Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Frieling, Kirsten O.; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Sehen und gesehen werden: Kleidung an Fürstenhöfen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit (ca. 1450 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 41: Ostfildern, 2013

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34757#0100

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2.1 Terminologie und Typologie

89

der Ware beigefügten Brief erklärte er, er schicke etlige eilen smarten sammit, zovil
alze ik der Irebbe kanen tomegebringen-, auch beim schwarzen Schamlott hatte er wohl
mangels ausreichenden Angebots improvisieren müssen: neben etlige smarte zam-
melat hatte er kurzerhand Schamlott van andren varmen, die faste gudt ßynn, ge-
kauft.498 Vor allem bei der Auswahl der Farbe für die Hofkleidung, für die enorme
Stoffmengen benötigt wurden, dürfte die Verfügbarkeit von ausreichend Stoff in
der gewählten Farbe eine entscheidende Rolle gespielt haben.499 Nicht zuletzt be-
zog ein Fürst in die Farbwahl sicherlich finanzielle Überlegungen mit ein, denn
die preisliche Spanne für gefärbte Stoffe war je nach Qualität des Gewebes und
der Färbung beträchtlich.500
Die mittelalterliche Farbsymbolik hilft demzufolge bei einer Untersuchung von
höfischen Kleidungspraktiken in der zweiten Hälfte des 15. und den ersten Jahr-
zehnten des 16. Jahrhunderts nur bedingt weiter. Zwar können Gewandfarben unter
Umständen an die zeitgenössische Farbsymbolik rückgebunden sein, sie müssen es
aber nicht. Weil zumeist statt farbsymbolischen eher modische und pragmatische
Aspekte bei der Wahl der Gewandfarben eine Rolle spielten, ist in der Regel wohl
von einer marginalen oder zumindest untergeordneten Bedeutung der Farbsymbo-
lik für höfische Kleidung auszugehen. Vielmehr kam es darauf an, wer eine Ge-
wandfarbe bzw. -nuance trug und vor allem mit welchem Habitus er sie trug, d. h.
es kam auf den jeweiligen Gebrauch an, den ein konkreter Akteur in einer bestimm-
ten historischen Situation von einer Gewandfarbe oder -nuance gemacht hat.
Wenn man, statt nach mittelalterlicher Farbsymbolik zu fragen, wie in dieser
Arbeit die Verwendung von Gewandfarben in der Praxis eingehender untersucht,
schälen sich denn auch für spätmittelalterliche Fürsten- und Hofkleidung durch-
aus Farbcodes heraus, die - jenseits einer mittelalterlichen Farbsymbolik - im we-
sentlichen auf Zusammengehörigkeit, auf die Zugehörigkeit zu bestimmten sozia-
len Gruppierungen (in der Familie, am Hof, unter Verbündeten) verweisen und
dem Fürsten individuelle Gestaltungsspielräume lassen.

2.1.6 Stickereien und andere Verzierungen
An der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit bestand vornehme Kleidung nicht al-
lein aus kostbaren, farbenprächtigen Stoffen und teuren Pelzen. Zu einem reprä-
sentativen Gewandensemble gehörten ebenso etliche Zierelemente, die sowohl des-

498 Schreiben Thomas Blankenfeldes an Herzog Magnus von Mecklenburg (1495?). Politische Cor-
respondenz des Kurfürsten Albrecht Achilles, hrsg. von Priebatsch, Bd. 3, 1898, Nr. 923,
Anm. 4, S. 230.
499 Delort, Notes sur les livrées, 1993, S. 366, konstatiert das in bezug auf englische und französi-
sche Hofkleidung im 14. Jahrhundert. Daß sich die Farbwahl für die Hofkleidung nach »mar-
ket conditions and the availability of cloth« richtete, nimmt auch Vale, The Princely Court,
2001, S. 111, für den englischen Königshof zur Zeit Edwards I. an.
500 Dazu zum Beispiel Selzer, Blau, 2010, S. 215-222. So auch Delort, Notes sur les livrées, 1993,
S. 366, mit Blick auf Höfe des 14. Jahrhunderts in England und Frankreich. Für das Frühmittel-
alter geht Müller, Die Kleidung, 2003, S. 228, hingegen davon aus, daß Färbungen, abgesehen
von Purpur- und Indigofärbungen, einfach und kostengünstig herzustellen waren; sie weist
dem finanziellen Aspekt deshalb lediglich eine geringfügige Rolle bei der Wahl der Gewand-
farbe zu.
 
Annotationen