SCHMUCKARBEITEN VON PHILIPPE WOLFERS IN BRÜSSEL
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durch Steinchen verziert, ausgestellt. Die ganze leben-
dige Natur kehrt in diesen primitiven Stücken wieder
und wenn wir unsere Abbildungen einer brillanten
und ganz neuzeitigen Kunst betrachten, finden wir
auch hier staunend Ähnlichkeiten mit der künstlerischen
Ideenwelt unterster Nomadenvölker. Ich kann es nicht
für besonders geschmackvoll halten, wie es das 18. Jahr-
hundert liebte, jenes eigenartige gefühlsbarocke und
oberflächliche Zeitalter, Porträts von Menschen, die
einem nahe stehen, mit sich am Leibe herumzutragen.
Oder man denke gar an die Broschen mit Porträts
und fremden Büsten in Elfenbein aus Großmutters-
tagen. Wer staunt heute nicht über diese Fülle ästhe-
tischer Entartung. Ich glaube, diese Vermächtnisse
wirken auf unseren heutigen Geschmack so deprimierend,
weil das Gegenständliche, das in ihnen verarbeitet
wurde, mit der realen alltäglichen Welt zu eng zu-
sammenhing. Auch Schmuckkunst ist ein Teil der
großen Kunst, und ebenso wie diese niemals nur Natur
sein kann, so wird heute derjenige Schmuck am
höchsten bewertet, der am individuellsten auf die
Persönlichkeit berechnet, der am phantasievollsten die
Dinge der Natur in neue, linienfrohe Formen zu
bringen versteht. Ein Schmuckstück, wenn es über-
haupt als Kunstwerk gelten soll, hat in erster Linie
mit der Person zu rechnen, für die es bestimmt ist.
Es muß sozusagen der Person, die es trägt, auf den
Leib gearbeitet sein. Da nun höchst selten aber
Schmuckstücke wie Kleidungsstücke »nach Maß« ge-
liefert werden, man vielmehr darauf angewiesen ist,
PH. WOLFERS. ANHÄNGER MIT FASANENMOTIV AUS EMAIL
UND EDELSTEINEN. GESETZLICH GESCHÜTZT
größtenteils
»fertig« zu
kaufen, so ist
hier weniger
der Ge-
schmack des
Juweliers, der
zahlreiche
Muster seinen
Kunden vor-
legt, als viel-
mehr der Ge-
schmack des
Käufers maß-
gebend.
Philippe
Wolfers, der
als einer der
feinsinnigsten
belgischen
Schmuck-
künstler gilt
und unter den
Juwelieren
Europas un-
zweifelhaft
einen hohen
Rang bean-
spruchen darf,
zeigt an den
hier abgebil-
deten Proben
seiner elegan-
ten Kunst, die
sich nicht
allein auf
Schmuck be-
schränken,
einige beson-
ders hervor-
stechende
Züge, die wir
als beherzigenswerte Beispiele vor allem betonen
möchten. Auffallend ist des Künstlers Vorliebe für
die Tierwelt, die in der verschiedenartigsten Stilisierung
in seinen Werken immer wiederkehrt. Vornehmlich
Vögel, deren schönes glänzendes Gefieder, wie es
Pfauen und Fasanen haben, seinen farbigen Sinn bei
der Verwendung edler Gesteine reizen, deren stolzes
Gebaren und schlanke Formen etwas Verwandtes
mit der Erscheinung schöner Frauengestalten hat,
pflegt er gerne zu verwenden. Man sehe daraufhin
seine Broschen und Vorhänger an. Ganz deutlich
verkörpert sich diese künstlerische Idee bei der hier
wiedergegebenen Statue eines jungen Mädchens mit
Pfau, die Wolfers als elektrischen Beleuchtungsapparat
für eine größere Halle ausgeführt hat. Auch abge-
sehen von diesem rein praktischen Zweck wirkt die
Gruppe als Kunstwerk ungemein bezaubernd. Es steckt
so viel Verwandtes, so viel Gemeinsames in der
weißen, sinnenden, traumumfangenen Marmorfigur, die
DIE EIDECHSEN. GESCHLIFFENE KRISTALL-
VASE MIT SILBERVERGOLDETEN
VERZIERUNGEN VON PH. WOLFERS.
GESETZLICH GESCHÜTZT
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durch Steinchen verziert, ausgestellt. Die ganze leben-
dige Natur kehrt in diesen primitiven Stücken wieder
und wenn wir unsere Abbildungen einer brillanten
und ganz neuzeitigen Kunst betrachten, finden wir
auch hier staunend Ähnlichkeiten mit der künstlerischen
Ideenwelt unterster Nomadenvölker. Ich kann es nicht
für besonders geschmackvoll halten, wie es das 18. Jahr-
hundert liebte, jenes eigenartige gefühlsbarocke und
oberflächliche Zeitalter, Porträts von Menschen, die
einem nahe stehen, mit sich am Leibe herumzutragen.
Oder man denke gar an die Broschen mit Porträts
und fremden Büsten in Elfenbein aus Großmutters-
tagen. Wer staunt heute nicht über diese Fülle ästhe-
tischer Entartung. Ich glaube, diese Vermächtnisse
wirken auf unseren heutigen Geschmack so deprimierend,
weil das Gegenständliche, das in ihnen verarbeitet
wurde, mit der realen alltäglichen Welt zu eng zu-
sammenhing. Auch Schmuckkunst ist ein Teil der
großen Kunst, und ebenso wie diese niemals nur Natur
sein kann, so wird heute derjenige Schmuck am
höchsten bewertet, der am individuellsten auf die
Persönlichkeit berechnet, der am phantasievollsten die
Dinge der Natur in neue, linienfrohe Formen zu
bringen versteht. Ein Schmuckstück, wenn es über-
haupt als Kunstwerk gelten soll, hat in erster Linie
mit der Person zu rechnen, für die es bestimmt ist.
Es muß sozusagen der Person, die es trägt, auf den
Leib gearbeitet sein. Da nun höchst selten aber
Schmuckstücke wie Kleidungsstücke »nach Maß« ge-
liefert werden, man vielmehr darauf angewiesen ist,
PH. WOLFERS. ANHÄNGER MIT FASANENMOTIV AUS EMAIL
UND EDELSTEINEN. GESETZLICH GESCHÜTZT
größtenteils
»fertig« zu
kaufen, so ist
hier weniger
der Ge-
schmack des
Juweliers, der
zahlreiche
Muster seinen
Kunden vor-
legt, als viel-
mehr der Ge-
schmack des
Käufers maß-
gebend.
Philippe
Wolfers, der
als einer der
feinsinnigsten
belgischen
Schmuck-
künstler gilt
und unter den
Juwelieren
Europas un-
zweifelhaft
einen hohen
Rang bean-
spruchen darf,
zeigt an den
hier abgebil-
deten Proben
seiner elegan-
ten Kunst, die
sich nicht
allein auf
Schmuck be-
schränken,
einige beson-
ders hervor-
stechende
Züge, die wir
als beherzigenswerte Beispiele vor allem betonen
möchten. Auffallend ist des Künstlers Vorliebe für
die Tierwelt, die in der verschiedenartigsten Stilisierung
in seinen Werken immer wiederkehrt. Vornehmlich
Vögel, deren schönes glänzendes Gefieder, wie es
Pfauen und Fasanen haben, seinen farbigen Sinn bei
der Verwendung edler Gesteine reizen, deren stolzes
Gebaren und schlanke Formen etwas Verwandtes
mit der Erscheinung schöner Frauengestalten hat,
pflegt er gerne zu verwenden. Man sehe daraufhin
seine Broschen und Vorhänger an. Ganz deutlich
verkörpert sich diese künstlerische Idee bei der hier
wiedergegebenen Statue eines jungen Mädchens mit
Pfau, die Wolfers als elektrischen Beleuchtungsapparat
für eine größere Halle ausgeführt hat. Auch abge-
sehen von diesem rein praktischen Zweck wirkt die
Gruppe als Kunstwerk ungemein bezaubernd. Es steckt
so viel Verwandtes, so viel Gemeinsames in der
weißen, sinnenden, traumumfangenen Marmorfigur, die
DIE EIDECHSEN. GESCHLIFFENE KRISTALL-
VASE MIT SILBERVERGOLDETEN
VERZIERUNGEN VON PH. WOLFERS.
GESETZLICH GESCHÜTZT