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Grothe, Hugo [Oth.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 2.1911/​1912

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Hartmann, Martin: Über einige Anlagen und Bauwerke Jarkends (Chinesisch Turkestan)
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https://doi.org/10.11588/diglit.69723#0044

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Über einige Anlagen und Bauwerke Jarkends (Chinesisch Turkestan).

zwei über Eck stehenden Feldern, während die
andern vier Nischen eine flache Hinterwand haben
(eine enthält die Tür). Die Anordnung der Ver-
zierungen ist folgende:
Die Kuppel zeigt am untern Rande das chine-
sische Wolkenband, aus welchem Stengel mit
Blumen nach der Mitte zu streben; es läßt sich
nicht mehr erkennen, wie weit die Ornamentierung
durchgeführt war; der größere Teil der Kuppel-
verzierung ist stark beschädigt
Die Trommel (der untere, steil aufsteigende
Teil der Kuppel) ist in 32 Felder so geordnet,
daß immer ein Feld mit Schrift und ein Feld mit
Blendnische abwechseln; oben läuft eine Schrift-
borte, die in 16 Kartuschen so geteilt ist, daß
Kartusche 1 über der Mitte von Schriftfeld 1 be-
ginnt und über der Mitte von Schriftfeld 2 endet
und so fort
Auf den Oktogonseiten hat des Rahmens
oberer Rand abwechselnd 10 und 8 Kartuschen
in 2 Reihen; die horizontal laufende Schrift der
Rahmenpfosten gehört zusammen mit der Schrift
des anstoßenden Rahmenpfostens, obwohl die
Pfosten im Winkel zueinander stehen. Die Füllung
zeigt einen Rahmen, dessen Schrift rechts unten
beginnend sich bis zum Fuße des linken Pfostens
fortsetzt; zwischen der Borte, die den Anfang der
Nische markiert und dem Rahmen sind Anrufun-
gen Gottes in sehr großer Schrift angebracht, und
zwar (mit der Türseite beginnend): 1. ja wähid
ja ghafür, 2. ja hakim jä 'allm, 3. jä qadlr ja
qadim, 4. jä rahlm ja kafim, 5. ja ahad ja sa-
mad, 6. jä auwal jä achir, 7. Pflanzenornament,
8. jä zahir jä bätin. Bei den Nischen wechselt,
wie schon gesagt wurde, immer eine flache mit
einer vertieften; es ist also unter 1. (ja wähid)
die Tür, unter 2. eine vertiefte Nische, unter 3.
eine flache Nische und so fort; zu bemerken ist,
daß die siebente Nische (die vierte flache, an der
Südwand) eine Inschrift-Tafel zeigt mit Bericht
über den Bau und die Beisetzung des Erbauers
darin am 26. Moharram 1238 (13. Oktober 1822) h
Ich gebe als Probe die Oktogonseite 3 (Abb. 6).
1 Leider sind die Platten mit den Aufnahmen der
Inschrift in Verlust geraten. Das ist mir besonders schmerz-
lich. Die Platten aller andern Aufnahmen (es wurden im

ganzen 47 gemacht, die ein vollständiges Bild der Innen-
verzierung geben) sind vorhanden. Die Kopie einer Auf-
nahme der Inschrift ist vorhanden und nach ihr gebe ich
den Versuch einer Übersetzung des Erhaltenen.
Z. 1—5. Außer den konventionellen Eingangsformeln
(basniala und Preis Gottes und des Propheten) ist fast
nichts zu lesen.
6. mit seiner [Gottes] Bestimmung der Scharfrichter
aller Geschöpfe (es war) am dreißigsten
Sonntag, (als) jener Fürst der Fürsten und Ernährer der
Elenden, der Beherrscher des Landes Moghülistän und
der Sultan des Staates Jarkend
7. ich meine Seine Hoheit Mirza Mohammed Husain
Baisa Häkim Beklik zum Meere des Verzeihens
gelangte: wir gehören Gotte und zu ihm kehren wir zurück
(Qor. 2,151).
8. Nachdem jene reine Seele zwischen den beiden ge-
segneten Gräbern in einer hörliqagleichen, paradiesähn-
lichen Ruhestatt Wohnsitz genommen, hatte jener
9. der Beförderer der Herrschaft des erhabenen Islams,
die Krone der Sultane Mirza Mohammed Mahdi (?) Beklik,
Gott schenke ihm langes Leben und Glück! den Gedanken,
es solle das paradiesähnliche Grab durch Errichtung eines
Mausoleums über dieser reinen Ruhestatt geschmückt
werden, auf daß Vornehm und Gering von Einwohnern
und von Fremden kämen, um es anzuschauen und des
segensreichen Geistes dieser gottbegnadeten Person mit
der Treue-Sure [Qoran 112; sie ist an zahlreichen Stellen
angebracht] im Gebete zu gedenken, und auf daß die
Wissenden ('Ulamä) und die Schöngeister (Fuzalä’)»
11. die die Taucher ins Meer der Vortrefflichkeit sind,
kämen und unter Volllesung (chatm) des ewigen Wortes
[der Seele des Verstorbenen Frieden gäben]. Mit hohem
Befehle brachte er geschickte Zeichner, unvergleichliche
Architekten, Bauleute und Ornamentierer (Schmuckkünstler,
naqqas) aus den Staaten Jarkend und Kaschgar zusammen,
erklärte ihnen den Plan dieses Majolika-Mausoleums,
12. und streute aus seinem Schatze Gold und Silber
wie Stein und Staub aus; alle Meister gingen freudigen
Herzens an die Arbeit. Die Mauern dieses Majolika-
Mausoleums wurden errichtet (?) Dann machten
die Zeichner und Ornamentierer sich daran, ihre Arbeit
zu tun
12. (und ohne Furcht?) brachten sie an den Wänden
die Ornamente an; jeder wandte bei Ausübung seiner
Kunst die größte Anstrengung mit freudigem Gemüte an.
Das Datum der Beisetzung war Donnerstag der 26. Mo-
harrem 1238 o Herr! Schluß.
Das geschmacklose tamäm 'Sud ist diesen Menschen
so ans Herz gewachsen, daß sie es selbst hier nicht lassen
können. Die Inschrift ist auf die 12 Zeilen geschickt so
verteilt, daß sie gerade auskommt. Es muß aber das ganz
unnötige „Schluß!“ noch drangekleckst werden. Es ist,
als läse man auf einer wohlausgefüllten lateinischen Tafel
ein explidt.

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