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Frieling, Kirsten O.; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Sehen und gesehen werden: Kleidung an Fürstenhöfen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit (ca. 1450 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 41: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34757#0019

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1. Einleitung

textil gegründet, das sich als Forum für alle Kleidungs- und Modeforscher versteht
und explizit dem interdisziplinären Austausch verschrieben hat.55
Diese Arbeit trägt insofern beiden Entwicklungen Rechnung, als sie erstens
höfische Kleidungspraktiken ausdrücklich in ihrer Eigenschaft als kommunikative
Handlungen untersucht und zweitens die von der Geschichtswissenschaft häufig
vernachlässigten Forschungsergebnisse der Textil- und Kostümkunde miteinbe-
zieht. Sie fügt sich damit nahtlos in ein etabliertes Forschungsfeld ein, das sich je-
doch gegenwärtig im Zuge eines neuerlich zu verzeichnenden, fächerübergreifen-
den Interesses an historischen Kleidungsgewohnheiten neu formiert und mit einer
stärker interdisziplinären Ausrichtung nicht nur fachlich breiter verankert, son-
dern auch methodisch neu aufstellt.

1.3 Fragestellung und Herangehensweise

Nach dem Vorbild einschlägiger Studien wie Françoise Piponniers Untersuchung
zur Kleidung am Hof von Anjou im 14. und 15. Jahrhundert56 oder Agnès Pages
Arbeit zur Kleidung am savoyischen Hof der 1420er-1440er Jahre57 wendet sich die
Dissertation den Kleidungsgewohnheiten an Reichsfürstenhöfen zwischen ca. 1450
und 1530 in ihren verschiedensten Facetten zu. Geleitet von der Frage nach der
Ordnungsfunktion höfischer Kleidung, richtet sie ihr Augenmerk hauptsächlich
auf die Relevanz von Fürsten- und Hofkleidung für die Konstituierung sozialer
Gruppen bei Hofe, für die Visualisierung höfischer Hierarchien und für die Konso-
lidierung fürstlicher Herrschaft. Mit Blick auf die Reichsfürsten und Reichsfürstin-
nen wird zunächst danach gefragt, wodurch sich Fürstenkleidung auszeichnete,
welche geschlechts- und altersspezifischen Ausprägungen sie erfuhr, welche
Handlungsspielräume Fürsten bei der Zusammenstellung und Gestaltung ihrer
Gewänder besaßen und inwiefern vestimentäre Distinktionen als Statussymbole
und/oder Rangzeichen fungierten. Mit Blick auf den Hof als Ganzes wird vor-
nehmlich erforscht, wie Hofgewand und Fivree konkret gestaltet waren, in wel-
chem Maße sie die Rangordnung am Hof widerspiegelten, welche Rolle sie für die
fürstliche Repräsentation spielten, inwieweit sie eine Hofzugehörigkeit verbindlich
zum Ausdruck brachten und der Formulierung und Durchsetzung fürstlicher
Herrschaftsansprüche dienten.
Im Unterschied zur bisherigen Hofkleidungsforschung bezieht die vorlie-
gende Arbeit jedoch die ordnende Funktion von Kleidung nicht allein auf gesell-
schaftliche Strukturen, sondern auch auf geographisch-kulturelle Räume; denn
höfische Kleidungspraktiken und Moden weisen im Europa des späteren 15. und
frühen 16. Jahrhunderts bei aller Gemeinsamkeit immer auch länderspezifische
und/oder regionale Eigenheiten auf. Von daher wird im Rahmen einer breiter ange-
legten Untersuchung deutscher Fürsten- und Hofkleidung auch zu fragen sein, wie
55 Informationen hierzu unter www.netzwerk-mode-textil.de (20. Februar 2012).
56 Piponnier, Costume et vie sociale, 1970.
57 Page, Vêtir le prince, 1993.
 
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