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Grothe, Hugo [Bearb.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 2.1911/​1912

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Lichtenberg, Freiherrn v.: Über gegenseitige Einflüsse von Orient und Occident im Becken des Mittelmeeres
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https://doi.org/10.11588/diglit.69723#0215

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Orientalisches Archiv
II. Jahrgang, vavavavavavavavavavavavavavav Heft 4.

Über gegenseitige Einflüsse von Orient und Occident
im Becken des Mittelmeeres.
Von R. Freiherrn v. Lichtenberg-Berlin.
Mit 20 Abbildungen im Text und auf 2 Tafeln (XXV—XXVI).

ie in den letzten Jahrzehnten überall in
der alten Kulturwelt emsig betriebenen
Ausgrabungen und damit in Verbindung
die vergleichende Sprachforschung, sowie die
Mythen-Forschung haben nicht nur unsere Kennt-
nis von den Anfängen aller Kultur in erfreulichster
Weise vertieft, sondern lassen uns auch Völker-
wanderungen und Beziehungen zwischen den
Bewohnern der alten drei Weltteile, zwischen
Orient und Occident, erkennen, die bis in die
ältesten uns erkennbaren Zeiten hinauf reichen.
Daß bereits um und vor 2000 v. Chr. lebhafte
Beziehungen zwischen der ägäischen Kultur und
Ägypten, etwas später auch über Cypern nach
Syrien bestanden, ist durch die Untersuchungen
zahlreicher Forscher bereits klar gelegt, sowohl
auf Grund der archäologischen Funde, als durch
die literarische Überlieferung, besonders durch
die Berichte Thutmoris III. sowie von Ramses II.
bis Ramses III., und auch die Amarna-Briefe
geben darüber willkommenen Aufschluß1. Über
die Ausbreitung der europäischen Arier nach Klein-
asien und von da weiter nach Vorderasien wer-
den wir sowohl durch die Ergebnisse der Aus-
grabungen in Troia und auf Cypern, als durch
die Grabungen und Forschungen Hugo Wincklers
1 Die recht starke Literatur hierüber ist angegeben in
den Anmerkungen von Diedrich Fimmen: Zeit und Dauer
der kretisch-mykenischen Kultur. Leipzig, Teubner 1909 und
v. Lichtenberg: Einflüsse der ägäischen Kultur auf Ägypten
und Palästina.

in Boghaz-köi am Halys in willkommenster Weise
unterrichtet.
Diese genannten Zeugnisse eines lebhaften
Verkehres zwischen Occident und Orient gehören
alle dem zweiten vorchristlichen Jahrtausend,
also bereits der Metallzeit an. Es wird dadurch
ein dies ganze Jahrtausend anhaltendes Eindringen
europäisch-arischer Stämme und ihrer Kultur nach
Asien und Afrika erwiesen. Diese Einwanderungen
begannen aber schon in viel älteren Zeiten, in
frühen Abschnitten der neolithischen Zeit, und es
sind uns eine große Reihe von Denkmälern er-
halten, die uns auch hier die Wanderungs-Wege
der Arier deutlich erweisen; Wege, die sich rings
um das Becken des mittelländischen Meeres herum-
ziehen.
Die Richtung dieser Wanderungen, die eine
Durchdringung des Orients mit materiellen und
geistigen Kulturgütern des Occidents bewirkten,
war in der neolithischen Zeit eine vorwiegend
west-östliche, um sich dann in der Bronzezeit
und schon im jüngeren Neolithikum in eine
größten Teiles nord-südliche oder nordwest-süd-
östliche umzugestalten. Für diese Änderung in
der Richtung dürften zwei Umstände von maß-
gebender Bedeutung sein. In den Zeiten zwischen
dem Paläolithikum und Neolithikum waren die
Europäer durch die Vergletscherung Mitteleuropas
während der Eiszeit nach Westfrankreich und
der spanischen Halbinsel zurückgedrängt, darum
gehen die ältesten Ausstrahlungen arischer Kultur


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