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 4.1893

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Kleine MItteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3942#0223

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KLEINE MITTEILUNGEN.

aber auch der Ragazzo der Geliebte, der Schatz, der Bräutigam
des Mädchens aus dem Volke ist, selbst wenn er schon ein alter
Knabe wäre. — Dürer nennt seines Meisters Wohlgemuth Ge-
hilfen sogar „Knechte" u. s. w. Ob in unserem Falle „Gießer"
oder „Schmelzer" gebraucht werden darf, lasse ich dahingestellt
sein. Nun glaube ich aber auch im stände zu sein, noch
mehr Klarheit in diese Frage zu bringen, indem ein wieder-
holter Auftrag, die Originale in edlem Metall nachzubilden,
ihn yon neuem veranlasst hat, genauere Untersuchungen
wie bisher an Bernward's Originalen vorzunehmen, um der
geheimnisvollen Inschrift auf den Grund zu kommen. Die
mehrfach wiederholte chemische Untersuchung hat sie nicht
ergründet. Die Leuchter, wie ich sie nun schon seit 33
Jahren kenne, zeigen bei eingehendster Betrachtung — auch
mit der Loupe —, dass auf der Oberfläche, insbesondere in
den Relieftiefen, noch reichliche Spuren früherer Vergoldung
vorhanden sind. ■ Sie ließen mich bisher nur an eine teil-
weise Vergoldung glauben, so zwar, dass das aufliegende
Ornament golden auf silbernem Grunde sichtbar gewesen
sei, wie das z. B. bei der Minervaschale des Hildesheimer
Silberfundes deutlich wahrzunehmen ist. Da aber bei unseren
Leuchtern der silberne Grund zu wenig Raum einnimmt,
dagegen das pflanzliche, tierische und menschliche Ornament
sich zu dicht drängt, also vorherrschend ist, so wäre, wenn
nur das Relief vergoldet wäre, die Wirkung eine zweifel-
hafte, weil unruhige gewesen, die aber auch gezeigt hätte,
was die Inselirift gerade verheimlichen sollte. Die mittel-
alterlichen Künstler liebten es, dem Beschauer in naiver
Schalkhaftigkeit kleine Rätsel in ihren Inschriften aufzugeben,
oder ihn vor ein Paradoxon zu stellen. Ich bin mir heute
völlig klar, dass die Leuchter über und über vergoldet waren,
dass das Qold das Silber auf der ganzen sichtbaren Ober-
fläche deckte! Das Gold ist mit der Zeit durch Angreifen,
besonders aber durch Putzen, selbst in den Tiefen mehr
und mehr verschwunden, und damit ist für den flüchtigen
Beschauer oder für den, der nur die Inschrift kennt, das
Rätsel größer geworden. Auch in der Weise wäre eine Er-
klärung möglich, wenn der innere Fuß, sowie das Innere
der Schale und der konische Stift zum Halten der Kerze
nicht vergoldet waren., dagegen alles übrige 'der Leuchter
im Golde strahlte. Der Beschauer sah also oben und beim
Umdrehen der Leuchter unten „nicht Gold, nicht Silber".
Meines Wissens war bis in Bernward's Zeit die Vergoldung
auf Silber nicht üblich, man arbeitete in Gold, in Silber
oder in Kupfer; mit dieser Neuerung aber konnte wohl ein
Rätsel aufgegeben sein. Mit der Leiche Bernward's wurden
auch seine Leuchter in den Steinsarg gesenkt, der von einer
Quelle (Grundwasser) umspült war. 1194 wurden die irdi-
schen Überreste erhoben und mit ihnen die Leuchter. Sie
werden das Reinigen nach dieser langen Ruhe, vom Todes-
jahre 1022, recht nötig gehabt haben und sind dann durch
stetes Anfassen und wiederholtes Putzen innerhalb der fol-
genden Jahrhunderte des nur auf der Oberfläche haftenden
Goldes verlustig gegangen. Nur die Tiefen bewahren noch
Überbleibsel einstmaliger Vergoldung. Wenn man dies an-
nimmt, dann ist das Dunkle, das Rätselhafte der Inschrift,
womit der kunstübende Bischof sein Werk umgab, gelöst.
Für die chemische Analyse durfte nur innerhalb des Fußes
und der Fugen Metall abgeschabt werden, nicht aber von
der Oberfläche, indem das Bildwerk darauf zerstört worden
wäre; sie ergab aber nach Prof. Dr. Weber 97,23% Silber
und etwas Kupfer. Eine kurze Beschreibung der Bernwards-
leuchter möchte neben den Abbildungen noch am Platze
sein. Jeder Leuchter besteht aus sechs Teilen: dem Fuß,
der Säule, die in sich getrennt und aus drei Knäufen und

zwei sechsseitigen Trommeln zusammengesetzt ist, sowie der
Schale mit der Spitze, auf welche das Licht gesteckt wird.
Sämtliche Teile werden der Länge nach durch einen hin-
durchgehenden Dorn zusammengehalten. Der dreieckige Fuß
läuft nach unten in drei Löwenklauen aus. Sechs geflügelte
Drachen in durchbrochen (ä jour) gearbeitetem Relief durch-
schlingen die Flächen des Fußes, und auf den Drachen,
welche die Ecken kennzeichnen, hockt je eine nackte männ-
liche Figur, die auf dem einen Leuchter geradeaus und nach
oben, auf dem anderen seitwärts blickt; bis auf einen sind
alle bärtig. Der untere Knauf, der in der Mitte, sowie der
obere wird von einem wellenförmig sich umbiegenden Orna-
ment umzogen, wie es häufig in der romanischen Stilperiode
gebräuchlich ist; aus den Windungen des oberen Knaufes
schauen menschliche Masken hervor. Die sechsseitige Säule
ist umzogen von einem Ornament, dessen Stamm dreiteilig
über dem unteren Knauf entspringt und in schraubenförmi-
gen Windungen die Säule umzieht. Seitensprossen, Blätter
und Früchte, jagdbares Getier, Hunde, Vögel, die an den
Weintrauben picken, sowie menschliche Figuren, die im
Geäst hinaufklettern, beleben den Stamm, den Säulenschaft.
Der obere Teil, die Schale, wird gestützt durch drei ge-
schmeidige, wieselartige Tiere, die hinauf kriechend in den
Schalenrand — der wie unten am Fuß mit der Inschrift in
Niello versehen ist — beißen. Endlich ist die äußere Fläche
der Schalen mit einem flach aufliegenden, gut gezeichneten
Ornament glücklich bedeckt; es weist Gravirungen auf, die
zum Teil noch mit Nielloschwarz gefüllt sind. Die Leuchter
sind 43 cm hoch und jeder 3'/2 Pfund schwer, von fast reinem
Silber. Die neuen Nachbildungen, ebenfalls von reinem
Silber und stark vergoldet, werden die größere Pracht der
schönen Leuchter darthun, Bernward's „interessante" In-
schrift wird dann auch nicht mehr misszuverstehen sein.
Hildesheim, im August 1892. FR- KÜSTHARDT.

Kelch und Patene für die Burgkapelle zu Cochem a/M.
Im Jahre 1868 kaufte der Geh. Kommerzienrat Louis Ravene
zu Berlin gelegentlich einer Fußwanderung an der Mosel in
Begleitung eines baukundigen Freundes die Ruinen der im
Jahre 1689 von den Franzosen zerstörten Bürg Cochem, man
sagt für 1200 Thaler und mehr des Scherzes wegen als
mit der Absicht, sie auszubauen. Später ist dies, wie bekannt,
nach alten Ansichten und Plänen durch Raschdorff und Ende
in glänzendster Weise geschehen und wer heute beim Vorüber-
fahren auf dem Dampfer den gewaltigen Christophorus in
Mosaik vom Hauptturm herabwinken sieht, der sollte ja nicht
versäumen, auszusteigen und das glänzend ausgestattete
Innere anzusehen. Nicht in sklavischer Nachahmung alter
Ausstattung ist das Ganze erneuert, sondern in Anlehnung
an alte Formen in modernem Geiste gedacht und ausgeführt,
z. T. von Freunden des kunstsinnigen Wiederherstellers. Und
was der Vater begonnen, das hat der Sohn trefflich zu Ende
geführt. Er hat die alte Burgkapelle wiederhergestellt und
zu ihrer Ausstattung kostbares Gerät anfertigen lassen. Der
Kelch und die Patene auf unserer Beilage zeigt die beiden
Hauptstücke dieses Altargerätes, beide entworfen von dem
kürzlich verstorbenen Baumeister Paul Stegmütter und aus-
geführt in der Werkstätte von Hugo Schaper in Berlin. Die
kostbare Ausstattung in Filigran, Email und Edelsteinen zeigt
die Filigranmusterung teils in glatten, teils in gedrehten
Silberdrähten aufgelötet, auf lichtblauem Grund die Blätter
grün abschattirt, die Rosen lichtrosa. Die Blumen sind aus
Edelsteinen: Brillanten, Hyacinthen, Perlen, Mondstein und
Korallen in Emailumrahmung gebildet. Gleiche Ausstattung
zeigt der Rand der Patene. Es ist bei diesem schönen Stück
der Versuch gemacht, das Muster eines Kelches für prote-
 
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