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Frieling, Kirsten O.; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Sehen und gesehen werden: Kleidung an Fürstenhöfen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit (ca. 1450 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 41: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34757#0295

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3. Dresscodes und ihre Entschlüsselung

Leichenbegängnisses, mit dem im November 1500 dem verstorbenen Albrecht von
Sachsen gedacht wurde, ist die Rede davon, daß 24 scinder [...] in laidrocken und lang
kappenzipfel zugegen waren.686 Über Ruprecht von der Pfalz, den Ehemann von Ge-
orgs Tochter Elisabeth, wird berichtet, daß er den Tod seines Schwiegervaters in der
clag betrauert habe.687
Wie lange der Hof im ausgehenden 15. und frühen 16. Jahrhundert Trauer trug,
ist in der Regel nicht mehr zu eruieren.688 Erschwert wird eine Untersuchung dieser
Frage vor allem dadurch, daß Schwarz damals eben nicht nur die Trauer-, sondern
auch eine Modefarbe gewesen ist - und die Schnitte, die ein schwarzes Gewand
gegebenenfalls als Trauerkleidung ausweisen könnten, aus Hofgewandregistern
oder entsprechenden Schneiderrechnungen in der Regel nicht ersichtlich werden.
Selbst in denjenigen Fällen, in denen sich die Quellenlage günstig gestaltet, läßt
sich deshalb die Dauer der Trauer zumeist nicht mehr feststellen. So kann zum
Beispiel nicht einmal den sehr gut dokumentierten Verzeichnissen der sächsischen
Hofschneiderei entnommen werden, ob bzw. für welchen Zeitraum der sächsische
Hof nach dem Tod Kurfürst Friedrichs des Weisen am 5. Mai 1525689 Trauergewän-
der angelegt hat, da sowohl die Sommer- als auch die Winterhofkleidung 1525, wie
das Hofgewand in den Jahren davor und danach auch, ohnehin schwarz gehalten
war.690 Ein Anhaltspunkt, aus dem sich vage auf die Länge der Trauerzeit schließen
läßt, findet sich hingegen fast hundert Jahre früher für den ungarischen Königshof.
Nachdem Albrecht II. von Ungarn am 27. Oktober 1439 gestorben war, kleidete sich
die königliche Familie anscheinend bis zur Krönung von Albrechts damals gerade
mal zwölf Wochen alten Sohn Ladislaus Postumus an Pfingsten 1440 in Trauer.691
Dies legt zumindest ein Bericht der Hofdame Helene Kottanner nahe, in dem es
heißt, daß Ladislaus ältere Schwester anläßlich des freudigen Ereignisses die Ge-
wänder, darinn si den hohen und den teurn fuersten kung Albrechten geklaget het, abge-

henden Mittelalter Bestandteil der Trauerkleidung waren, konnten indessen im untersuchten
Quellenmaterial nicht ausgemacht werden.
686 Wagner, Beiträge zur Entwicklung der Trauertracht, 1969, S. 90.
687 Bericht über das Leichenbegängnis Herzogs Georg von Bayern 1503. Beyträge zur vaterländi-
schen Historie, hrsg. von Westenrieder, Bd. 2, 1789, S. 224; auch Czerny, Der Tod der bayeri-
schen Herzoge, 2005, S. 526. Über die Trauerkleidung der Reichsfürsten und -fürstinnen selbst
ist ansonsten wenig in Erfahrung zu bringen. Einzelheiten sind über die Trauergewänder des
Herzogspaars Ludwig und Anne von Savoyen in den 1440er Jahren überliefert. Vgl. Page, Vêtir
le prince, 1993, S. 117-119.
688 Für die Herzoge von Bayern kommt Czerny, Der Tod der bayerischen Herzoge, 2005, S. 533,
zum selben Ergebnis. Mit Blick auf französische Höfe des 14. Jahrhunderts konstatiert Alex-
andre-Bidon, daß das Tragen von Trauergewändern sowohl der höfischen Prachtentfaltung
als auch der Wiederverheiratung entgegenstand und deshalb »relativement limité dans le
temps« gewesen sei, ohne jedoch einen konkreten Zeitraum zu benennen. Alexandre-Bidon,
La Mort au Moyen Age, 1998, S. 168.
689 Europäische Stammtafeln, hrsg. von Schwennicke, Bd. 1.1, 2005, Tafel 154.
690 Vgl. ThHStA Weimar, Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. Bb 5946 und Forschungsbibliothek
Gotha, Chart. A 233.
691 Albrechts Frau Elisabeth war im fünften Monat schwanger, als ihr Gatte starb. Dienst, Frauen-
alltag in erzählenden Quellen, 1986, S. 234-235. Ladislaus wurde am 22. Februar 1440 geboren
und am 15. Mai desselben Jahres zum König gekrönt. Europäische Stammtafeln, hrsg. von
Schwennicke, Bd. 1.1, 2005, Tafel 41; Nehring, Ladislaus V. Postumus, 1991, Sp. 1611.
 
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