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Frieling, Kirsten O.; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Sehen und gesehen werden: Kleidung an Fürstenhöfen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit (ca. 1450 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 41: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34757#0161

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2. Von Stoffen und Gewändern

zum Knie, bei den Frauen bis zur Wade.895 Daß Fürstinnen und Fürsten nicht nur
schlichtere, leinerne Hemden im Bad anzogen, sondern auch aufwendiger gestal-
tete Badehemden angehabt haben, darauf deuten zum Beispiel die erwähnten Ba-
dehemden Eberhards von Württemberg hin, von denen zwei mit rot-goldenen Gol-
lern - hier wohl ein (Umlege-)Kragen - versehen waren, während zu den beiden
anderen abgenät gollern allerlei) färb gehörten.896 Auf eine standesgemäße fürstliche
Aufmachung im Bad wurde sicherlich vor allem dann Wert gelegt, wenn sich dort,
wie etwa bei größeren Badegesellschaften, eine Begegnung mit Standesgenossen
abzeichnete. Von daher steht zu vermuten, daß auch die von Fürsten und Fürstin-
nen getragenen Bademäntel und Badekittel unter Umständen als Statussymbole
fungieren und dementsprechend repräsentativ ausgeführt sein konnten.897
In der Badestube wurden nebst Badegewändern auch Badehauben oder -hüte
getragen.898 Ein Badehut wird etwa zusammen mit zwei Badehemden in einem In-
ventar der Burg Gansheim aufgeführt.899 Erhalten geblieben ist eine aus Stroh ge-
flochtene Badehaube vom Ende des 16. Jahrhunderts, die aus dem Besitz der bür-
gerlichen Gemahlin Erzherzog Ferdinands II. von Österreich, Philippine Welser,
stammt.900

2.3.1.5 Nachtkleidung
Die Nachtkleidung im weiteren Sinne ähnelte prinzipiell der Badekleidung. Nachts
wurden Hauben aus Stoff aufgesetzt, die auf das Unterschiedlichste geformt sein
konnten, zumeist aber eng am Kopf anlagen.901 Solche Schlafhauben werden etwa
in der Zimmerschen Chronik erwähnt.902 Herzog Eberhard von Württemberg besaß
1497 ein Nachthäubchen (nachthiblin) aus grüner Seide.903 Abgesehen von den Nacht-
hauben - und eventuell >Nocturnalschuhen< (Kühnei)904 - wurde ansonsten wäh-
rend des Mittelalters bis ins 16. Jahrhundert hinein in der Regel wohl unbekleidet
geschlafen; erst dann fanden Nachthemden, zunächst vorwiegend in den oberen

895 Derartige leichte Badehemden dienten auch den Bademägden und Badern als Berufsbeklei-
dung. Kühnei (Hrsg.), Bildwörterbuch der Kleidung und Rüstung, 1992, S. 20; Piponnier,
Mane, Se vêtir, 1995, S. 123. Im Gegensatz zu sonstigen Hemden wurden Badehemden nicht
als Unter-, sondern als Obergewänder getragen.
896 HStA Stuttgart, A 602 WR 448, Bl. 21.
897 Siehe auch unten S. 176.
898 Kühnei (Hrsg.), Bildwörterbuch der Kleidung und Rüstung, 1992, S. 20. Laut Koch-Mertens,
Der Mensch und seine Kleider, 2000, S. 202, handelte es sich bei Badehüten um Strohhüte ohne
Krempe.
899 Bachmann, Inventarliste, 1994, S. 102.
900 Vgl. Abb. 14. Sie wird heute in Schloß Ambras aufbewahrt. Nach Küch, Eine Quelle, 1909,
S. 184, konnten Strohhüte einen Gulden kosten. Möglicherweise hing der relativ hohe Preis
weniger mit dem Materialwert und mehr mit der Kunst der Verarbeitung zusammen.
901 Kühnei (Hrsg.), Bildwörterbuch der Kleidung und Rüstung, 1992, S. 175. Nach Thiel, Ge-
schichte des Kostüms, 2004, S. 176, avancierte die Nachthaube erst im 16. Jahrhundert »zu ei-
nem eigens für das Bett bestimmten Kleidungsstück«.
902 Chronik der Grafen von Zimmern, hrsg. von Decker-Hauff, Bd. 3,1972, S. 341.
903 HStA Stuttgart, A 602 WR 448, Bl. 22. Ein samtenes Schlafhäublein wurde für Graf Konrad zu
Castell während eines Studienaufenthaltes in Dole erworben. Selzer, Blau, 2010, S. 234.
904 Ein Paar nachtschue wird beispielsweise 1517 am Hof von Sachsen angeschafft. ThHStA Wei-
mar, Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. Bb 5936, fol. lv.
 
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