DIE DRITTE DEUTSCHE KUNSTGEWERBEAUSSTELLUNG DRESDEN 1906
191
macht worden, auch für mittlere und schmale Geld-
beutel Gutes zu schaffen. So hat der Leipziger
Künstlerbund (Vertreter Architekt Raymund Brach-
mann) eine Miethausetage mit zwei Wohnungen aus-
gestellt: eine kleinere Wohnung zum mittleren Miet-
preis von 600 Mark, bestehend aus drei Zimmern
und Küche, vollständig eingerichtet für 2500 Mark
und hieraus durch Hinzufügen entstanden: eine größere
Wohnung zum mittleren Mietpreise von 1200 Mark,
bestehend aus sechs Zimmern und Küche, vollständig
eingerichtet 5000 Mark. Die kleinere Wohnung um-
faßt ein Wohnzimmer aus afrikanischem Mahagoni
mit Intarsien und figürlichen Beschlägen, ein Speise-
zimmer in Eiche, ein Schlafzimmer in polierter Birke
und eine Küche in lackierter Kiefer mit Lindenplatten;
die größere Wohnung enthält außerdem ein Damen-
zimmer aus hellgrauem Ahorn mit Zinkplatteneinlage,
ein Zimmer für Besuch oder größeres Kind aus
mattierter Rotbuche, ein Kinderzimmer in Naturkiefer,
bemalt mit Bildereinlagen, und eine Vorsaalgarderobe
in lackierter Kiefer. Diese beiden Wohnungen sind
so ansprechend in ihrer Gesamtwirkung, die Möbel
sind so sorgsam für die Bedürfnisse der Bewohner
durchdacht, bequem und dabei nicht ohne künstlerisches
Empfinden, daß man dem allgemeinen Wohlgefallen
an diesen bürgerlichen Möbeln wohl beistimmen kann.
Erfahrene Fachleute behaupten allerdings, der Preis
sei zu niedrig angesetzt, indes das können wir hier
nicht entscheiden.
Bis auf das sächsische Haus und die epoche-
machende Neuheit der Maschinenmöbel der Dresdener
Werkstätten für Handwerkskunst haben wir nun so
ziemlich alle bemerkenswerten Leistungen der Raum-
kunst wenigstens kurz besprochen. Eine eingehende
Besprechung ist leider ganz unmöglich: man denke,
daß z. B. allein an den drei Räumen der Bremer Ab-
teilung 26 Künstler und 46 Firmen mitgearbeitet
haben und daß die Abteilung Raumkunst allein im
Hauptgebäude gegen 120 Räume umfaßt. Die Fülle
von Ausstattungsgegenständen — Linoleumbelag, Vor-
hänge, Teppiche, Kissen, Beleuchtungskörper, Lampen,
Uhren, Bronzen, Silberzeug, Vasen, Gläser, Aschen-
becher, Bücher usw. — all das konnten wir auch
nicht einmal erwähnen, und doch trägt das alles zur
Gesamtwirkung oft ganz wesentlich bei. In der
»Vossischen Ztg.« lesen wir einen sonderbaren Tadel:
»In der Abteilung Kunst und Kunsthandwerk (Raum-
kunst) haben namhafte Künstler dafür Sorge getragen,
daß auch der unscheinbarste Gegenstand durch die
Art seiner Aufstellung zur Geltung kommen muß.
Vieles kommt auf diese Weise ganz unverdient zur
Geltung.« Nein, ganz im Gegenteil, das ist ein Lob,
der Künstler zeigt gerade auf diesem Wege mit voller
Absicht, wie auch an sich unscheinbare Dinge (die
natürlich stets künstlerisch und technisch einwand-
frei sind) zur Verschönerung der Wohnung und
zur Erhöhung der Behaglichkeit dienen, wenn man
sie nur an den richtigen Ort stellt. Gerade so wirkt
eine Ausstellung künstlerisch erzieherisch. Daß diese
Art die andere, die magazinartige, welche das Gleich-
artige nach Firmen geordnet zusammenstellt, nicht
ausschließt, das zeigt die Dresdener Ausstellung in
anderen Abteilungen, auf die wir noch zu sprechen
kommen. Aber gerade der künstlerische Grundsatz,
die Einzelleistungen zu Gesamtbildern zusammen-
zufügen, hat dazu geführt, die Fülle von Techniken
und schmückenden Einzelheiten zu zeigen, die wir
fast überall finden. Diese Freude an der Technik ist
ein ungemein gesunder Zug, der sich in der Dresdener
Ausstellung kundgibt. Er ist bedeutsam für die Zu-
kunft des deutschen Kunstgewerbes.
Schluß folgt.
Entworfen von Richard Riemerschmid-München, ausgeführt von den Dresdener Werkstätten für Handwerkskunst in Fichte,
grau-grün gestrichen, Möbel sind sämtlich Handarbeit
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macht worden, auch für mittlere und schmale Geld-
beutel Gutes zu schaffen. So hat der Leipziger
Künstlerbund (Vertreter Architekt Raymund Brach-
mann) eine Miethausetage mit zwei Wohnungen aus-
gestellt: eine kleinere Wohnung zum mittleren Miet-
preis von 600 Mark, bestehend aus drei Zimmern
und Küche, vollständig eingerichtet für 2500 Mark
und hieraus durch Hinzufügen entstanden: eine größere
Wohnung zum mittleren Mietpreise von 1200 Mark,
bestehend aus sechs Zimmern und Küche, vollständig
eingerichtet 5000 Mark. Die kleinere Wohnung um-
faßt ein Wohnzimmer aus afrikanischem Mahagoni
mit Intarsien und figürlichen Beschlägen, ein Speise-
zimmer in Eiche, ein Schlafzimmer in polierter Birke
und eine Küche in lackierter Kiefer mit Lindenplatten;
die größere Wohnung enthält außerdem ein Damen-
zimmer aus hellgrauem Ahorn mit Zinkplatteneinlage,
ein Zimmer für Besuch oder größeres Kind aus
mattierter Rotbuche, ein Kinderzimmer in Naturkiefer,
bemalt mit Bildereinlagen, und eine Vorsaalgarderobe
in lackierter Kiefer. Diese beiden Wohnungen sind
so ansprechend in ihrer Gesamtwirkung, die Möbel
sind so sorgsam für die Bedürfnisse der Bewohner
durchdacht, bequem und dabei nicht ohne künstlerisches
Empfinden, daß man dem allgemeinen Wohlgefallen
an diesen bürgerlichen Möbeln wohl beistimmen kann.
Erfahrene Fachleute behaupten allerdings, der Preis
sei zu niedrig angesetzt, indes das können wir hier
nicht entscheiden.
Bis auf das sächsische Haus und die epoche-
machende Neuheit der Maschinenmöbel der Dresdener
Werkstätten für Handwerkskunst haben wir nun so
ziemlich alle bemerkenswerten Leistungen der Raum-
kunst wenigstens kurz besprochen. Eine eingehende
Besprechung ist leider ganz unmöglich: man denke,
daß z. B. allein an den drei Räumen der Bremer Ab-
teilung 26 Künstler und 46 Firmen mitgearbeitet
haben und daß die Abteilung Raumkunst allein im
Hauptgebäude gegen 120 Räume umfaßt. Die Fülle
von Ausstattungsgegenständen — Linoleumbelag, Vor-
hänge, Teppiche, Kissen, Beleuchtungskörper, Lampen,
Uhren, Bronzen, Silberzeug, Vasen, Gläser, Aschen-
becher, Bücher usw. — all das konnten wir auch
nicht einmal erwähnen, und doch trägt das alles zur
Gesamtwirkung oft ganz wesentlich bei. In der
»Vossischen Ztg.« lesen wir einen sonderbaren Tadel:
»In der Abteilung Kunst und Kunsthandwerk (Raum-
kunst) haben namhafte Künstler dafür Sorge getragen,
daß auch der unscheinbarste Gegenstand durch die
Art seiner Aufstellung zur Geltung kommen muß.
Vieles kommt auf diese Weise ganz unverdient zur
Geltung.« Nein, ganz im Gegenteil, das ist ein Lob,
der Künstler zeigt gerade auf diesem Wege mit voller
Absicht, wie auch an sich unscheinbare Dinge (die
natürlich stets künstlerisch und technisch einwand-
frei sind) zur Verschönerung der Wohnung und
zur Erhöhung der Behaglichkeit dienen, wenn man
sie nur an den richtigen Ort stellt. Gerade so wirkt
eine Ausstellung künstlerisch erzieherisch. Daß diese
Art die andere, die magazinartige, welche das Gleich-
artige nach Firmen geordnet zusammenstellt, nicht
ausschließt, das zeigt die Dresdener Ausstellung in
anderen Abteilungen, auf die wir noch zu sprechen
kommen. Aber gerade der künstlerische Grundsatz,
die Einzelleistungen zu Gesamtbildern zusammen-
zufügen, hat dazu geführt, die Fülle von Techniken
und schmückenden Einzelheiten zu zeigen, die wir
fast überall finden. Diese Freude an der Technik ist
ein ungemein gesunder Zug, der sich in der Dresdener
Ausstellung kundgibt. Er ist bedeutsam für die Zu-
kunft des deutschen Kunstgewerbes.
Schluß folgt.
Entworfen von Richard Riemerschmid-München, ausgeführt von den Dresdener Werkstätten für Handwerkskunst in Fichte,
grau-grün gestrichen, Möbel sind sämtlich Handarbeit