KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU
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zu ermäßigten Preisen für Theater, Konzerte usw. Oft
veranstaltet der Verband auch eigene Feste und Ver-
gnügungen, die einen frei künstlerischen Charakter tragen.
Erst kürzlich sah ich am schwarzen Brett der Anstalt ein
anziehendes, von einem Schüler entworfenes Plakat zu
einem »Kostümfest in Violet«, welches heute wahrschein-
lich schon zur Zufriedenheit aller Beteiligten verlaufen
sein wird.
So stellt die neue Unterrichtsanstalt mit dem Königl.
Kunstgewerbemuseum alles in allem eine deutsche Er-
rungenschaft dar, welche sowohl technisch und architek-
tonisch, wie überhaupt als Lehrinstitut anderen Einrich-
tungen zum Vorbild dienen kann. Ludwig Boedecker.
KUNSTGEWERBLICHE LITERATUR
Nachdem das »Jahrbuch für den Zeichen- und
Kunstunterricht«, herausgegeben von Georg Friese (Hel-
wingsche Verlagsbuchhandlung), Hannover, im Jahre 1905
zum erstenmal vielversprechend an die Öffentlichkeit getreten
war, ist soeben der 2. Jahrgang als umfangreicher Doppel-
band erschienen. Das Werk will
kein Handbuch und kein Lehrbuch
sein, sondern ein Quellenbuch, das
möglichst erschöpfende Beiträge zur
Belehrung der Fachkollegen bringt.
Es behandelt vornehmlich die ak-
tuellen Vorgänge, chronologisch regi-
striert, und verfolgt ziemlich er-
schöpfend die Literatur der begrenz-
ten Zeit. Es huldigt keiner bestimm-
ten Richtung und dient keiner Partei.
Auch in dem neuen Jahrgang ist
wiederum ein reiches Anschauungs-
material gegeben. Eine Reihe von
Künstlerstudien soll künstlerische
Anregung vermitteln. Diesmal hat
E. von Oebhardt einige Beiträge aus
den reichen Schätzen seiner Studien-
mappen herausgesucht. Auf den
reichhaltigen Inhalt im einzelnen ein-
zugehen, ist unmöglich. Auf jeden
Fall darf auch der neue Doppel-
band des vollen Beifalls aller der-
jenigen, die sich mit Zeichen- und Kunstunterricht be-
schäftigen, gewiß sein.
Unter den zahlreichen Vorbildermappen, welche in
der letzten Zeit auf dem Markt erschienen sind, verdient
»Ornament und Buchschmuck«, Ideen von Dr. R. An-
heißer (Verlag von Gerhard Kühtmann, Dresden) an erster
Stelle genannt zu werden, weil das Werk auf 35 Tafeln eine
durchaus selbständig empfundene und mit großem Geschick
für das rein Technische wiedergegebene neue Sammlung
darstellt. Der Zeichner verfügt über eine reiche Phantasie,
die sich aber oft in einer allzu eigenwilligen Liniensprache
Luft macht. Seine teilweise stark bizarren Ornamente
wirken auf den Betrachter sehr verschieden. Am besten
sind jedenfalls die Blätter, welche sich aus dem Wirrwarr
breit geführter Linien zu feiner Strichzeichnung in ge-
mäßigten Bewegungen durcharbeiten. Man muß Anheißers
Tafeln als einen Wegweiser für die Bestrebungen unserer
modernen Buchschmuck- und Ornamentenkunst ansprechen.
Ein großer Teil dieser Tafeln entlehnt die Formen dem
Naturreich, gibt sie jedoch eigenwillig stilisiert in höchst
aparter Auffassung wieder. So entsteht z. B. aus einem
Blumenbüschel andeutungsweise ein geschmackvoll arran-
giertes Exlibris. In anderen Blättern vermisse ich dagegen
nicht nur jede Rhythmik, sondern auch die Spur künstle-
Füllurtg im Ratskeller zu Chariottenburg
Modelliert von H. Giesecke
rischer Wirkung. Es scheint, als wenn man hier beispiels-
weise das durch das Mikroskop gesehene System der
Adern und der Blutgefäße im menschlichen Körper benutzt
hat, um daraus sehr unruhig dreinschauende Ornament-
friese zu gestalten. In solchen Fällen versagt der Künstler
vollständig.
Zur praktischen Handhabe wertvoller als die vorge-
nannte Sammlung ist die unter dem Titel »Die Strömung«
herausgegebene Folge von ornamentalen Studien von E.
Carl Wolbrandt, dem verdienstvollen Direktor der Hand-
werker- und Kunstgewerbeschule zu Crefeld. (Verlag von
B. G. Teubner, Leipzig). Das Werk ist für Knabenzeichen-
schüler bestimmt und lehrt ein freies Verwerten der Form
und der Farbe, eine mit künstlerischem Auge gesehene
Umbildung von Erzeugnissen der Natur, vornehmlich der
Pflanzenwelt, der Steinwelt und der Vögel. Jedes Blatt
trägt einen Gesamtcharakter und deutlich spricht aus dem-
selben ein bestimmter Grundgedanke. Die Blätter sollen
nicht als direkte Vorlagen dienen, sondern sie sollen im
Unterricht wieder verändert oder umgeformt für einen
neuen Charakter werden, und gerade hier liegt der wirk-
liche Wert für den Schüler, der
nach diesen Vorlagen arbeitet.
Die E. Gilberssche Verlags-
buchhandlung in Leipzig hat eine
Mappe herausgegeben, »Neuzeit-
liche Blumenkompositionen für
dekorative Flächenkunst«, die
Peter Kappertz entworfen hat. Das
Werk wendet sich in erster Linie an
Musterzeichner, Webereien, Tapeten-
fabriken, Dekorateure, Dekorations-
maler, Kunstgewerbeschulen und
Zeichenateliers, und enthält eine
Reihe hübscher Motive modernen
Charakters, die nicht nur als Vor-
lagen willkommen sind, sondern
dem Fachmann auch vielseitige An-
regung bieten werden.
Bei Otto Maier, Verlag in Ra-
vensburg, ist unter dem Titel »Skiz-
zierende Aquarellmalerei nach
der Natur«, eine Anleitung für An-
fänger von Thomas Hatton, deutsch
von Otto Marpurg erschienen, die alles in den Bann der
Betrachtung zieht, was unerläßlich zur Schulung des Auges,
zur wahrhaft künstlerischen Auffassung der Natur und zur
Ausführung der ersten Versuche ist. Eine Serie von sechs
farbigen Tafeln zeigt die Entstehung einer Aquarellskizze
in sechs verschiedenen Stufen. Naturgemäß wendet sich
dieses Buch nicht an Künstler, sondern an solche, die aus
Liebhaberei die Aquarellmalerei erlernen wollen, um wenig-
stens in einer flüchtigen Skizze landschaftliche Eindrücke
festhalten zu können.
Eine 20 Tafeln starke Vorbildermappe für den An-
fangsunterricht im Freihandzeichnen hat die C. Koch-
sche Verlagsbuchhandlung in Nürnberg auf den Markt
gebracht, deren Vorzüge bei der praktischen Verwendung
sehr leicht zutage treten. Die Sammlung nennt sich mit
Recht ein Tribut an die neue Richtung im Zeichenunter-
richt und ist von Professor Leonhard Hellmuth entworfen.
Endlich muß unter dieser Rubrik ein kleines köstliches
und von echt künstlerischer Eigenart erfülltes Werk genannt
werden, eine sogenannte Fibel für kleine Stadtleute,
betitelt »Bei uns zu Haus« von Fritz Gansberg in Bremen,
die vor allem durch die Zeichnungen von Arpad Schmid-
hammer bedeutend ist. Der Verleger R. Voigtländer
Leipzig, hat hier den ersten Versuch gemacht, ein durch-
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zu ermäßigten Preisen für Theater, Konzerte usw. Oft
veranstaltet der Verband auch eigene Feste und Ver-
gnügungen, die einen frei künstlerischen Charakter tragen.
Erst kürzlich sah ich am schwarzen Brett der Anstalt ein
anziehendes, von einem Schüler entworfenes Plakat zu
einem »Kostümfest in Violet«, welches heute wahrschein-
lich schon zur Zufriedenheit aller Beteiligten verlaufen
sein wird.
So stellt die neue Unterrichtsanstalt mit dem Königl.
Kunstgewerbemuseum alles in allem eine deutsche Er-
rungenschaft dar, welche sowohl technisch und architek-
tonisch, wie überhaupt als Lehrinstitut anderen Einrich-
tungen zum Vorbild dienen kann. Ludwig Boedecker.
KUNSTGEWERBLICHE LITERATUR
Nachdem das »Jahrbuch für den Zeichen- und
Kunstunterricht«, herausgegeben von Georg Friese (Hel-
wingsche Verlagsbuchhandlung), Hannover, im Jahre 1905
zum erstenmal vielversprechend an die Öffentlichkeit getreten
war, ist soeben der 2. Jahrgang als umfangreicher Doppel-
band erschienen. Das Werk will
kein Handbuch und kein Lehrbuch
sein, sondern ein Quellenbuch, das
möglichst erschöpfende Beiträge zur
Belehrung der Fachkollegen bringt.
Es behandelt vornehmlich die ak-
tuellen Vorgänge, chronologisch regi-
striert, und verfolgt ziemlich er-
schöpfend die Literatur der begrenz-
ten Zeit. Es huldigt keiner bestimm-
ten Richtung und dient keiner Partei.
Auch in dem neuen Jahrgang ist
wiederum ein reiches Anschauungs-
material gegeben. Eine Reihe von
Künstlerstudien soll künstlerische
Anregung vermitteln. Diesmal hat
E. von Oebhardt einige Beiträge aus
den reichen Schätzen seiner Studien-
mappen herausgesucht. Auf den
reichhaltigen Inhalt im einzelnen ein-
zugehen, ist unmöglich. Auf jeden
Fall darf auch der neue Doppel-
band des vollen Beifalls aller der-
jenigen, die sich mit Zeichen- und Kunstunterricht be-
schäftigen, gewiß sein.
Unter den zahlreichen Vorbildermappen, welche in
der letzten Zeit auf dem Markt erschienen sind, verdient
»Ornament und Buchschmuck«, Ideen von Dr. R. An-
heißer (Verlag von Gerhard Kühtmann, Dresden) an erster
Stelle genannt zu werden, weil das Werk auf 35 Tafeln eine
durchaus selbständig empfundene und mit großem Geschick
für das rein Technische wiedergegebene neue Sammlung
darstellt. Der Zeichner verfügt über eine reiche Phantasie,
die sich aber oft in einer allzu eigenwilligen Liniensprache
Luft macht. Seine teilweise stark bizarren Ornamente
wirken auf den Betrachter sehr verschieden. Am besten
sind jedenfalls die Blätter, welche sich aus dem Wirrwarr
breit geführter Linien zu feiner Strichzeichnung in ge-
mäßigten Bewegungen durcharbeiten. Man muß Anheißers
Tafeln als einen Wegweiser für die Bestrebungen unserer
modernen Buchschmuck- und Ornamentenkunst ansprechen.
Ein großer Teil dieser Tafeln entlehnt die Formen dem
Naturreich, gibt sie jedoch eigenwillig stilisiert in höchst
aparter Auffassung wieder. So entsteht z. B. aus einem
Blumenbüschel andeutungsweise ein geschmackvoll arran-
giertes Exlibris. In anderen Blättern vermisse ich dagegen
nicht nur jede Rhythmik, sondern auch die Spur künstle-
Füllurtg im Ratskeller zu Chariottenburg
Modelliert von H. Giesecke
rischer Wirkung. Es scheint, als wenn man hier beispiels-
weise das durch das Mikroskop gesehene System der
Adern und der Blutgefäße im menschlichen Körper benutzt
hat, um daraus sehr unruhig dreinschauende Ornament-
friese zu gestalten. In solchen Fällen versagt der Künstler
vollständig.
Zur praktischen Handhabe wertvoller als die vorge-
nannte Sammlung ist die unter dem Titel »Die Strömung«
herausgegebene Folge von ornamentalen Studien von E.
Carl Wolbrandt, dem verdienstvollen Direktor der Hand-
werker- und Kunstgewerbeschule zu Crefeld. (Verlag von
B. G. Teubner, Leipzig). Das Werk ist für Knabenzeichen-
schüler bestimmt und lehrt ein freies Verwerten der Form
und der Farbe, eine mit künstlerischem Auge gesehene
Umbildung von Erzeugnissen der Natur, vornehmlich der
Pflanzenwelt, der Steinwelt und der Vögel. Jedes Blatt
trägt einen Gesamtcharakter und deutlich spricht aus dem-
selben ein bestimmter Grundgedanke. Die Blätter sollen
nicht als direkte Vorlagen dienen, sondern sie sollen im
Unterricht wieder verändert oder umgeformt für einen
neuen Charakter werden, und gerade hier liegt der wirk-
liche Wert für den Schüler, der
nach diesen Vorlagen arbeitet.
Die E. Gilberssche Verlags-
buchhandlung in Leipzig hat eine
Mappe herausgegeben, »Neuzeit-
liche Blumenkompositionen für
dekorative Flächenkunst«, die
Peter Kappertz entworfen hat. Das
Werk wendet sich in erster Linie an
Musterzeichner, Webereien, Tapeten-
fabriken, Dekorateure, Dekorations-
maler, Kunstgewerbeschulen und
Zeichenateliers, und enthält eine
Reihe hübscher Motive modernen
Charakters, die nicht nur als Vor-
lagen willkommen sind, sondern
dem Fachmann auch vielseitige An-
regung bieten werden.
Bei Otto Maier, Verlag in Ra-
vensburg, ist unter dem Titel »Skiz-
zierende Aquarellmalerei nach
der Natur«, eine Anleitung für An-
fänger von Thomas Hatton, deutsch
von Otto Marpurg erschienen, die alles in den Bann der
Betrachtung zieht, was unerläßlich zur Schulung des Auges,
zur wahrhaft künstlerischen Auffassung der Natur und zur
Ausführung der ersten Versuche ist. Eine Serie von sechs
farbigen Tafeln zeigt die Entstehung einer Aquarellskizze
in sechs verschiedenen Stufen. Naturgemäß wendet sich
dieses Buch nicht an Künstler, sondern an solche, die aus
Liebhaberei die Aquarellmalerei erlernen wollen, um wenig-
stens in einer flüchtigen Skizze landschaftliche Eindrücke
festhalten zu können.
Eine 20 Tafeln starke Vorbildermappe für den An-
fangsunterricht im Freihandzeichnen hat die C. Koch-
sche Verlagsbuchhandlung in Nürnberg auf den Markt
gebracht, deren Vorzüge bei der praktischen Verwendung
sehr leicht zutage treten. Die Sammlung nennt sich mit
Recht ein Tribut an die neue Richtung im Zeichenunter-
richt und ist von Professor Leonhard Hellmuth entworfen.
Endlich muß unter dieser Rubrik ein kleines köstliches
und von echt künstlerischer Eigenart erfülltes Werk genannt
werden, eine sogenannte Fibel für kleine Stadtleute,
betitelt »Bei uns zu Haus« von Fritz Gansberg in Bremen,
die vor allem durch die Zeichnungen von Arpad Schmid-
hammer bedeutend ist. Der Verleger R. Voigtländer
Leipzig, hat hier den ersten Versuch gemacht, ein durch-
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