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Frieling, Kirsten O.; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Sehen und gesehen werden: Kleidung an Fürstenhöfen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit (ca. 1450 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 41: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34757#0101

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2. Von Stoffen und Gewändern

sen Wert steigerten als auch eine größere Abwechslung verbürgten. Geschmückt
wurde Kleidung mit zum Teil aufwendig gestalteten und luxuriösen Stickereien,
Bändern, Schleifen und Schnüren, auch dekorierte man sie mit Goldschmiedearbei-
ten - etwa in Form von Knöpfen oder Gewand schließen - und mit Federn. Gold,
Perlen, Edelsteine oder Steine aus buntem Glas warfen das Licht zurück und verlie-
hen den Gewändern dadurch vor allem bei Bewegungen des Körpers einen schim-
mernden, funkelnden Glanz. So entstanden bisweilen äußerst prunkvolle, kost-
spielige Kleidungsstücke, mit denen Fürsten und Fürstinnen, wie noch zu zeigen
sein wird, auf höfischen Festen wie etwa der Landshuter Hochzeit von 1475 ver-
suchten, sich wirkungsvoll in Szene zu setzen.
2.1.61 Gestickte Figuren, Szenen und Ornamente
Stickereien waren im 15. und frühen 16. Jahrhundert ohne Zweifel eine der bedeu-
tendsten, wenn nicht gar die bedeutendste Verzierung von Kleidung.501 Beim
Sticken wurden Stoffe mittels bunten Seiden-, Gold- oder Silberfäden, Perlen und
Steinen ausgeschmückt.502 Goldfäden wurden vor allem in Byzanz503, aber auch an-
dernorts bezogen. Der Seidensticker Bianca Maria Sforzas bekam beispielsweise
1507 fünfzig Gulden für Goldfäden aus Venedig.504
An Perlen wurden für Stickarbeiten sowohl größere Perlen, die aus dem Orient
stammten, als auch kleinere europäische Flußperlen verwendet.505 Größere Perlen
bezeichneten die Zeitgenossen auch als Zahlperlen, etwa in der Beschreibung eines
schwarzen Baretts, das im Nachlaß Bianca Marias enthalten und mit vier perlen ro-
sen in einem perlen kränz und in yeder rosen in der mitt ain rösl von rubein und sein die perl
alle zalperlen geschmückt war.506 Desgleichen bestickte man Kleidungsstücke mit
Glasperlen, die vor allem in venezianischen Glashütten en masse produziert wur-
den.507 Seit dem 13. Jahrhundert verarbeiteten die Sticker echte (Fluß-)Perlen zusam-
men mit bunten gläsernen Perlen, Korallenperlen sowie goldenen und silbernen
Metallperlen508, so auch in einem weiten, festlichen Damengewand, das für Herzo-
gin Euphemia von Kärnten, die Frau Herzog Ottos II., bestimmt war. Als im Jahre
1300 bei florentinischen Kaufleuten allerlei Zubehör für dieses Kleidungsstück ge-
kauft wurde, befanden sich darunter 6000 vergoldete Perlen, drei Ketten mit grü-
501 Zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mittelalterlicher Stickereien jetzt Bergemann,
Stauffer (Hrsg.), Reiche Bilder, 2010.
502 Vgl. Wagner, Notizen zur spätmittelalterlichen Seidenstickerei, 1997, S. 135 (am Beispiel einer
Wiener Handwerksordnung vom 28. Juni 1446); Kühnei (Hrsg.), Bildwörterbuch der Kleidung
und Rüstung, 1992, S. 246.
503 So wenigstens Koch-Mertens, Der Mensch und seine Kleider, 2000, S. 155.
504 Egg, Die Kunst der Seidensticker, 1962, S. 16.
505 Wagner, Notizen zur spätmittelalterlichen Seidenstickerei, 1997, S. 135. Ausführlich zur Per-
lenstickerei Bock, Perlstickerei, 1966.
506 Egg, Die Kunst der Seidensticker, 1962, S. 17.
507 Ebd., S. 25. Nach Koch-Mertens, Der Mensch und seine Kleider, 2000, S. 213, konnten Glasper-
len mit farbigem Wachs gefüllt sein.
508 Nach Wilckens ist diese neue Art der Perlenstickerei in Niedersachsen entstanden. Siehe Wil-
ckens. Die textilen Künste, 1991, S. 201. Zu mittelalterlichen Perlenimitationen vgl. Bock, Perl-
stickerei, 1966, S. 113-115. Im Mittelalter wurden Perlen aus Glas oder Bernstein keineswegs
als billige Imitate echter Perlen angesehen, sondern ihrerseits geachtet. Eibern, Perlen, 1993,
Sp.1892.
 
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