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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 17.1905-1906

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4870#0055

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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

beinstiel sich mit der duftigen Maraboutfederwolke zu einem
wundervollen Ganzen verbindet.

Hoffentlich wird durch die Ausstellung das erreicht,
was die Veranstalter als ihren Zweck hinstellen: Künstler,
Industrielle und Publikum für die Fächerkunst zu gewinnen.
Oute künstlerische Keime sind da, die bei einer zielbewußten
Kultur gute Früchte zu zeitigen versprechen; mögen die
Industriellen in immer engeren Kontakt mit den Künstlern
treten! Die Hauptsache aber ist: wird das Publikum den
Fächer, den künstlerisch ausgestalteten Fächer wieder zu
Ehren bringen? — Eine offene Frage. —

ROBERT SCHMIDT-HELD.

DIE JUBILÄUMSAUSSTELLUNG IN KASSEL1)

Die Gewerbeausstellung in Kassel ist, wie die in Fulda,
aus der Überzeugung der Handwerker ihres Kammerbezirkes
hervorgegangen, daß ihre Erzeugnisse auf den großen
Ausstellungen nicht die wünschenswerte Beachtung finden,
daß vielmehr die kleineren, Bezirks- und Provinzialaus-
stellungenehergeeignetseien, das handwerksmäßige Schaffen
zur Geltung zu bringen und der breiten Öffentlichkeit ein
Bild von dem gewerblichen Können und der heimischen
Produktion zu bieten. Den äußeren Anlaß zu der Aus-
stellung bot das fünfzigjährige Jubiläum des Handwerker-
und Gewerbevereins zu Kassel. Sie wurde ins Leben
gerufen von dem genannten Verein, der Handelskammer
und der Gewerbehalle und unterstützt von der Kgl. Staats-
regierung. Das herrliche Orangeriegebäude war ihr für
die Ausstellungsdauer vom 31. Juli bis 31. August dieses
Jahres zur Verfügunggestelltworden. Ausstellungsberechtigt
waren in der Hauptsache nur Gewerbetreibende, die im
Regierungs- oder im Handelskammerbezirk ihren Wohnsitz
haben und nur bezüglich solcher Gegenstände, die in ihren
Werkstätten hergestellt sind. Durch diese Bestimmungen
erhielt das Unternehmen seinen intimen, man könnte sagen
familiären Charakter. Die Ausstellungsobjekte waren in
vier Abteilungen gegliedert, deren erste die Handwerks-
und kunstgewerblichen Erzeugnisse umfaßte und einer
Besprechung unterzogen werden soll. Naturgemäß wird
bei der Beurteilung einer Handwerkerausstellung das tech-
nische Können in den Vordergrund der Betrachtung treten
müssen. An der großen Mehrheit der handwerksmäßigen
Arbeiten war indessen das Bestreben nach künstlerischer
Durchbildung mehr oder minder augenfällig. Man wett-
eiferte förmlich in der Anwendung neuer Formen und ging
darin schließlich so weit, selbst Maschinen mit freilich sehr
• oft mißverstandenem Zierat, wo er nur anzubringen war,
zu versehen. Es hatte den Anschein, als ob im Hessen-
lande die Moderne bis in die entlegensten ländlichen
Distrikte gedrungen sei. Am augenfälligsten waren die
Fortschritte der modernen Kunst in den Gruppen für
Möbel und Keramik. Das Schwalmer Haus lieferte ein
nachahmenswertes Beispiel von dem einmütigen Zusammen-
wirken einer verschiedene Gewerbe umfassenden Ver-
einigung. Der im Erdgeschoß aus Diele und zwei Zimmern,
im Obergeschoß aus vier Zimmern und Veranda bestehende,
sehr originelle Bau barg bei aller Einfachheit in Konstruktion
und Ausstattung eine Menge reizvoller Einzelheiten und
kann in seiner Art geradezu als vorbildlich bezeichnet werden.
Bemerkenswert waren ferner die EinrichtungfürdenSitzungs-
saal des Landesausschusses zu Kassel und die Holzschnitz-
und Intarsienarbeiten von Jürgensen, Werke, die an Feinheit
der Ausführung nichts zu wünschen übrig lassen, sowie

1) Die folgenden Ausführungen wurden einem Bericht
über die Vereinssitzung des Leipziger Kunstgewerbevereins
vom 17. Oktober entnommen. Siehe »Kunstgewerbeverein
Leipzig«. (Anm. d. Red.)

schließlich eine Reihe von Wohnräumen nach Entwürfen
von Lehrern der Kasseler Kunstgewerbeschule, ein Speise-
zimmer in Nußbaum mit Mahagonieinlagen, ein Herren-
zimmer in Eiche, das bei sparsamster Verwendung orna-
mentalen Schmuckes einen durchaus vornehmen Eindruck
hinterließ, und anderes. In der keramischen Gruppe fielen
neben den Schöpfungen der bekannten Wächtersbacher
Steingutfabrik, welche eine umfangreiche Serie von Ge-
brauchs- und Luxusgeschirr mit farbigen Glasuren und
Unterglasurmalerei vorführte, die Marburger Töpferwaren
auf. Daß der einst so blühende Marburger Industriezweig
noch erhalten ist und weiter gepflegt wird, ist den beiden
Werkstätten von Karl und Ludwig Schneider zu verdanken.
Weder in der Form noch im Dekor sind diese Arbeiten
von der modernen Kunst bisher wesentlich beeinflußt
worden. Die Eigenart ihrer Dekorationsweise besteht in
aufgelegten bunten Blumen und Ornamenten, die entweder
mit der Hand oder mit der Gießbüchse, dem sogenannten
Malhorn, aufgetragen werden. In Verbindung mit der
glänzenden, roten oder dunkelbraunen Glasur werden damit
prächtige Farbenwirkungen erzielt. Ein Meisterstück der
Technik bildete das große, aus 120 Fliesen zusammengesetzte
Mosaikbild, die hl. Elisabeth darstellend, von Lud w. Schneider.
Unter den Metallarbeiten befanden sich einige sehr tüchtige
Leistungen, so vor allem ein schönes geschmiedetes Bronze-
gitter. Im allgemeinen überwog hier die Technik die
künstlerische Qualität. In hohem Maße beanspruchten die
Volkstrachten der historischen Gruppe die Aufmerksamkeit,
bilden sie doch einen wichtigen Beitrag zur Kenntnis der
Sitten, der Lebensweise, des Geschmackes ihrer Träger.
Da diese Trachten durch den Handelsverkehr und die
Mode den Gefahren des Unterganges ausgesetzt sind, be-
anspruchen sie um so mehr unsere Teilnahme und verdienen
als vaterländisches Zeugnis volkstümlicher Geschicklichkeit
und Kunst erhalten zu werden. Besonders reich und
charakteristisch war der Trachtenschmuck der Schwalmer
Bevölkerung. Kunstvoll gestickte Einsätze als Brustschmuck
der wamsartigen Oberkleider und ebensolche Ärmelstulpen
zeigten gesunden Farbensinn, stilisiertes Ornament mit
teilweiser Verwendung friesischer Motive. Die Ausstellung
machte im ganzen einen sehr erfreulichen Eindruck und
gab ein übersichtliches Bild von der Produktion dieses
Landes. Es wäre zu wünschen, daß ähnliche Unternehmungen
auch anderwärts angestrebt werden. Die räumlich großen
Weltausstellungen wirken nur sinnverwirrend auf die Be-
sucher und stellen große Anforderungen an den mit fach-
männischem Eifer Schauenden.

ELMQUIST-BRONZEN

Über das von dem schwedischen Bildhauer Hugo
Elmquist in Stockholm erfundene und angewandte Ver-
fahren zur Herstellung künstlerischer Bronzegüsse sprach
jüngst Direktor Dr. Brinckmann in einer Versammlung des
Hamburger Kunstgewerbevereins: Dieses neue und sehr
leistungsfähige Verfahren knüpft an das uralte Wachs-
schmelzverfahren an, das schon in vorgeschichtlicher Zeit
bekannt, im klassischen Altertum und in der Renaissance
von den Künstlern in höchster Vollendung geübt wurde
und von den Japanern noch heute vollkommen beherrscht
wird. Herr Elmquist, bekannt auch außerhalb Schwedens
durch größere Bildwerke, hat seine Erfindung während
mehrjährigen Aufenthalts in Paris ausgearbeitet. Zwei
Patente sichern ihm auch in Deutschland die Früchte seiner
Arbeit. Das eine dieser Patente bezieht sich auch auf das
Verfahren zur Herstellung einer Modelliermasse, welche
nicht die Nachteile der bisher benutzten, zu gleichem
Zwecke verwendeten Masse wie Plastelin und dergleichen
 
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