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Frieling, Kirsten O.; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Sehen und gesehen werden: Kleidung an Fürstenhöfen an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit (ca. 1450 - 1530) — Mittelalter-Forschungen, Band 41: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34757#0248

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3.2 Die Kleidung bei Hofe

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Schuhe wurden als regulärer Bestandteil des Lohns ausgegeben und/oder vom
Dienstherrn außer der Reihe als Gratifikationen, etwa für besondere Dienste, ver-
schenkt.410 Oftmals waren solche vestimentären Gaben in Wappen- oder Devisen-
farben gehalten. So kleideten Städte wie Basel, Bern, Zürich, Köln oder Regensburg
ihre Boten in den jeweiligen Stadtfarben ein und beschenkten Boten und Söldner
mit Tuchen oder Gewändern, die die städtischen Farben auf wiesen.411 Die Stadt Re-
gensburg schaffte beispielsweise im Vorfeld des Reichstags von 1471 für die wach-
habenden Fußknechte 260 rot-weiße Hüte an und versah Söldner, Wachbüttel und
andere (ebenfalls bewaffnete?) Dienstleute mit Röcken.412
Erstattungen des Solds in Form von Gewändern sowie farblich einheitliche
Kleidung für Gruppen sind ebenso aus dem zeitgenössischen Heerwesen bekannt.
Als Wilwolt von Schaumburg im Auftrag Herzog Albrechts von Sachsen in Fries-
land Krieg führte und die knecht nach vier Wochen iren monatsolt einforderten, bat
[er] sie nach dem etlich und der merer tail nit wol gekleidet, das ir ieder ein kleidung, wie den
ir gewonheit, zu tragen, für den soit nemen soit. Die Knechte sagtens zue, woraufhin Her
Wilwolt schickt gen Antorf zu den kaufleuten, die mit seinen herren den handl hetten, und
dann von diesen so vii gewants geschickt bekam, das er all sein knecht weis und schwarz
über ein kleiden lies.413 Jeweils in farblich identischen Gewändern führten auch die
Bischöfe von Münster und Basel 1474 ihre Truppen in den Kampf gegen den Neuß
belagernden Herzog von Burgund. Während der Bischof von Münster seine Leute
in Grün ausstaffierte414, kleidete der Basler Bischof Johannes von Venningen mille
viros rubeis tunicis divisione in brachio sinistro sangwineo et albo circulo413.
Das Tragen einförmiger Gewänder ist nicht zuletzt für deutsche Adelsgesell-
schaften belegt, die zwischen der Mitte des 14. und dem Ende des 15. Jahrhunderts
vornehmlich im Südwesten des Reiches gegründet wurden.416 Die Gesellen der St.
Wilhelmsgesellschaft kleideten sich beispielsweise in einen blauen Waffenrock mit

410 Vgl. Crawford, Clothing Distributions, 2004.
411 Groebner, Gefährliche Geschenke, 2000, S. 87-88. Auch Seggern, Herr scher medien, 2003,
S. 397, weist darauf hin, daß Stadtboten Kleidung in den Stadtfarben trugen. Ausführlich zur
Stadtdienerkleidung nun Selzer, Blau, 2010, S. 200-211.
412 Ausgaben gemäß den Aufzeichnungen im Cameralbuch. Deutsche Reichstagsakten, Altere
Reihe, Bd. 22.2, hrsg. von Wolff, 1999, S. 899: Item wir gaben dem Jäncko hueter umb 200 und 60 hüet
den fus[s]knecht, die stäts auf dr gassen gingen, ir für 1 huet 6 dn., und von iedem huet rot und weis
värben 8 haller [Gemeint Helbling?], trinkgelt 8 dn. macht alles 10 Ib. dn. Und: Item so haben wir geben
den Söldnern wachpüteln und andern 38 rock genecz und geschoren, gestend ie 1 rock, dem andern zu
hilf mit den käppiein und ausserhalb der pfeufer und statknecht rock, Vi Ib. 4 dn., macht 19 Ib. 5ß 2 dn.
413 Alle Zitate: Die Geschichten und Taten Wilwolts von Schaumburg, hrsg. von Keller, 1859,
S. 172. Erg. durch die Vert. An anderer Stelle wird berichtet, daß Wilwolt Albrecht schriftlich
mitteilte, wie er mit den fünzehen hundert, so er im geben, und dem gewant, damit er die knecht geklei-
det, Ost- und Westfrieslant, darzue die von Sibenwalden eingenommen. Ebd., S. 175.
414 Commynes, Memoiren, 1952, S. 138: Mir wurde gesagt, daß der Bischof von Münster, der nicht ein-
mal zu den Großen gehörte, sechstausend Fußknechte, eintausendvierhundert Reiter und eintausend-
zweihundert Wagen stellte; alle Leute waren grün gekleidet.
415 Rot und Weiß sind sowohl die Farben des Bistums als auch die Farben des Hauses von Ven-
ningen. Basler Chroniken, Bd. 2, hrsg. von Vischer, 1880, S. 96. Bei anderer Gelegenheit stattete
von Venningen 1000 Mann mit rubeis tunicis indutos cum liberaria sua sive divisione, videlicet in
brachio sinistro sangwinei et albi coloris aus. Ebd., S. 93.
416 Vgl. dazu Ranft, Adelsgesellschaften, 1994, bes. S. 28-30, die Karte auf S. 33 und Tabelle 1 auf
S. 259; ferner Kruse, Paravicini und Ranft (Hrsg.), Ritterorden und Adelsgesellschaften, 1991.
 
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