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HEINRICH VOGELER
EXLIBRIS VON HEINRICH VOOELER
wußte, in seinem kleinen Flek-
ken der nordischen Marsch
unter Dorfbauern seinem eige-
nen Lebensglücke nach, das so
anspruchslos und keusch ist.
Hier sang ihm die Nachtigall
den Frühling ein; hier wurde
seine Seele wach, hier reckte sie
sich auf wie schlanke Birken-
stämme, denen der Frühlings-
sonnenschein das erste zarte
Grün entlockt. Hier fand er
sein Weib, ein echtes nord-
deutsches Kind aus dem Dorfe
Worpswede, das seinem Leben
gleichmäßig Inhalt und Poesie
zu geben verstand. Fast auf
jedem seiner Bilder, auf jeder
seiner Radierungen kehrt sie
wieder, die schlanke zarte Kö-
nigin seines Dichterglückes.
Vogeler hat einen Band Ge-
dichte im Inselverlag zu Leipzig
herausgegeben unter dem Titel
»Dir« und den Band mit Vig-
netten und köstlichem Buch-
schmuck geziert. Anspruchs-
los sind die Verse, aber sie
gehen zu Herzen und sind das
rechte Geständnis einer jungen
. .WiTiW:
romantisch verklärten Liebe.
Ein ritterlicher Zug im Sinne
unserer alten deutschen Lyriker
von »des Minnesangs Früh-
ling« geht durch sein Wesen.
Auf dem Gemälde »Heimkehr«
hält der gepanzerte Knappe
seine schlanke Maid umfangen.
Weit schweift der Blick in die
Ferne über grünende Wiesen
hinweg, die ein murmelnder
Bach durchrieselt, zu einer
niedrigen Gartenmauer, vor
dessen Tür zwei Linden mit
breiten Kuppeln stehen. Vorn
halten sich die beiden Glück-
lichen umfangen, schweigsam
vor einer steinernen Bank, die
Rosenbüsche flankieren. Eine
Szene aus der deutsch mittel-
alterlich romantischen Zeit.
Dann gibt es eine andere Radie-
rung: zwei Glückliche sitzen
umschlungen auf einer Bank.
Ihr Blick geht sehnsuchtsvoll in
die Ferne, ein Engel schlägt
hinter ihnen die Laute und
entlockt derselben himmlische
Töne. Auf dem Gemälde »Ver-
kündigung« sieht man eine
HEINRICH VOGELER
EXLIBRIS VON HEINRICH VOOELER
wußte, in seinem kleinen Flek-
ken der nordischen Marsch
unter Dorfbauern seinem eige-
nen Lebensglücke nach, das so
anspruchslos und keusch ist.
Hier sang ihm die Nachtigall
den Frühling ein; hier wurde
seine Seele wach, hier reckte sie
sich auf wie schlanke Birken-
stämme, denen der Frühlings-
sonnenschein das erste zarte
Grün entlockt. Hier fand er
sein Weib, ein echtes nord-
deutsches Kind aus dem Dorfe
Worpswede, das seinem Leben
gleichmäßig Inhalt und Poesie
zu geben verstand. Fast auf
jedem seiner Bilder, auf jeder
seiner Radierungen kehrt sie
wieder, die schlanke zarte Kö-
nigin seines Dichterglückes.
Vogeler hat einen Band Ge-
dichte im Inselverlag zu Leipzig
herausgegeben unter dem Titel
»Dir« und den Band mit Vig-
netten und köstlichem Buch-
schmuck geziert. Anspruchs-
los sind die Verse, aber sie
gehen zu Herzen und sind das
rechte Geständnis einer jungen
. .WiTiW:
romantisch verklärten Liebe.
Ein ritterlicher Zug im Sinne
unserer alten deutschen Lyriker
von »des Minnesangs Früh-
ling« geht durch sein Wesen.
Auf dem Gemälde »Heimkehr«
hält der gepanzerte Knappe
seine schlanke Maid umfangen.
Weit schweift der Blick in die
Ferne über grünende Wiesen
hinweg, die ein murmelnder
Bach durchrieselt, zu einer
niedrigen Gartenmauer, vor
dessen Tür zwei Linden mit
breiten Kuppeln stehen. Vorn
halten sich die beiden Glück-
lichen umfangen, schweigsam
vor einer steinernen Bank, die
Rosenbüsche flankieren. Eine
Szene aus der deutsch mittel-
alterlich romantischen Zeit.
Dann gibt es eine andere Radie-
rung: zwei Glückliche sitzen
umschlungen auf einer Bank.
Ihr Blick geht sehnsuchtsvoll in
die Ferne, ein Engel schlägt
hinter ihnen die Laute und
entlockt derselben himmlische
Töne. Auf dem Gemälde »Ver-
kündigung« sieht man eine