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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 17.1905-1906

DOI Artikel:
Biermann, Georg: Schmuckarbeiten von Philippe Wolfers in Brüssel
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https://doi.org/10.11588/diglit.4870#0069

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SCHMUCKARBEITEN VON PHILIPPE WOLFERS IN BRÜSSEL

ABENDDÄMMERUNG. GESCHLIFFENE KRISTALLVASE MIT

SILBERVERGOLDETEN VERZIERUNGEN VON PH. WOLFERS.

GESETZLICH GESCHÜTZT

an so merkwürdig treu geblieben. Nicht zum Ver-
hüllen ist er da, sondern zum Entblößen. Er speku-
liert im Grunde ungemein stark mit der Sinnlichkeit,
er hat etwas von Indiskretion an sich; er versucht
die Aufmerksamkeit auf ganz bestimmte Punkte hin-
zulenken. Ein neapolitanisches Fischermädchen trägt
in seinen kleinen Ohren große goldene Ringe, die
unwillkürlich die Aufmerksamkeit des Betrachters von
den Ohrringen auf die schön geformten kleinen Ohren
lenken. Ein blitzendes Diamantenkollier um den ent-
blößten Hals einer schönen Frau ist wie ein Hinweis
auf den Reiz der nackten Schönheit, und ein kleiner
Brillant an dem Goldfinger einer feinen, edelgeformten
Frauenhand hält den Blick fest und nimmt sich aus
wie ein Interpret ihrer zart geführten Linien. Die
Italiener in der Blütezeit der Renaissance, vornehmlich
die Florentiner Frauen am Hofe des Lorenzo Magnifico
haben, wie ihre Porträts beweisen, ein sehr feines
Gefühl für den künstlerischen Wert von Schmuck-

stücken besessen, die Geschmacklosigkeit eines über-
ladenen Schmuckes trat erst in den Zeiten auf, als
die Fülle des Schmuckes ein Maßstab für finanzielle
Wertschätzung wurde. Die heutigen Italienerinnen,
die sich fast ohne Ausnahmen mit bunten Steinen
übermäßig zu behängen lieben, haben nichts mehr
vom Geschmacke jener alten Florentinerinnen, und
auch anderwärts ist leider die Geschmacklosigkeit
noch nicht im Abnehmen begriffen.

Und noch etwas ist bei einer historischen Be-
trachtung über die Entwickelung des Schmuckes be-
merkenswert, nämlich das Material. Wie der Süd-
seeinsulaner sich seine bunten Steine und Korallen
auf der Schnur zusammenreiht, — die seltensten sind
stets die wertvollsten — so verarbeitet der moderne
Juwelier Materialien, die unserem heutigen Geschmacke
wert erscheinen, nicht immer durch ihre Schönheit —
sondern durch ihre Seltenheit. Ich bin offen genug,
zu gestehen, daß ein geschliffener Achat, eine satt
gefärbte Koralle meinem Auge oft schöner erscheinen,
als die wundervollste Perle, die für einige Tausende
nicht zu haben ist. Wir Menschen leiden eben ohne
Ausnahme an dem großen Geburtsfehler, durchweg
bei Wertschätzung der Dinge mehr auf die Seltenheit
als auf die reine künstlerische Schönheit zu sehen.
Das ist auch auf anderen Gebieten so, und es geht
schon Völkern der untersten Kulturstufe ähnlich.

Und endlich noch ein Wort zum künstlerischen
Vorwurf der sogenannten Schmuckkunst. In einem
ethnographischen Museum kann man oft die wunder-
barsten Dinge sehen. Da sind in Vitrinen Amuletts
mit Bildern von Götzen und Tieren, bunt bemalt oder

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PH. WOLFERS. ANHÄNGER MIT SCHMETTERLINGSMOTIV
AUS EMAIL UND EDELSTEINEN. GESETZLICH GESCHÜTZT
 
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