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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 11.1912

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Nr. 7
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Brinckmann, Albert E.: Neue Kruppsche Arbeitssiedlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.48361#0422

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•— Neuere Kruppsche Arbeitersiedlungen -

V Es klingt sehr einfach, wenn der nachhaltige
Eindruck dieser neueren Kruppschen Arbeitersied-
lungen auf die Stärke der räumlichen Vorstellungs-
kraft des schaffenden Architekten zurückgeführt
wird. Und man macht vielleicht auch den Einwand,
dass hier nicht die Schöpfung eines einzigen Archi-
tekten vorliegt, sondern der verdienstvolle Ressort-
chef des Kruppschen Baubureaus, Kgl. Baurat
R. Sc hm oh 1 mit einer Anzahl tüchtiger Archi-
tekten wie Henning, Leikert, Schneegans,
Seiffert zusammenarbeitet. Trotzdem wird die
Gesamtarbeit von dieser starken Kraft durchströmt.
Vermag sie sich wie hier wirklich durchzusetzen, so
bedeutetdas ungeheuer viel. Behrens, Bernoulli, Bil-
ling, Kreis, March, Muthesius, Bruno Paul — um
verschiedenste Ausdrucksformen zu wählen — ver-
danken ihr eigentlich alles, und ist sie einmalvondem
Schaffenden für sich gewonnen, so behält jede Willkür,
die in den Händen des Unfähigen wertloses Beiwerk
ist,ihre innerliche Gesetzmässigkeit. Wir haben in der
modernen Architektur erlebt, dass es die Konzentra-

tion auf den Zweck war, also auf etwas Abstrakt-
Unformales — denn trotz aller Gegenbehauptungen
hiesse,, demZweck Form geben “die absolute und daher
ungestaltbare Form finden — die die Schaffenden von
allem Reichtum ihrer Vorstellungen entnüchterteund
sie wie in der Stereometrie den Schüler mit den ein-
fachsten Körpern beginnen liess. Der Zwang, für die
Kruppsche Siedelungen einfacheBedürfnisse in Form
zu fassen, von dieser Form allen Schmuck weg-
zulassen, und das Verlangen, dem nackten Haus-
klotz irgend welchen Ausdruck zu geben, brachte
dazu, mit aller architektonischen Empfindungs- und
Gestaltungskraft Volumen zu durchleben und in
dieser äussersten Primitivität zum Ausdruck zu
kommen. Diese Selbstzucht wirkt weiter in den
jüngsten Kruppschen Siedlungen, in denen reicher
und freier die Gestaltungskraft quillt, und die Er-
kenntnis von ihrem Vermögen ist auch für den
Architekten, der dem Kleinwohnungsbau ferner
steht, ein Gewinn. Denn sie ist der Angelpunkt
jeglichen architektonischen Schaffens. V


KRUPPSCHES BAUBUREAU, ESSEN. — LEITER: KGL. BAURAT R. SCHMOHL
Die Kolonie Alfredshof (neuer Teil). Hauseingänge
 
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