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Frieling, Kirsten O.; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Sehen und gesehen werden: Kleidung an Fürstenhöfen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit (ca. 1450 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 41: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34757#0296

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3.2 Die Kleidung bei Hofe

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legt und und zur Feier ein rot-goldenes Gewand getragen habe.692 Es steht zu ver-
muten, daß es sich mit der übrigen Königsfamilie ebenso verhielt, wohingegen man
über die Trauerkleidung des Hofpersonals allerdings auch in diesem Fall nichts
erfährt.693
Weil konkrete Hinweise meistens fehlen, bleiben nur Erwägungen grundsätz-
licherer Art, um die Zeitspanne, in der das höfische Trauergewand angelegt wurde,
näher einzukreisen. Wenn man bedenkt, welchen zusätzlichen logistischen und
finanziellen Aufwand die Ausstattung des Hofes mit schwarzen Gewändern außer
der Reihe bedeutete694, erscheint es höchst unwahrscheinlich, daß das Tragen von
Trauerkleidung lediglich kurze Zeit anhielt. Wird dazu der generell ausnehmend
pragmatische Umgang mit Kleidungsangelegenheiten bei Hofe in Rechnung ge-
stellt, steht vielmehr zu vermuten, daß die höfischen Trauergewänder mindestens
solange getragen wurden, bis die nächste Sommer- oder Winterhofkleidung fällig
wurde.

3.2.2 Hofgewand, Livree und fürstliche Herrschaft
Mit der Versorgung des Hofes mit Kleidung, die der Fürsorge des Herrn für seine
Dienerschaft entsprang, verfügte der Fürst an der Wende vom Mittelalter zur Neu-
zeit über ein Herrschaftsinstrument, dessen Wirksamkeit nicht unterschätzt wer-
den sollte. Zunächst einmal konnte er über die Hofkleidung das Bild, das der Hof
nach außen abgab, maßgeblich steuern. Indem er das Aussehen der Hofgewänder
festlegte, besaß er stets die Kontrolle über das äußere Erscheinungsbild seiner
Dienst- und Gefolgsleute und stellte sicher, daß diese in einem repräsentativen, ei-
nem Fürstenhof gebührenden Aufzug im Geschmack der Zeit auftraten. Somit er-
weist sich die Hofkleidung als ein geeignetes Mittel höfischer Selbstdarstellung,
das das Prestige des Fürsten mehren helfen konnte.
Seine Wirkung als fürstliches Herrschaftsinstrument entfaltete das Hofge-
wand indes nicht nur in der höfischen Repräsentation, sondern auch in bezug auf
die soziale Ordnung des Hofes. Dadurch, daß er bestimmte, wer welche Stoffe für
692 Die Denkwürdigkeiten der Helene Kottannerin, hrsg. von Mollay, 1971, S. 20; auch Dienst,
Frauenalltag in erzählenden Quellen, 1986, S. 240, die allerdings irrtümlich von der Tauf- statt
von der Krönungsfeier ausgeht. Nach Rüther, Königsmacher und Kammerfrau, 2004, Anm. 41,
S. 237, wurden die Trauergewänder gegen »gelb-rote Festgewänder« eingetauscht. Helene Kot-
tanner stand seit 1436 als Erzieherin in Albrechts Diensten. Ihre >Denkwürdigkeiten< gelten
als die ältesten Frauenmemoiren des deutschen Mittelalters. Siehe Mollay, Kottanner(in), He-
lene, 1991. Zum Bericht der Helene Kottanner nebst quellenkritischer Einordnung. Rüther,
Königsmacher und Kammerfrau, 2004, bes. S. 228-229, S. 243-246.
693 Einen Hinweis ganz anderer Art auf die Trauerzeit am Hof von Savoyen liefern gegen Ende
des 14. Jahrhunderts die chromatischen Beinamen Amadeus' VII. Bevor Amadeus den Beina-
men >Roter Graf< erhielt, den er bis zu seinem Tod behalten sollte und dem er durch regelmä-
ßige Auftritte in roter Kleidung Tribut zollte, wurde er während des Frühjahrs und Sommers
1383 >Schwarzer Graf< genannt, weil er sich wegen des Todes seines Vaters schwarz kleidete.
Dazu Pastoureau, De la croix à la tiare, 1992, S. 92. Demnach trug er über mehrere Monate
hinweg Trauer.
694 Daß Trauerkleidung eine kostspielige Angelegenheit war und voraussetzte, daß man über die
notwendigen finanziellen Mittel verfügte, um sich für die Trauerzeit eine neue Garderobe
zulegen zu können, betont auch Alexandre-Bidon, La Mort au Moyen Age, 1998, S. 168.
 
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