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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 17.1905-1906

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Seyffert, Oskar: Die Volkskunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.4870#0264

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BEMERKUNGEN ZUR 3. DEUTSCHEN KUNSTGEWERBEAUSSTELLUNG DRESDEN 1906 231

Hier kann man geradezu die mustergültige An-
wendung des Satzes finden, der in der Abteilung
»Techniken« als Leitmotiv aufgestellt ist: die künst-
lerische Verbindung von Stoff und Form.

Wir können wohl unsere Betrachtung nicht besser
schließen, als wenn wir den Wortlaut des Protokolles
anfügen, den die Preisrichter der Abteilung Volks-
kunst als Ergebnis ihrer Jury aufgestellt haben:

Die Abteilung Volkskunst der dritten deutschen
Kunstgewerbeausstellung Dresden 1906 sollte (laut
Katalog) zeigen, daß uns in der Volkskunst mit ihrer
Naivität, mit ihrer Farbenfreudigkeit und ihrem selbst-
verständlichen Schaffen — wie im Volksliede — ein
Jungbrunnen lebendiger Anregung fließt.

Nicht aus kulturhistorischen oder ethnographischen
Gründen ist die Errichtung dieser Abteilung ge-
schehen, sondern weil das mit dem Erstarken unseres
modernen Kunstgewerbes völlig gleichzeitig und zwar
überall auftauchende Gefühl für die bislang über-
sehene und mißachtete volkstümliche Kunst eine im

besten Sinne neuzeitliche, mit der gesamten modernen
Kunstbewegung innerlich verwandte Bewegung ist,
von der eine Förderung des deutschen Kunsthand-
werkes zu erwarten ist. Die wurzelechte Boden-
ständigkeit der Volkskunst, ihre innige' Heimatliebe,
ihre frische, im tiefsten Sinne des Wortes humorvolle,
poesieerfüllte Natürlichkeit, ihre bei aller Ehrfurcht
vor den Traditionen zutage tretende Selbständigkeit,
ihre echt künstlerische Treffsicherheit im Aufbau und
Zierat und anderes erscheinen für unser Kunst-
handwerk in seelischer Hinsicht gerade so vorbildlich,
wie ihre schlagende Zweckmäßigkeit, ihre Material-
gerechtigkeit, ihr technischer Witz, ihre Billigkeit und
anderes mehr es in praktischer Hinsicht sind.

Ganz insbesondere erscheint die Volkskunst ge-
eignet als Ratgeber und Vorbild zu wirken in der
Frage der Förderung eines selbständigen Kunsthand-
werkes in Kleinstadt und Dorf, von der die Zurück-
drängung des Massenimportes gewisser städtischer
Dutzendware zu erhoffen sein dürfte.

Weinkanne und sechs verschiedene Becher, Silber, innen vergoldet, mit sächsischen Halbedelsteinen,
entworfen von Erich Kleinhempel, ausgeführt vom Juwelier Hermann Ehrenlechner
 
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