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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 17.1905-1906

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4870#0206

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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

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gestellt durch Eindrücken würfelförmiger Marmorstückchen
oder Glassplitter in noch feuchten, besonders präparierten
Putz oder Gipsestrich; opus sectile oder auch nach seinem
griechisch-ägyptischen Ursprung opus alexandrinum: dünne
Platten aus bunten Marmor- oder Hartgesteinen, aus denen
das gewünschte Muster ausgeschnitten und zwischen Grund
aus andersfarbigem Material versetzt wurde.

Die erste Technik, als die einfachere, ist im ganzen
Altertum und Mittelalter im Osten bis ins 12. Jahrhundert
hinein weit verbreitet, besonders als Wandschmuck. In
Frankreich und Deutschland dagegen ist diese Art nur in
der Merowingerzeit bis zur Epoche Karls des Großen
nachweisbar (z. B. Torhalle Lorsch). Als Wandschmuck
wird diese Technik seit dem 10. Jahrhundert nicht mehr
benutzt, dagegen vielfach für reichere Fußböden gebraucht
(Fragmente eines solchen in St. Irenäus in Lyon, 1825 zer-
stört). Das beste Werk dieser Art aus dem 12. Jahr-
hundert ist der berühmte Fußboden in der Kapelle des
hl. Firminus in der Abteikirche St. Denis, den Abt Suger
1140 durch den Mönch Alberich ausführen ließ. Ein
glücklicher Zufall hat gerade ein Fragment mit dem Bilde
Alberichs gerettet (jetzt Museum Cluny).

Eine Abart der Wanddekoration war die schon er-
wähnte Zeichnung in geschnittenen Marmorplatten, das
Opus sectile. Reste einer solchen sehr bedeutenden spät-
römischen Arbeit haben sich aus der Basilika des Junius
Bassus erhalten. Eine Wandverkleidung aus grünem Ser-
pentin ist eingelegt mit Giallo antico für die Figuren des
Hylas und der Nymphen, Haar mit Alabaster, Wasser-
kanne des Hylas und Armbänder der Nymphen mit Peri-

Dresdener Kunstgewerbeausstellung 1906. Heinrich Vogeler-Worpswede: Zimmer

einer jungen Frau in weißlackiertem Holz mit Golddekor und flachgeschnitzten

Rosen — auf dem Schränkchen Porzellan von O. F. Nebe-Bremen — Möbel und Sofa

mit waschbaren Handstickereien von Adelheid Bergmann-Bremen

mutter, Wasser und einzelne Gewandstücke blaues Glas,
Mantel des Hylas rotes Glas, Felsen der Landschaft ge-
streifter Alabaster. Notwendige Innenkonturen sind tief
eingeritzt (Reste jetzt im Kapitolinischen Museum). Die
Arbeit entstammt der Constantinischen Zeit (Bassus Con-
sul 317)-

Seit dem 6. Jahrhundert kommen die geometrischen
Muster in Mode (Beispiele in St. Vitale-Ravenna und im
Dom zu Parenzo). Opus sectile findet sich nach dem
6. Jahrhundert nur noch im Orient und ist dort vielfach
in der Darstellung von antiken Traditionen durchsetzt
(Kirche Pantokrator in Konstantinopel: Arbeiten des Her-
kules).

In Italien entwickelt sich in der Folge besonders die
Inkrustation mit farbigen Marmorstückchen, besonders her-
vorragend die Ausführungen in der großen Basilika von
Monte Casino, von Abt Desiderius (später Papst Viktor II.)
mit Hilfe griechischer Werkleute hergestellt (um 1066).

Diese Technik geometrischer Muster wird ungeheuer
beliebt, im 12. und 13. Jahrhundert werden nicht nur die
Fußböden der Kirchen, sondern auch Einrichtungsgegen-
stände, wie Ambonen, Kanzeln, Altäre usw. in ihr dekoriert.
Die Künstlerfamilie der Cosmaten, deren Spezialität die
Herstellung derartiger Arbeiten war, hat damals weit über
Mittelitalien hinaus Hervorragendes geleistet.

Die unteritalienischen Mosaikarbeiten bis in die Cam-
pagna hinein sind lebhafter im Kontur, reicher in der
Farbe und wohl mehr von den Arabern beeinflußt (Salerno,
Sessa).

Von französischen Arbeiten jener Zeit ist der Fuß-
boden der Kirche St. Benoit-sur-Loire zwar der
Cosmatenarbeit verwandt, indessen wahrschein-
lich erst vom Kardinal Duprat 1535 aus Italien
überführt worden. Die übrigen französischen
Arbeiten jener Epoche sind meist sehr einfach,
ein Fußboden z. B. in der Krypta der Kirche
St. Irenäus in Lyon erhalten.

Äußerer Wandschmuck scheint byzantini-
schen Ursprungs. Im Ausgang des 10. Jahrhun-
derts und später wird diese Dekorationsweise
nicht nur für Sakralbauten, sondern auch für
Paläste beliebt, die Technik ist der der Mero-
wingerzeit gleich. Geschnittene Hartgesteine,
auch Backsteine und besonders in der Auvergne
dunkle Laven sind sehr beliebt und gerade hier
in besonders reizvoller Weise als monumentaler
Schmuck verwandt. Beispiele: St. Paul d'Issoire,
St. Saturnin (Puy de Dome); in Lyon ist eine
ähnliche Zier an der Manecanterie, einer ehe-
maligen Singschule für junge Kleriker, sowie an
dem Glockenturm der ehemaligen Abtei d'Ainay
erhalten.

Der Ausgangspunkt dieser französischen Tech-
nik ist schwer nachweisbar; am wahrscheinlich-
sten eine Fortführung merowingischer Kunst-
weise.

Inkrustationen aus kleinen bunten Steinen
finden sich schon im 12. Jahrhundert besonders
an Grabsteinen, so dem des Bischofs Frumald
(1180), dem der Königin Fredegunde (jetzt in St.
Denis). Letzterer ist sehr interessant durch die
Verwendung gravierter Metallplatten für Hände,
Füße und Kopf. Ein sehr eigenartiges Stück
alter Inkrustation sind die Reste eines Märtyrer-
grabes in Poitiers (Hypogee Martyrium), das
wohl bis in die Merowingerzeit zurückgeht und
dessen Einlagen teilweise aus bunten — wohl
römischen Resten entnommenen — Glasflüssen be-
 
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