Über Technik
und Ökonomie des japanischen Kunstfleißes.
Von E. A. Heber-Baden (Schweiz).
at Karl Bücher in „Arbeit und Rhyth-
mus“1 den innigen psychologischen Zu-
sammenhang dargetan, in dem das
ästhetische mit dem wirtschaftlichen Leben der
Naturvölker steht, so versuchte Wäntig2 auf
historischer Grundlage nachzuweisen, inwiefern
unsere moderne Kunst eine Folge wirtschaft-
licher Verhältnisse sei. Wenn er trotz der Fülle
des verarbeiteten Materials zu generellen Schluß-
folgerungen nicht gelangen konnte, so werden
ihm diejenigen daraus zuletzt einen Vorwurf
machen, die sich von der relativen Gültigkeit
unserer Anschauungen auf einem mit dem
menschlichen Gefühlsleben so innig verwach-
senen Gebiete, wie es die ökonomische Würdi-
gung des künstlerischen Geschmacks darstellt,
täglich zu überzeugen Gelegenheit haben. Neuer-
dings hat u. a. Sombart das Thema eingehender
behandelt in einem dem ersten deutschen Sozio-
logentage zu Frankfurt a. M. im Oktober 1910 er-
statteten Referate. Klarer gefaßt gibt er seine
Ideen im Septemberheft des Archivs für Sozial-
wissenschaft und Sozialpolitik 1911 unter dem
Titel „Technik und Kultur“ wieder, wobei er
sich, wie er ausdrücklich hervorhebt, darauf be-
schränkt, den Einfluß in positiver und nega-
tiver Richtung, den die Technik auf unser Kul-
turleben aüsübt, an mehr oder weniger glücklich
gewählten Beispielen darzutun. Was er dort
über den Einfluß moderner Technik auf das
Musikleben unserer Zeit sagt, ist von ganz be-
sonderem Interesse.
Auf positive Unterlagen stützt Buschmann
seine Untersuchungen, über die er der Vereini-
gung für exakte Wirtschaftsforschung im Okto-
ber 1910 Bericht erstattet hat, und die unter
dem Titel „Das Qualitätsprinzip in der deutschen
Volkswirtschaft“ im Archiv der Gesellschaft,
III. Bd., 3. Heft, wiedergegeben sind. Wir wer-
den Gelegenheit nehmen, auf die Ergebnisse
seiner Forschungen zurückzukommen.
1 4. Auflage, Leipzig und Berlin, 1909.
2 H. Wäntig, Wirtschaft und Kunst, Jena 1909.
Von älteren Nationalökonomen haben sich
u. a. Roscher1, Knies2, Marx3 4, Wilhelm von Her-
mann1 und Fr. Xaver Neumann5 mit unserem
Problem befaßt. Woher nun das rege Interesse,
das in dem Wiedererwachen nationalökono-
mischer Forschungen auf dem Gebiete des
Kunstgewerbes zum Ausdruck gelangt? Wir
erblicken darin einen neuen Beweis für die Tat-
sache, daß doch allmählich in der Wirtschafts-
wissenschaft die Überschätzung, deren sich die
Sachgüter lange Zeit erfreuten, einer eingehen-
deren Würdigung der menschlichen Fähigkeiten
als ökonomischer Faktoren Platz macht.
Daß die ästhetische Begabung eines Volkes
ein wichtiges Moment seiner Wirtschaft dar-
stellt, dürfte unbestritten sein. Dafür liefert die
französische Kunstindustrie interessante Belege.
An Schmuck-, Gold- und Silberwaren erzeugt
Frankreich jährlich für nahezu 200 Millionen
Franken Werte, von denen etwa der vierte Teil
exportiert wird. An künstlerischen Bronzen setzt
Frankreich jährlich 15 Millionen Franken um.
Die Ausfuhr beläuft sich auf etwa die Hälfte.
Die französische Spitzenindustrie, in der Calais
hervorragt, versieht den Weltmarkt. Von den
115 Millionen Franken, die Calais einnimmt,
wandern ihm 100 Millionen vom Ausland zu;
sein Export erstreckt sich hauptsächlich nach
England, Nord- und Südamerika. Die franzö-
sische Stickereiindustrie wirft jährlich etwa 60
Millionen Franken ab. Der Umsatz französischer
Luxusmöbel beläuft sich auf 60 Millionen Fran-
ken im Jahr, wovon 25 Millionen auf die Aus-
fuhr entfallen. Fayence-Waren, Porzellan- und
Glaswaren figurieren mit 30 Millionen Franken
in der Ausfuhr, während der gesamte Umsatz
1 W. Roscher, System der Volkswirtschaft.
2 Karl Knies, u. a. in der Schrift: Die Eisenbahnen und
ihre Wirkungen, 1853.
3 Karl Marx, Das Kapital, 1. Bd., 4. Aufl., herausg. von
F. Engels, Hamburg 1890, S. 300 ff.
4 Staatswirtschaftliche Untersuchungen, 2. Aufl. Mün-
chen 1874, S. 143 ff.
5 Die Kunst in der Wirtschaft, Wien 1873.
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und Ökonomie des japanischen Kunstfleißes.
Von E. A. Heber-Baden (Schweiz).
at Karl Bücher in „Arbeit und Rhyth-
mus“1 den innigen psychologischen Zu-
sammenhang dargetan, in dem das
ästhetische mit dem wirtschaftlichen Leben der
Naturvölker steht, so versuchte Wäntig2 auf
historischer Grundlage nachzuweisen, inwiefern
unsere moderne Kunst eine Folge wirtschaft-
licher Verhältnisse sei. Wenn er trotz der Fülle
des verarbeiteten Materials zu generellen Schluß-
folgerungen nicht gelangen konnte, so werden
ihm diejenigen daraus zuletzt einen Vorwurf
machen, die sich von der relativen Gültigkeit
unserer Anschauungen auf einem mit dem
menschlichen Gefühlsleben so innig verwach-
senen Gebiete, wie es die ökonomische Würdi-
gung des künstlerischen Geschmacks darstellt,
täglich zu überzeugen Gelegenheit haben. Neuer-
dings hat u. a. Sombart das Thema eingehender
behandelt in einem dem ersten deutschen Sozio-
logentage zu Frankfurt a. M. im Oktober 1910 er-
statteten Referate. Klarer gefaßt gibt er seine
Ideen im Septemberheft des Archivs für Sozial-
wissenschaft und Sozialpolitik 1911 unter dem
Titel „Technik und Kultur“ wieder, wobei er
sich, wie er ausdrücklich hervorhebt, darauf be-
schränkt, den Einfluß in positiver und nega-
tiver Richtung, den die Technik auf unser Kul-
turleben aüsübt, an mehr oder weniger glücklich
gewählten Beispielen darzutun. Was er dort
über den Einfluß moderner Technik auf das
Musikleben unserer Zeit sagt, ist von ganz be-
sonderem Interesse.
Auf positive Unterlagen stützt Buschmann
seine Untersuchungen, über die er der Vereini-
gung für exakte Wirtschaftsforschung im Okto-
ber 1910 Bericht erstattet hat, und die unter
dem Titel „Das Qualitätsprinzip in der deutschen
Volkswirtschaft“ im Archiv der Gesellschaft,
III. Bd., 3. Heft, wiedergegeben sind. Wir wer-
den Gelegenheit nehmen, auf die Ergebnisse
seiner Forschungen zurückzukommen.
1 4. Auflage, Leipzig und Berlin, 1909.
2 H. Wäntig, Wirtschaft und Kunst, Jena 1909.
Von älteren Nationalökonomen haben sich
u. a. Roscher1, Knies2, Marx3 4, Wilhelm von Her-
mann1 und Fr. Xaver Neumann5 mit unserem
Problem befaßt. Woher nun das rege Interesse,
das in dem Wiedererwachen nationalökono-
mischer Forschungen auf dem Gebiete des
Kunstgewerbes zum Ausdruck gelangt? Wir
erblicken darin einen neuen Beweis für die Tat-
sache, daß doch allmählich in der Wirtschafts-
wissenschaft die Überschätzung, deren sich die
Sachgüter lange Zeit erfreuten, einer eingehen-
deren Würdigung der menschlichen Fähigkeiten
als ökonomischer Faktoren Platz macht.
Daß die ästhetische Begabung eines Volkes
ein wichtiges Moment seiner Wirtschaft dar-
stellt, dürfte unbestritten sein. Dafür liefert die
französische Kunstindustrie interessante Belege.
An Schmuck-, Gold- und Silberwaren erzeugt
Frankreich jährlich für nahezu 200 Millionen
Franken Werte, von denen etwa der vierte Teil
exportiert wird. An künstlerischen Bronzen setzt
Frankreich jährlich 15 Millionen Franken um.
Die Ausfuhr beläuft sich auf etwa die Hälfte.
Die französische Spitzenindustrie, in der Calais
hervorragt, versieht den Weltmarkt. Von den
115 Millionen Franken, die Calais einnimmt,
wandern ihm 100 Millionen vom Ausland zu;
sein Export erstreckt sich hauptsächlich nach
England, Nord- und Südamerika. Die franzö-
sische Stickereiindustrie wirft jährlich etwa 60
Millionen Franken ab. Der Umsatz französischer
Luxusmöbel beläuft sich auf 60 Millionen Fran-
ken im Jahr, wovon 25 Millionen auf die Aus-
fuhr entfallen. Fayence-Waren, Porzellan- und
Glaswaren figurieren mit 30 Millionen Franken
in der Ausfuhr, während der gesamte Umsatz
1 W. Roscher, System der Volkswirtschaft.
2 Karl Knies, u. a. in der Schrift: Die Eisenbahnen und
ihre Wirkungen, 1853.
3 Karl Marx, Das Kapital, 1. Bd., 4. Aufl., herausg. von
F. Engels, Hamburg 1890, S. 300 ff.
4 Staatswirtschaftliche Untersuchungen, 2. Aufl. Mün-
chen 1874, S. 143 ff.
5 Die Kunst in der Wirtschaft, Wien 1873.
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