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Frieling, Kirsten O.; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Sehen und gesehen werden: Kleidung an Fürstenhöfen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit (ca. 1450 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 41: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34757#0115

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2. Von Stoffen und Gewändern

ganntz köstlich vnnd fürstlich geschmücket vnnd gezieret sind.599 Fürsten schmückten
ihre Kopfbedeckungen ferner mit Goldschmiedearbeiten, die echten Federn nach-
empfunden wurden. Solch eine künstliche Feder stellte zum Beispiel das soge-
nannte Federlin Karls des Kühnen dar.600 Für Herzog Albrecht von Sachsen wurden
1488, als er in die Niederlande aufbrach, von einem Leipziger Goldschmied flidern
und pickarts federn angefertigt.601 Um ein Geschmeide in Federform wird es sich auch
bei der >Straußenfeder< gehandelt haben, die der böhmische Adelige Leo von Roz-
mitäl während seines Besuchs am Hofe Herzog Philipps des Guten von Burgund
zu Gesicht bekam. Er schätzte ihren Wert auf 50.000 Kronen.602 Ob diese Summe
auch nur annähernd dem tatsächlichen Wert von Hut und Feder entsprach, sei da-
hingestellt; für eine echte Feder, selbst für eine mit Edelsteinen und Perlen besetzte,
wäre dieser Preis wohl zu hoch gegriffen.

2.1.7 Hofgewand und Livree: Eine Begriffsklärung
Wie hinsichtlich mittelalterlicher Kleidungsstücke, -materialien und -färben ist in
der Forschung auch in bezug auf die vestimentäre Ausstattung von Dienst- und
Gefolgsleuten eine erstaunliche terminologische Beliebigkeit festzustellen. Sie
scheint vorwiegend aus einer Überlagerung von vager Quellensprache und mehr-
deutigem modernen Sprachgebrauch, bisweilen aber auch von einer gewissen Un-
bedarftheit gegenüber dem Gegenstand herzurühren. Verschiedene Begriffe wie
die zumeist verwendeten Bezeichnungen >Hofkleid<, >Livree<, >Wappenkleid<, >Uni-
form< und >Devisenkleid< werden nicht nur allzu oft parallel benutzt, ohne klar
voneinander abgegrenzt zu werden, sondern häufig sogar synonym gebraucht. Ab-
gesehen davon, daß der Terminus >Gewand< dem Terminus >Kleid< wegen dessen
Ungenauigkeit ohnehin vorzuziehen ist603 und deshalb besser von Hof-, Wappen-
oder Devisengewand gesprochen werden sollte, führt die semantische Unschärfe
leicht zu Mißverständnissen oder stiftet zumindest Verwirrung. Dies gilt beson-
ders für die sich inhaltlich über schneidenden Begriffe >Hofgewand< und >Livree<.
Es erscheint daher angebracht, auch im Hinblick auf die Einkleidung einer Klientel
durch den Fürsten eine begriffliche Präzisierung vorzunehmen.
In der Hofforschung werden sowohl >Hofgewand< als auch >Livree< in zwei
unterschiedlichen Bedeutungen verwendet: In einem weiteren Sinne wird darun-
ter die regelmäßige Verteilung von Stoffen oder Geld zur Herstellung von Kleidung

599 Ebd., S. 118. Siehe auch Abb. 19 im Anhang. Die farbige Reproduktion einer anderen Darstel-
lung findet sich nun bei Spieß, Der Schatz Karls des Kühnen, 2010, S. 276. Nach Boehn, Die
Mode, 1986, S. 107, handelte es sich um eine weiß und eine rot gefärbte Straußenfeder.
600 Siehe Abb. 19. Dazu ausführlich Deuchler, Die Burgunderbeute, 1963, Nr. 8, S. 121-122; auch
Koch-Mertens, Der Mensch und seine Kleider, 2000, S. 181.
601 Bezahlt wurden: 2 fl. 16 gr goltsmide Jacobf Günther zu Liptzk zu machlon von flidern und pickarts
federn, m. gn. Herrn gefertigt. 1 gulden 9 grzu demselben federn vor golt, dem seydenstückern dieselben
in zu machen. Schirmer, Kursächsische Staatsfinanzen, 2006, Anm. 173, S. 183.
602 Des böhmischen Herrn Leo’s von Rozmital Ritter-, Hof- und Pilgerreise, hrsg. von Schmeller,
1844, S. 150. Diesen Hinweis verdanke ich Eike Jure (Erlangen). Dazu Huesmann, Hospitality
at the court of Philip the Good, 2001, S. 65.
603 >Kleid< kann sowohl ganz allgemein ein Synonym für >Kleidungsstück< sein als auch ein spe-
zifisches, durchgehendes Oberbekleidungsstück für Frauen bezeichnen.
 
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