26 DAS KUNSTGEWERBE AUF DER INTERNATIONALEN KUNSTAUSSTELLUNO DRESDEN
Gegenteil, diejeni-
gen, die bisher Ver-
suche mit billigen
und doch schönen
Möbeln fürs Volk
gemacht, ziehen sich
von weiteren Ver-
suchen zurück und
scheuen das Feuer.
Gut, schön und
billig ist anscheinend zu
viel verlangt, auf ein-
mal! —
So sehen wir denn
ausserordentlich wenig
rechte Gebrauchsgegen-
stände in der Abteilung
fürs Kunstgewerbe,
eigentlich nur ein Speise-
service von Theo
Schmatz - Baudiss mit
grün-blauen Kresseblät-
tern, das auf dem Tisch
des Speisezimmers
der »Dresdener
Werkstätten für
Handwerkskunst«
HALSSCHMUCK
MOTIV:
JOHANNISBEERE
steht. Der Preis
dieser Teller ist
mir unbekannt.
Aber eine Butter-
dose desselben
Künstlers (von /.
J. Scharvogel), al-
lerdings ein köstliches, zierliches
Werk, kostet wohl 28' Mark.
Wer soll sich das kaufen. Wer
mag solch eine teuere Butterdose
in Gebrauch nehmen, den Dienst-
boten überlassen, — und wenn
man einmal einen so kostspieligen
Repräsentanten Scharvogel'schtn
Steinzeugs erwerben will, kauft
man eben lieber ein echtes
Schmuckstück.
Das ist also noch ein offen-
barer Mangel. Der Leute, die
sich gern ein künstlerisch schönes
und apartes Geschirr kaufen
möchten, sind gewiss viele. Sie
würden oft mit Freuden dafür
SCHNALLE, ENTWURF OTTO FISCHER, DRESDEN
HALSSCHMUCK, ENTW. PROFESSOR K. GROSS, DRESDEN
etwas mehr geben,
als etwa für irgend
ein allbekanntes Pol -
zellan, um etwas
Besonderes für sich
zu haben. Ausgaben
für absolute Luxus-
kunst leisten sich
dagegen nur sehr
wenige. Dabei er-
scheint es wesentlich,
dass gar manches teuere
und an sich schöne kunst-
gewerbliche Erzeugnis
den Augen der Nicht-
kenner bei weitem nicht
so, wie billigere, doch
weniger vornehme Fa-
brikware imponiert. Des-
halb zieht die neue
Kunst auch in die bes-
seren Häuser nur äusserst
langsam ein. Bis ein-
mal in dieser Be-
ziehung mittelalter-
liche Zustände und
eine allgemeine
ENTWURF VON
ERICH
KLEINHEMPEL
BROSCHE, ENTW. PROF.
Kunstfreudigkeit
wiederkehren wer-
den, dauert's unter
solchen Verhält-
nissen wohl noch
lange Zeit. Die
keramische Abtei-
lung, einschliesslich der für Por-
zellan, ist also wieder lediglich
ein Wertmesser für das jetztzeitige
künstlerische und technische
Können. Um die normale breite
Basis, welche ein ganzes Volk
von Liebhabern bildet, gilt's noch
zu kämpfen.
Dasselbe gilt bezüglich der
ausgestellten Zimmereinrichtun-
gen und Möbel. Sie sind zum
grössten Teil hoch apart, allen
Forderungen unserer Kunstge-
werbler entsprechend, aber ein
Noli me tangere für die nicht
hervorragend Bemittelten.
Sehr zu bedauern ist, dass wir
Gegenteil, diejeni-
gen, die bisher Ver-
suche mit billigen
und doch schönen
Möbeln fürs Volk
gemacht, ziehen sich
von weiteren Ver-
suchen zurück und
scheuen das Feuer.
Gut, schön und
billig ist anscheinend zu
viel verlangt, auf ein-
mal! —
So sehen wir denn
ausserordentlich wenig
rechte Gebrauchsgegen-
stände in der Abteilung
fürs Kunstgewerbe,
eigentlich nur ein Speise-
service von Theo
Schmatz - Baudiss mit
grün-blauen Kresseblät-
tern, das auf dem Tisch
des Speisezimmers
der »Dresdener
Werkstätten für
Handwerkskunst«
HALSSCHMUCK
MOTIV:
JOHANNISBEERE
steht. Der Preis
dieser Teller ist
mir unbekannt.
Aber eine Butter-
dose desselben
Künstlers (von /.
J. Scharvogel), al-
lerdings ein köstliches, zierliches
Werk, kostet wohl 28' Mark.
Wer soll sich das kaufen. Wer
mag solch eine teuere Butterdose
in Gebrauch nehmen, den Dienst-
boten überlassen, — und wenn
man einmal einen so kostspieligen
Repräsentanten Scharvogel'schtn
Steinzeugs erwerben will, kauft
man eben lieber ein echtes
Schmuckstück.
Das ist also noch ein offen-
barer Mangel. Der Leute, die
sich gern ein künstlerisch schönes
und apartes Geschirr kaufen
möchten, sind gewiss viele. Sie
würden oft mit Freuden dafür
SCHNALLE, ENTWURF OTTO FISCHER, DRESDEN
HALSSCHMUCK, ENTW. PROFESSOR K. GROSS, DRESDEN
etwas mehr geben,
als etwa für irgend
ein allbekanntes Pol -
zellan, um etwas
Besonderes für sich
zu haben. Ausgaben
für absolute Luxus-
kunst leisten sich
dagegen nur sehr
wenige. Dabei er-
scheint es wesentlich,
dass gar manches teuere
und an sich schöne kunst-
gewerbliche Erzeugnis
den Augen der Nicht-
kenner bei weitem nicht
so, wie billigere, doch
weniger vornehme Fa-
brikware imponiert. Des-
halb zieht die neue
Kunst auch in die bes-
seren Häuser nur äusserst
langsam ein. Bis ein-
mal in dieser Be-
ziehung mittelalter-
liche Zustände und
eine allgemeine
ENTWURF VON
ERICH
KLEINHEMPEL
BROSCHE, ENTW. PROF.
Kunstfreudigkeit
wiederkehren wer-
den, dauert's unter
solchen Verhält-
nissen wohl noch
lange Zeit. Die
keramische Abtei-
lung, einschliesslich der für Por-
zellan, ist also wieder lediglich
ein Wertmesser für das jetztzeitige
künstlerische und technische
Können. Um die normale breite
Basis, welche ein ganzes Volk
von Liebhabern bildet, gilt's noch
zu kämpfen.
Dasselbe gilt bezüglich der
ausgestellten Zimmereinrichtun-
gen und Möbel. Sie sind zum
grössten Teil hoch apart, allen
Forderungen unserer Kunstge-
werbler entsprechend, aber ein
Noli me tangere für die nicht
hervorragend Bemittelten.
Sehr zu bedauern ist, dass wir