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Porträtkopf des Platon.
(Tafel IV.)
Während das geistige Bild Platons sich in herrlicher Klarheit aus seinen
Schriften überlieferte, ist sein Porträt bis vor kurzem unbekannt geblieben. Die
Idealtypen, welche man seit den Zeiten der Renaissance auf Platon zu deuten
pflegte, sind längst als Darstellungen des bärtigen Dionysos erkannt. Auch
eine von Emil Braun veröffentlichte epigraphe Statuette1) und eine epigraphe
Büste der Uffizien2) galten fälschlich als Bilder des großen Philosophen, da
sich an der Statuette der Kopf als modern, an der Büste die Inschrift als unecht
erwies. Erst eine unlängst in das königl. Museum zu Berlin gelangte Herme mit
echtem Kopf und echter Aufschrift gab der Forschung einen Anhalt.3) Wie
flüchtig und gemein sie auch ausgeführt ist, so setzte sie doch Wolfgang Helbig,
der sie zuerst veröffentlichte,4) in den Stand, aus den Sammlungen Roms sechs
übereinstimmende Köpfe nachzuweisen, welche auf ein Bronzeoriginal des vierten
Jahrhunderts zurückgehen und in näherer Begründung von Franz Winter auf
die Statue des Silanion' bezogen worden sind.5) Der Aufzählung Helbigs haben
dann Salomon Reinach und Konrad Wernicke zwei weitere Exemplare, eines in
Cambridge und ein anderes im Louvre aus Smyrna, angeschlossen;6) auch ist
neuerdings das in Torre Annunziata gefundene Philosophenmosaik hinzuge-
kommen, in dessen Hauptfigur Sogliatio und unabhängig Mau7) mit anscheinlichem
1) Monum dell’ inst. III 7; Annali XI 207;
Baumeister, Denkmäler III 1334 n. 1490; Treu,
Arch. Anzeiger VI 12; IG-SI 1200.
2) Dütschcke III 190 n. 393; E. Q. Visconti,
Iconogr. gr. I tav. XVIII a; Schuster, Portraits der
griechischen Philosophen II I S. 12; IGSI 1198. —
Modern sind auch drei weitere Namensaufschriften:
eine in Madrid (Hübner, Die antiken Bildwerke
108 n. 170; in IGSI fehlend), zwei im Capitol
(IGSI 1198; Nuova descrizione del Museo Capito-
lino, Roma 1882 S. 11 n. II; S. 91 n. T3), alle
an Dionysosbildern, desgleichen die Münz- und
Gemmenlegenden, Mon. delP inst. III 7, wie Heyde-
mann, Jenaer Literaturzeitung 1876 S. 478 fr. nach-
wies. Echt dagegen außer der Berliner (Anm. 4)
und derjenigen der Braun sehen Statuette (Anm. 1)
die Inschriften einer im 16. Jahrhundert in Rom ge-
fundenen kopflosen Herme (CIG III 6102; Lafreri,
Speculum tab. XVI nach Schuster a. a. O.; in IGSI
fehlend) und einer bei Tivoli gefundenen zweiten, die
nach Henzen auch ,kopflos* war, nach Secchi den Kopf
,beschädigt* hatte (IGSI 1196), beide jetzt verschollen.
Nach Winckelmann, Kunstgeschichte VII 2, 77 ist ein
Platon ,mit dem alten Namen auf der Brust* beim
Transport nach Spanien zu Ende des 17. Jahr-
hunderts untergegangen. Vgl. Michaelis, Ancient
marbles 277 n. 4.
3) Beschreibung der antiken Skulpturen n. 300;
IGSI 1199.
4) W. Helbig, Jahrbuch I Taf. 6; 7; S. 71 ff.
5) F. Winter, Jahrbuch V 153 ff.; Overbeck,
Geschichte der griechischen Plastik II 4 10; Col-
lignon, Histoire de la sculpture grecque II 346.
6) Salomon Reinach, American journal IV pl.
I p. I ff.; K. Wernicke, Jahrbuch V 169 ff.
7) Notizie clegli scavi 1897 S. 337 (Sogliano);
Römische Mittheil. XII 328 (Petersen, Mau); Archiv
für Geschichte der Philosophie XI 171 (Chiapelli,
L. Stein); Jahrbuch XIII 121 (Diels, Conze);
Helbig, Führer II2 83. — An Platon erinnerte
mich lebhaft das Fragment eines bärtigen Porträt-
kopfes aus Marmor, das ich im Frühjahr 1886 am
damaligen Eingänge der Akropolis unter den östlich
vor dem Sammlungshäuschen aufgehäuften ScuJpturen
Porträtkopf des Platon.
(Tafel IV.)
Während das geistige Bild Platons sich in herrlicher Klarheit aus seinen
Schriften überlieferte, ist sein Porträt bis vor kurzem unbekannt geblieben. Die
Idealtypen, welche man seit den Zeiten der Renaissance auf Platon zu deuten
pflegte, sind längst als Darstellungen des bärtigen Dionysos erkannt. Auch
eine von Emil Braun veröffentlichte epigraphe Statuette1) und eine epigraphe
Büste der Uffizien2) galten fälschlich als Bilder des großen Philosophen, da
sich an der Statuette der Kopf als modern, an der Büste die Inschrift als unecht
erwies. Erst eine unlängst in das königl. Museum zu Berlin gelangte Herme mit
echtem Kopf und echter Aufschrift gab der Forschung einen Anhalt.3) Wie
flüchtig und gemein sie auch ausgeführt ist, so setzte sie doch Wolfgang Helbig,
der sie zuerst veröffentlichte,4) in den Stand, aus den Sammlungen Roms sechs
übereinstimmende Köpfe nachzuweisen, welche auf ein Bronzeoriginal des vierten
Jahrhunderts zurückgehen und in näherer Begründung von Franz Winter auf
die Statue des Silanion' bezogen worden sind.5) Der Aufzählung Helbigs haben
dann Salomon Reinach und Konrad Wernicke zwei weitere Exemplare, eines in
Cambridge und ein anderes im Louvre aus Smyrna, angeschlossen;6) auch ist
neuerdings das in Torre Annunziata gefundene Philosophenmosaik hinzuge-
kommen, in dessen Hauptfigur Sogliatio und unabhängig Mau7) mit anscheinlichem
1) Monum dell’ inst. III 7; Annali XI 207;
Baumeister, Denkmäler III 1334 n. 1490; Treu,
Arch. Anzeiger VI 12; IG-SI 1200.
2) Dütschcke III 190 n. 393; E. Q. Visconti,
Iconogr. gr. I tav. XVIII a; Schuster, Portraits der
griechischen Philosophen II I S. 12; IGSI 1198. —
Modern sind auch drei weitere Namensaufschriften:
eine in Madrid (Hübner, Die antiken Bildwerke
108 n. 170; in IGSI fehlend), zwei im Capitol
(IGSI 1198; Nuova descrizione del Museo Capito-
lino, Roma 1882 S. 11 n. II; S. 91 n. T3), alle
an Dionysosbildern, desgleichen die Münz- und
Gemmenlegenden, Mon. delP inst. III 7, wie Heyde-
mann, Jenaer Literaturzeitung 1876 S. 478 fr. nach-
wies. Echt dagegen außer der Berliner (Anm. 4)
und derjenigen der Braun sehen Statuette (Anm. 1)
die Inschriften einer im 16. Jahrhundert in Rom ge-
fundenen kopflosen Herme (CIG III 6102; Lafreri,
Speculum tab. XVI nach Schuster a. a. O.; in IGSI
fehlend) und einer bei Tivoli gefundenen zweiten, die
nach Henzen auch ,kopflos* war, nach Secchi den Kopf
,beschädigt* hatte (IGSI 1196), beide jetzt verschollen.
Nach Winckelmann, Kunstgeschichte VII 2, 77 ist ein
Platon ,mit dem alten Namen auf der Brust* beim
Transport nach Spanien zu Ende des 17. Jahr-
hunderts untergegangen. Vgl. Michaelis, Ancient
marbles 277 n. 4.
3) Beschreibung der antiken Skulpturen n. 300;
IGSI 1199.
4) W. Helbig, Jahrbuch I Taf. 6; 7; S. 71 ff.
5) F. Winter, Jahrbuch V 153 ff.; Overbeck,
Geschichte der griechischen Plastik II 4 10; Col-
lignon, Histoire de la sculpture grecque II 346.
6) Salomon Reinach, American journal IV pl.
I p. I ff.; K. Wernicke, Jahrbuch V 169 ff.
7) Notizie clegli scavi 1897 S. 337 (Sogliano);
Römische Mittheil. XII 328 (Petersen, Mau); Archiv
für Geschichte der Philosophie XI 171 (Chiapelli,
L. Stein); Jahrbuch XIII 121 (Diels, Conze);
Helbig, Führer II2 83. — An Platon erinnerte
mich lebhaft das Fragment eines bärtigen Porträt-
kopfes aus Marmor, das ich im Frühjahr 1886 am
damaligen Eingänge der Akropolis unter den östlich
vor dem Sammlungshäuschen aufgehäuften ScuJpturen