ig8
Bardini
Bronzeherme
Statue Neapel
Kalkmanns Mittelzahlen
Kinn bis Scheitel.
• • 300
298
310
—
Kinn bis Haargrenze.
■ • 197
200
200
I99V2
Innerer Augenwinkel bis Kinn . .
. . 120
121
124
124 3/4
Abstand der äußeren Augenwinkel
• • 97
100
104
99 3A
Ohrläppchenabstand.
. . 152
U2
161
VS
Die größeren Abweichungen betreffen fast sämmtlich nur den Statuenkopf,
dessen schon für das Auge sehr empfindlich hervortretende Derbheit sie ziffer-
mäßig ausdrücken.
Somit ist der „Athlet Bardini“ keine Bereicherung der Liste Polykletischer
Werke, nur ein amüsanter Pasticcio, den ein Kobold aus dem Torso eines Diadu-
menos und dem Haupt eines Doryphoros zusammengeklebt hat. Man wüsste
wohl gern, ob von ungefähr, oder mit kunstgeschichtlichem Raffinement auf
uns entdeckungsfrohe Archäologen speculierend. War solch ein Schabernack die
Absicht, dann ist er staunenswert gut gelungen. Deshalb schien es mir geboten,
ihm rasch ein Ende zu machen. Ploffentlich gelingt mir das auch beim Heraus-
geber des interessanten Stückes, der freilich im vorigen Jahrgang dieser Zeit-
schrift (S. 191) vorgezogen hat, ein von ihm früher publiciertes Flickwerk von
noch größerer Disharmonie, das allerdings zur Zeit nur in einem einzigen Gips-
abguss aus der Mengsschen Sammlung, nicht im Original bekannt ist, einem
guten antiken Copisten zuzumuthen, statt den ihm von Paul Herrmann nachge-
wiesenen Sachverhalt anzuerkennen. Und doch ist an dem wirksamen Tröste
„socios habuisse malorum“ auch da kein Mangel; einen anders gearteten, aber
doch auch in seiner Weise recht schlimmen Fall kann ich aus meiner eigenen
Vergangenheit zur Verfügung stellen.15)
Dem Pasticcio selbst aber ist zu wünschen, dass sein einsichtiger Besitzer
ihn wieder in seine Theile auflöse. Die antiken unter ihnen sind dann vielleicht
gründlicher, als es hier versucht werden konnte, zu verwerten für die alte, aber
doch noch in ihren Anfängen steckende, schwierige, aber auch unumgängliche Arbeit
kunstgeschichtlicher Textkritik, aus den zahlreichen, verschiedenartig verderbten
Abschriften nach Möglichkeit den Wortlaut der Archetypen wiederherzustellen.16)
Leipzig, April 189g. FRANZ STUDNICZKA.
15) Athen. Mitth. 1886 XI 360, 6; vgl. dagegen
’Ecp7]|JU apx- 1888 p. 85 f. zu Taf. 3 (Sopkulis) und
Overbeck, Geschickte der griechischen Plastik I4 205.
16) Wenigstens unter dem Texte soll eine Frage
ausgesprochen werden, die zu entscheiden mir noch
nicht möglich gewesen ist: ob nicht von unserem
Diadumenos noch der rechte Unterschenkel erhalten
ist, und zwar fälschlich zur Ergänzung einer gleich-
falls aus Borgkesisckem Besitze herrührenden Statue
verwendet, die neulich Herr Jacobsen in Kopenhagen
erworben hat. Es ist eine Replik des Dresdener auf-
gestützten Herakles, Arch. Anz. 1894 S. 25, 4 (P.
Herrmann), die erste dieses Typus mit zugehörigem,
ungebrochenem Kopfe, der bärtig und lebhaft, fast
„ frühskopasisch “ aufblickend, alles eher ist als
Polykletisch.
Bardini
Bronzeherme
Statue Neapel
Kalkmanns Mittelzahlen
Kinn bis Scheitel.
• • 300
298
310
—
Kinn bis Haargrenze.
■ • 197
200
200
I99V2
Innerer Augenwinkel bis Kinn . .
. . 120
121
124
124 3/4
Abstand der äußeren Augenwinkel
• • 97
100
104
99 3A
Ohrläppchenabstand.
. . 152
U2
161
VS
Die größeren Abweichungen betreffen fast sämmtlich nur den Statuenkopf,
dessen schon für das Auge sehr empfindlich hervortretende Derbheit sie ziffer-
mäßig ausdrücken.
Somit ist der „Athlet Bardini“ keine Bereicherung der Liste Polykletischer
Werke, nur ein amüsanter Pasticcio, den ein Kobold aus dem Torso eines Diadu-
menos und dem Haupt eines Doryphoros zusammengeklebt hat. Man wüsste
wohl gern, ob von ungefähr, oder mit kunstgeschichtlichem Raffinement auf
uns entdeckungsfrohe Archäologen speculierend. War solch ein Schabernack die
Absicht, dann ist er staunenswert gut gelungen. Deshalb schien es mir geboten,
ihm rasch ein Ende zu machen. Ploffentlich gelingt mir das auch beim Heraus-
geber des interessanten Stückes, der freilich im vorigen Jahrgang dieser Zeit-
schrift (S. 191) vorgezogen hat, ein von ihm früher publiciertes Flickwerk von
noch größerer Disharmonie, das allerdings zur Zeit nur in einem einzigen Gips-
abguss aus der Mengsschen Sammlung, nicht im Original bekannt ist, einem
guten antiken Copisten zuzumuthen, statt den ihm von Paul Herrmann nachge-
wiesenen Sachverhalt anzuerkennen. Und doch ist an dem wirksamen Tröste
„socios habuisse malorum“ auch da kein Mangel; einen anders gearteten, aber
doch auch in seiner Weise recht schlimmen Fall kann ich aus meiner eigenen
Vergangenheit zur Verfügung stellen.15)
Dem Pasticcio selbst aber ist zu wünschen, dass sein einsichtiger Besitzer
ihn wieder in seine Theile auflöse. Die antiken unter ihnen sind dann vielleicht
gründlicher, als es hier versucht werden konnte, zu verwerten für die alte, aber
doch noch in ihren Anfängen steckende, schwierige, aber auch unumgängliche Arbeit
kunstgeschichtlicher Textkritik, aus den zahlreichen, verschiedenartig verderbten
Abschriften nach Möglichkeit den Wortlaut der Archetypen wiederherzustellen.16)
Leipzig, April 189g. FRANZ STUDNICZKA.
15) Athen. Mitth. 1886 XI 360, 6; vgl. dagegen
’Ecp7]|JU apx- 1888 p. 85 f. zu Taf. 3 (Sopkulis) und
Overbeck, Geschickte der griechischen Plastik I4 205.
16) Wenigstens unter dem Texte soll eine Frage
ausgesprochen werden, die zu entscheiden mir noch
nicht möglich gewesen ist: ob nicht von unserem
Diadumenos noch der rechte Unterschenkel erhalten
ist, und zwar fälschlich zur Ergänzung einer gleich-
falls aus Borgkesisckem Besitze herrührenden Statue
verwendet, die neulich Herr Jacobsen in Kopenhagen
erworben hat. Es ist eine Replik des Dresdener auf-
gestützten Herakles, Arch. Anz. 1894 S. 25, 4 (P.
Herrmann), die erste dieses Typus mit zugehörigem,
ungebrochenem Kopfe, der bärtig und lebhaft, fast
„ frühskopasisch “ aufblickend, alles eher ist als
Polykletisch.