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Frieling, Kirsten O.; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Sehen und gesehen werden: Kleidung an Fürstenhöfen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit (ca. 1450 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 41: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34757#0163

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2. Von Stoffen und Gewändern

Im 15. und frühen 16. Jahrhundert verteilten sich Gewandtruhen und -schränke
in fürstlichen Schlössern auf unterschiedliche Räume, so daß Kleidung und dafür
benötigte Materialien an verschiedenen Orten auf be wahrt wurden. Da in gewis-
sem Maße ein Zusammenhang zwischen dem Aufbewahrungsort - etwa der
Schloßkapelle, den herrschaftlichen Wohnräumen, der Hofschneiderei oder der Sil-
berkammer - und der Zweckbestimmung der dort aufgehobenen Kleidung respek-
tive Gewandmaterialien bestanden zu haben scheint, gewährt der Lagerplatz zu-
weilen Aufschluß über deren Verwendung. So enthielten die Gewandtruhen, die
1483 in der Harnischkammer auf Schloß Sigmundsburg standen913, wahrscheinlich
Kleidungsstücke, die mit der Rüstung kombiniert wurden.
Meßgewänder wurden zumeist zusammen mit liturgischen Geräten und Tex-
tilien sowie Meßbüchern in der Schloßkapelle verwahrt. Auf Schloß Pergine des
Herzogs Sigismund von Österreich befanden sich einem Inventar aus dem Jahre
1446 zufolge in der Kapelle ein Meßgewand und daneben ein Altarstein, ein Kelch,
ein Meßbuch aus Papier, zwei kleine Meßkannen und vier Altartücher.914 In der
Kapelle der Sigmundsburg wurden für das Jahr 1490 drei Meßgewänder mit alben
vnd aller irer zuegehör verzeichnet, außerdem unter anderem ein Meßbuch, drei alte
Altartücher, ein kupferner Weihrauchkessel und ein kleines Messingglöckchen.915
Auch der deutsche Orden in Preußen bewahrte Meßgewänder zusammen mit litur-
gischen Geräten in den vier Sakristeien der Marienkirche auf der Marienburg auf.916
Fürsten und Fürstinnen lagerten ihre eigene Kleidung griffbereit in ihren
Wohnräumen, wobei die Gewänder häufig zusammen mit anderen Textilien wie
Stoffen, Tüchern, Decken, Bett- oder Handtüchern aufgehoben wurden. Gewand-
truhen befanden sich etwa 1483 in der herzoglichen Kammer auf Schloß Sigmunds-
burg917 und 1477 im alten Frauenzimmer der Feste Ehrenburg.918 Die Gewandtruhe,
die 1498 in der herzoglichen Stube von Schloß Thaur stand, war mit einem Schloß
versehen, so daß sie bei Bedarf abgeschlossen werden konnte.919 Gräfin Barbara von
Württemberg verstaute ihre Gewänder 1491 in mehreren Truhen, von denen eine in
ihrer Schlafkammer aufgestellt war920; diese enthielt unter anderem Hemden und
vier Schauben.921 Manche von Barbaras Kleidungsstücken - einige Goller, Ärmel
und Brusttücher sowie eine Haube - wurden gesondert in einer schmiedeeiser-
nen Lade (schmidellad) aufbewahrt, vermutlich weil sie wegen ihrer reichhaltigen

913 Zingerle, Mittelalterliche Inventare, 1909, S. 105.
914 Ebd., S. 86.
915 Ebd., S. 110-111. Weitere Beispiele Ebd., S. 19-20, S. 42-43, S. 136, S. 182-183. Die Albe ist ein
liturgisches, mittelalterliches Untergewand. Kühnei (Hrsg.), Bildwörterbuch der Kleidung
und Rüstung, 1992, S. 4.
916 Jähnig, Organisation und Sachkultur der Deutschordensresidenz Marienburg, 1990, S. 68. Bei
den von Cartellieri, Am Hofe der Herzoge von Burgund, 1926, S. 31, erwähnten, in der Sakris-
tei aufbewahrten kostbaren Gewändern wird es sich wohl ebenfalls um liturgische Kleidung
gehandelt haben.
917 Zingerle, Mittelalterliche Inventare, 1909, S. 105.
918 Ebd., S. 15.
919 Ebd., S. 142.
920 Vgl. HStA Stuttgart, A 602 WR 380a, Bl. 16-20.
921 Ebd., Bl. 20. Vielleicht dienten diese Hemden und Schauben als Nacht- bzw. Morgenbeklei-
dung.
 
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