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Österreichisches Archäologisches Institut [Editor]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 2.1899

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Gurlitt, Wilhelm: Vorbericht über Ausgrabungen in Pettau, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22624#0335

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mit Hilfe der Inschrift CIL III 1568 aus Meha-
dia. Sie gehört, wie die Consulnamen Barbarus
und Regulus zeigen, in das Jahr 157 n. Chr. Die
Inschrift ist eine Weihung des Felix Rufi. Saturnini
c(onductorum) p(ublici) p(ortorii servus) an Hercules
Augustus. Die Annahme von Patsch (S. i g7), dass
der Sclave Felix als Eigenthum der beiden Zoll-
pächter C. Antonius Rufus und T. Iulius Saturninus
bezeichnet werden sollte, wird glänzend bestätigt
durch unsere Inschrift 2, in der derselbe Felix als
zur Sclavenfamilie des Antonius Rufus gehörig er-
scheint. Auch die Vermuthung desselben Gelehrten
(S. 198, 1), dass außer Rufus und Saturninus noch
Q. Sabinius Veranus dieser societas von illyrischen
Zollpächtern angehört habe, so dass wir für das
Jahr 157 eine Gesellschaft von drei Zollpächtern an-
zunelimen haben, wie für die Jahre 161 —168 n. Chr.
die der drei Julier Januarius, Capito, Epaplrroditus
bezeugt ist (Mommsen CIL III zu n. 753), findet
in den neuen Inschriften ihre Bestätigung, da hier
(n. 3) gleichzeitig mit Antonius Rufus Sabinius
Veranus als Zollpächter auftritt. Somit müssen die
Inschriften des Mithraeums zwischen ca. 157 und 161
n. Chr. gehören. Ob es möglich ist, dieselben vor
157 anzusetzen, bleibt zweifelhaft. Denn die Be-
ziehung der Zeichen ANNO • XI in Z. 4 der schlecht
überlieferten Inschrift aus Mehadia auf das II. Ge-
schäftsjahr der societas, die Patsch annimmt, ist,
obgleich sie durch die Wachstäfel XXIII CIL III
958 (T. Iuli Saturnin(i) conduct(oris) I]4yr(ici) ann(o)VI
empfohlen wird, nicht ganz sicher. Wenn diese
Erklärung aber das Richtige treffen sollte, so würde
sich für unsere Inschriften die Zeit zwischen 147—161
n. Chr. ergeben. Jedenfalls gehört unser Mithraeum
zu den ältesten der bisher bekannten. Cumont (in
Roschers Lexikon der griech. und röm. Mythol. II
3033) zählt nur vier auf, die sicher älter sind.

Die n. 5 und 6 müssen jünger sein, da sich 5
auf eine Restauration bezieht und 6 offenbar zu
diesem damals errichteten Monumente gehört. Dies
beweisen auch die Buchstabenformen und die beiden
Ligaturen in n. 6. Genaueres lässt sich nicht be-
stimmen, da weder der manceps C. Caecina Calpurnius,
der den Neubau gepachtet und ausgeführt hatte, noch
der scrutator Theodorus sonsther bekannt sind. Doch
wird man die Inschriften nach dem Schriftcharakter
nicht später als in den Anfang des dritten Jahr-
hunderts n. Chr. setzen wollen.

3) Ich habe meinem Collegen H. Schenkt für den gefäl-
ligen Nachweis dieser Glossen zu danken. Eine Stelle aus

Von einem zweiten Mithraeum, welches inner-
halb der jetzigen Stadt Pettau am linken Drau-
ufer am oberen Ende der Herrengasse beim ehe-
maligen Dominicanerkloster (jetzt Kaserne) gelegen
hat, zeugen vier Inschriften CIL III 4039; 4041;

4042; Suppl. 10874 (= Cumont, Textes et mon. 145
n. 354—357)- Dies Mithräum, das Aurel(ius) Iustinia-
nus, dux (Pannoniae primae et Tliraciae ripensis nach
Mommsen zu n. 4039) restituierte, muss nach den
Angaben, die A. v. Premerstein (Arch.-epigr. Mitth.
X 235) auf dieses Gebäude bezieht, größer und glanz-
voller gewesen sein als das von mir aufgedeckte.
Es sind aber keine Sculpturen von demselben erhal-
ten, und ergeben die Inschriften auch nichts Neues
für den Mithrascult.

Anders verhält es sich mit den Inschriften aus
dem Mithräum von Unter-Haidin. Zwar Weihungen
an die petra genetrix sind häufig genug (Zusammen-
stellung im Index zu Cumont, Textes et mon. 533, 1).
Sehr bemerkenswert ist aber die einzig dastehende
Weihung an die Natura Dei, welche auf der Basis
unter der Felsengeburt des Gottes erscheint. Mein
erster Gedanke war, dass diese Weihung der
,Natur', dem ,Wesen' des Gottes gelte, die sich dem
Eingeweihten in dem Hervorgehen des lichtspen-
denden Gottes aus dem Dunkel des Steines oder
der Grotte offenbare. Ist doch die Bezeichnung D’sog
sy Ttsipocc, für Mitliras gerne von den Alten als
die kürzeste und charakteristischeste gewählt worden.
Ich habe aber diese Auffassung dem entschiede-
nen und begründeten Einspruch Cumonts gegen-
über aufgegeben. Natura ist hier in freilich seltenem
Gebrauch als ,Geburt' aufzufassen, und dies wird
neben der Abstammung des Wortes von nasci—natus,
wie genitura von gignere—genitus, worauf Cumont
hinweist, durch die folgende Glosse bewiesen: G.
Goetz, Corp. glossar. Latin. IV 122, 24: natura, corpus
ingenium genitura (aus den glossae cod. Vat. 3321;
dieselbe wiederholt in den glossae Affatim Goetz IV
540, 25 und im glossarium Amplonianum secundum
V 312, 39.3) Dazu kommt, dass der Altar für die
petra genetrix, wie die Fundthatsachen beweisen, in
ebenso engem Zusammenhang mit der Sculptur (4)
stand, wie die Sculptur mit dem stiertragenden
Gotte (5) zu dem vor ihm stehenden Altar (6). Es ist
hier also derselbe religiöse Gedanke in zwei Monu-
menten ausgedrückt, der in der Weihung aus Trient
CIL V 5020 (= Cumont 125 n. 183): Gen(etric)i|

der römischen Literatur zu finden, in der natura zweifellos
in dieser Bedeutung vorkommt, ist uns nicht gelungen.
 
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