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Grothe, Hugo [Bearb.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 2.1911/​1912

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Müller-Beeck, F. G.: Ursprung der japanischen Motive in Kunst und Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.69723#0124

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Ursprung der japanischen Motive in Kunst und
Kunstgewerbe.
Von F. G. Müller-Beeck — Frankfurt a/M.
Mit 34 Abbildungen im Text und auf 1 Tafel (XVI).

C|||3|eit den allerältesten Zeiten hat unter den
QS2 Völkern der Erde ein Austausch von sym-
^^fbolisehen Zeichen, Sprachzeichen und Bil-
dern, welche in der Kunst und im Kunstgewerbe
Verwendung fanden, stattgefunden. Allerdings
geschah dies nicht auf direktem Wege, sondern
meistens auf so verschlungenen Pfaden, daß es
der Wissenschaft außerordentlich schwer wird,
dieselben zu verfolgen. Wenn man berücksichtigt,
daß einige Gelehrte die uralte Kultur der Chinesen
zurückführen auf Babylon, wenn man bedenkt,
daß die Ägyptologen nachgewiesen haben, daß
die ersten Kolonisten, welche die Kultur ins Nil-
tal trugen, aus Westarabien und Südarabien ein-
wanderten; wenn man ferner in Erwägung zieht,
daß auch die alten Indier, aus einer kühleren Heimat
von den Bergen kommend, in das Industal und
obere Gangesgebiet eingewandert sind, und wenn
man endlich berücksichtigt, daß die amerikanischen
Sprachforscher die Kulturen der amerikanischen
alten Kulturvölker in Zusammenhang bringen
wollen mit den Kulturen Asiens, so wird man
leicht verstehen, daß es für die Forscher eine
große Versuchung ist, den Ursprung der Motive
in Kunst und Kunstgewerbe als aus einer großen
Zentralquelle stammend anzunehmen. Allein der
exakten Wissenschaft ist mit solchen Spekulationen
nicht gedient. Für derartige Zusammenhänge be-
darf es ins Einzelne gehender Nachforschungen
und begründeter Nachweise.
Auf sicherem Boden befinden sich erst wissen-
schaftliche Untersuchungen über die Wanderun-
gen der Motive in Kunst und Kunstgewerben
vom frühen Mittelalter an. Da können wir nach-
weisen, daß ostasiatische und asiatische Verzie-
rungen und Bilder bei den kunstgewerblichen
Erzeugnissen und bei der Kunst in Europa ver-
wendet worden sind. Wir erkennen das aus
Gegenständen aller Art, die aus den Zeiten stam-
men, in denen der Überlandhandel nach Indien
in den Händen Venedigs, Genuas und zum Teil
der Hansa lag. Nach der Entdeckung des See-

weges nach Ostindien sind es die Portugiesen,
die zuerst indische Erzeugnisse, Stickereien, Elfen-
beinschnitzereien, Holzschnitzereien, Seidenzeuge
nach dem Westen Europas bringen. Als die Portu-
giesen 1517 die SüdküsteChinas erreichen und in
den folgenden Jahrzehnten bis nach Ningpo hinauf
Faktoreien gründen, ferner 1543 von ihnen zu-
fällig Japan entdeckt wird, und auch hier nament-
lich auf der südlichen Insel, Kiushiu, portugie-
sische Faktoreien entstehen, da gelangen chinesi-
sche und japanische kunstgewerbliche Erzeugnisse
direkt nach dem Westen Europas, erregen durch
ihre Formen und Bilder großes Aufsehen und
üben einen weitgehenden Einfluß auf das Kunst-
gewerbe der meisten Staaten Europas aus. Haupt-
sächlich sind es chinesische Töpferarbeiten, Seiden-
stickereien, Holzschnitzereien, Flechtereien, die zur
Nachahmung in Europa anregen. Schon gegen
Ende des 16. Jahrhunderts versuchten Italiener, das
chinesische Hartporzellan nachzumachen und eine
Art Steinzeug mit Glasfritte herzustellen. Die
Portugiesen verstanden es nicht, sich im Osten
lange Jahre zu halten, sie mischten sich in Japan
in die politischen Verhältnisse, und ihr fanatischer
Eifer erregte den Haß der Buddhisten. Nach den
großen Christenverfolgungen in den Jahren 1637
und 1638 werden die Portugiesen aus Japan ver-
trieben, und von 1641 hört der portugiesische
Handel auf. Das Erbe derselben traten die Hol-
länder an, welche von 1609 zuerst in Hirado,
dann von 1641 in Nagasaki auf Desima Faktoreien
unterhielten. Die Holländer beschränkten sich
ausschließlich auf den Handel. Durch sie gelangen
japanische Töpferwaren von Arita nach Europa.
Die Töpferkunst ist es vor allem, die in erster
Linie zu neuen Anregungen in Europa Anlaß ge-
geben hat, und zwar versuchte man in Europa
schon zur Zeit des portugiesischen Handels, das
echte Porzellan der Chinesen nachzuahmen. In
Japan weiß man vor 1600 Porzellan in größeren
Mengen nicht herzustellen. Es wurden zwar
Porzellanwaren 1513 in Arita durch Gorodayu

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