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Grothe, Hugo [Oth.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 2.1911/​1912

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Supka, G.: Iskender-Ḏūl-Qarnein und Chaḍhir: Eine Darstellung der Silberschüssel aus Klimowa
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https://doi.org/10.11588/diglit.69723#0176

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Iskender-Du’l-Qarnein und Chadhir.
Eine Darstellung der Silberschüssel aus Klimowa1.
Von G. S u p k a - Budapest.
Mit 2 Abbildungen auf 1 Tafel (XX).

^^Qchon bei Gelegenheit meiner Besprechung
fäSgQ des Olifanten von Jäsz - Bereny wies ich
kurz auf jene, auch in kunstgeschichtlicher
Hinsicht bedeutsamen Quellen hin, die uns die
mittelalterlich - orientalische Literatur für die vor-
und frühislamische Kunst in vielen Beziehungen
bietet. Sind sie auch nur späte und recht oft
stark „verschönerte“, „vergelehrtenduselte“ Sam-
melstellen der verschiedenen Volkssagen, —
durch Rückschlüsse werden sie jedoch unstreitig
unentbehrliche Quellenschriften jener Kunstarten
abgeben, die, wie z. B. das Sassanidische, sich
mit einer gewissen Prägnanz auf das national-
völkische Kolorit — gegenüber dem verallgemei-
nernden Hellenismus — berufen. Und selbst in
den Fällen, wo wir in späterer Zeit vielfach eine
Art von Pseudohellenismus in der orientalischen
Kunst vor uns finden, wo gegenüber einer sup-
ponierbaren demokratischen, bodenständigen und
dekorativen Volkskunst sich an den glänzenden
Chalifenhöfen eine gräzisierende Hofkunst heraus-
bildet (wie ich sie z. B. an den Reliefs des von
Graeven in den Bonner Jahrbüchern 108 publi-
zierten Kästchens erkennen möchte; auch den
Olifant von jäsz-Bereny mit seinen herakleischen
Darstellungen rechne ich dahin), selbst in diesen
Fällen werden Nizami, Firdausi, Taban und
die anderen, ja selbst der Qorän, eine Art von
Gradmesser bilden, woran wir die Verorientali-
sierung, will sagen: Verwilderung hellenistischer
Daten und Sagen ablesen können. Und im
gegenteiligen Sinne werden wieder die Hervor-
bringungen dieser mittelalterlich - frühen Kunst
recht oft als lichte Wegweiser in jenes Dunkel
dienen, das die Schriftquellen, aus dieser oder
jener Ursache hinterlassen, zumeist weil die
Kenntnis dazumal selbstverständlich bewußter Tat-
sachen sich seither unserem Gesichtskreise ent-
zog. Vielleicht vermögen diese Zeilen irgend-
einen Kenner der mittelalterlich - orientalischen

1 Smirnow, Taf. CXXI, Abb. 306.

Literatur dazu veranlassen, „Kunstgeschichtliche
Quellenschriften“ zusammenzustellen, wie wir sie
für die byzantinische und okzidentale Kunst schon
besitzen.
❖ *
*4«
Das Smirnowsche Prachtwerk über orienta-
lisches Silber wird nun auch in dieser Hinsicht
manches interessante Material beibringen. Ich
möchte diesmal nur an die Besprechung einer
Schüssel herantreten, die mitsamt vier anderen
Prachtstücken im Jahre 1907 in Klimowa (Gouv.
Perm) gefunden wurde2 und deren Abbildung
ich mit gütiger Erlaubnis des Herrn Prof. v. Smir-
now hier wiederhole. Die Darstellung erscheint
fürs erste etwas verworren. In einer auf Rädern
stehenden Bogenarchitektur, die sich nahe den
bekannten Lebensbrunnendarstellungen anreiht,
sehen wir die stehende Gestalt einer charakte-
ristisch sassanidisch gekleideten, mit Pfeil und
Bogen versehenen Persönlichkeit, die durch die
beiden, rechts und links über dem Nacken her-
vorquellenden Haarbomben als eine hochstehende
Person gekennzeichnet wird. Sternartige Ro-
setten dienen als Friesverzierung des Bogens.
Darüber steigt ein mächtiger Halbmond hervor,
in dessen Sichelspanne eine Gestalt mit nach
orientalischer Art gekreuzten Beinen auf einer
verzierten Bank sitzt. Die Gestalt, mit den hiera-
tisch-starren Gesichtszügen, hat außer dem mit
einem Stirnbande verzierten Calotte-Helm (Mithra),
den beiden Toupets und der sassanidischen Pluder-
hose mit den Nankingfransen als besondere
Eigentümlichkeit zwei Hörner hinter den Schultern
hervorstehend; sie hält ein Schwert mit beiden

2 Kurz beschrieben im Archäologischen Anzeiger, Bei-
blatt zum Jahrbuch des Kais. d. Arch. Institutes, 1908,
S. 150; weiterhin reproduziert im Compte rendu de la Com-
mission Imperiale Archeologique pour l’annee 1907 (rus-
sisch), „mais sans aucune explication plus ou moins de-
taillee“, wie mir Herr Prof. Smirnow mitzuteilen die außer-
ordentliche Güte hatte.

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