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Grothe, Hugo [Bearb.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 2.1911/​1912

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Supka, G.: Iskender-Ḏūl-Qarnein und Chaḍhir: Eine Darstellung der Silberschüssel aus Klimowa
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Grothe, Hugo: Der Kalamkâr: Ein Erzeugnis des persischen Kunstgewerbes
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https://doi.org/10.11588/diglit.69723#0182

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Der Kalamkär.
hier mit gütiger Genehmigung des Großherzogi.
Hessischen Staatsmuseums zu Darmstadt die
Abbildung eines im bewußten Museums befind-
lichen Reliefs von einem orientatischen Elfenbein-
kästchen, welches seit Graevens Publikation (in
den Bonner Jahrbüchern 108) auch weiteren
Kreisen bekannt sein mag. Es stellt Alexander unter
einer Arkatur stehend, von hochemporstürmen-
den Greifen flankiert und mit zwei schweben-
den Putti über seinem Haupte dar. Wenn auch
die Tracht des Königs unter byzantinischem
Einflüsse verändert erscheint, wenn auch die
Putti in einem unserer Schüssel gegenteiligen
Sinne als Niken veranschaulicht sind, kann man sich
doch schon auf den ersten Blick des Eindrucks
nicht erwehren, die beiden Darstellungen seien
miteinander in gewissen Beziehungen verwandt.
Abgesehen von dem supponierten inhaltswerte
(beide beziehen sich doch eigentlich auf Alexan-
der), sind die Attribute, wie Arkatur und Putti,
dann die hochschwingende Art der Zugtiere, die
beiden Darstellungen gemein sind, so vereinzelt
in ikonographischer Hinsicht, daß sich nicht
ohne weiteres behaupten ließe, die Auswahl dieser

Zutaten sei dem Zufalle zuzuschreiben. Aller-
dings muß natürlich eine Reihe von Verbindungs-
stufen zwischen beiden Darstellungen, vielleicht
im Wege von Geweben, angenommen werden.
Ich hege die Vermutung, diese Art der Darstel-
lung der Alexandersage (wobei natürlich jene der
Schüssel zeitlich vorhergehend anzunehmen wäre)
mußte im Orient einen Typus darstellen, dessen
Glieder freilich noch vielzuwenig bekannt sind,
als daß sich sichere Schlüsse kunstgeschichtlicher
Art daraus ziehen ließen. Unsere beiden Dar-
stellungen stehen meines Wissens vorläufig
allein da; oder sollte man sie eventuell mit den
syrischen Lebensquelldarstellungen in Parallele
setzen?
Bei dieser Gelegenheit sei noch kurz auf die
Gleichartigkeit der Helmform (Mithra) an der
Schüssel und an dem Alexanderrelief von S. Marco
in Venedig hingewiesen. Ich habe hiervon in
anderem Zusammenhänge in der Zeitschr. f.
christl. Kunst 1911, X., gesprochen, wo ich gegen-
über Panzers Ansicht, das Relief sei wegen
des Kostüms unzweifelhaft byzantinischer Arbeit,
dessen orientalische Herkunft behauptete.

Der Kalamkär.

Ein Erzeugnis des persischen Kunstgewerbes.

Von Hugo Grothe.

Mit 4 Abbildungen auf 2 Tafeln (XXI—XXII).

Ile Reisenden, die Persien im letzten Jahr-
hundert durchwanderten, sind in Er-
kenntnis der betrübenden Tatsache einig,
daß in diesem Lande Kunst und Kunstgewerbe
von der Höhe herabgestiegen sind, zu der sie
schon zuzeiten der Sassaniden sich empor-
geschwungen hatten und auf der diese, neue Blüten
unter verschiedentlichen, bald von Westen, bald
von Osten kommenden Einflüssen treibend, bis
zum Ausgang des 17. Jahrhunderts sich erhalten
haben. Teppichknüpferei, die Ziselierungskunst
von Silber und Metall, die Bearbeitung von Elfen-
bein und Edelsteinen sowie die Waffenschmiede-
kunst sind wohl noch im Schwünge und be-

schäftigen Tausende von geschickten Händen1,
aber das Gepräge schöpferischen Künstlertums
ist verloren gegangen. Keramik und Lackmalerei
(letztere bei Ausstattung von Schreib- und
Schmuckkästchen, Spiegeln u. a. m.) haben nur
noch mageren Boden und die Miniaturenmalerei
ist seit der Begründung orientalischer Druckereien
gänzlich erstorben.
Doch immerhin spiegelt die moderne kunstge-
werbliche Betätigung in Persien noch mannigfache
alte Vorzüge wieder. Die dem Volke angeborene
1 Siehe Polak. Persien. Offizieller Ausstellungsbericht,
herausgegeben durch die Generaldirektion der Weltaus-
stellung. Wien 1873.


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