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Grothe, Hugo [Oth.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 2.1911/​1912

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Schultz, A. v.: Zur Kenntnis der arischen Bevölkerung des Pamir
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https://doi.org/10.11588/diglit.69723#0055

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und am Oberlauf des eigentlichen Jarkend-darja,
wie er nach Zusammenfluß dieser beiden Quell-
flüsse heißt, und am 80 km unterhalb des Zusam-
menflusses in den Jarkend-darja mündenden
Raskem-darja. Je mehr sich alle diese Flüsse aus
den rauhen alpinen Landschaften entfernen, desto
mehr wird die Bevölkerung von Turkstämmen,
Kaschgariern und Chotanern, durchsetzt Chinesen
leben nur als Beamte und Militär in der Festung
Taschkurgan. Nördlich von der Tagarma-Ebene
beginnen wieder die Verhältnisse des zentralen
Pamir, die nur den nomadischen Kirgisen eine
Existenz ermöglichen.
Die 30 Siedelungen des Quellgebietes des
Jarkend-darja sind von rund 1180 Familien
bewohnt1, von denen gegen 600 müridische
Tadschik, die übrigen sunnitische Turkvölker sind.
Die Gesamtzahl der Tadschik des östlichen Pamir
bezw. der Quellflüsse und des Oberlaufs des
Jarkend-darja wird somit etwa 3000 betragen.
Die Bevölkerung verteilt sich wie folgt:
Tagdumbasch 305 Tadschikfamilien
Tagarma-Ebene 25 „
Watsch 75 „
Raskem-darja 80 „
Jarkend-darja 115 „
im ganzen 600 Tadschikfamilien.
Die geistliche Fürsorge dieser müridischen
Familien, die auch die Verhältnisse im westlichem
Pamir illustrieren mag, gestaltet sich folgender-
maßen. Auf die 600 Familien kommen drei

1 Nach Angaben der eingeborenen Gemeindeältesten
in Taschkurgan.

Zur Kenntnis der arischen Bevölkerung des Pamir.
große Ischane, dabei gehört noch ein Teil der
Müriden zu vier Ischanen, und zwar zu einem
in Tschitral, zwei in Schugnan und einem in
Wachan. Einige Familien haben außerdem noch
ihre Geistlichen in Tschitral und Kandjut. Der
bedeutendste einheimische Ischan (z. Z. Sai'd-
Nasir-Ali in Tulan-schar am Tagdumbasch) ver-
sorgt allein 300 müridische Familien. Er hat
dementsprechend ein großes Einkommen, und
zwar bis 40 Jamben (1 große chinesische
Jambe = ungef. 200 Mk.). Von diesen 40 Jamben
geht allerdings die Hälfte an den Aga-Chan in
Bombay.
Administrativ gehören die Tadschik des öst-
lichen Pamir dem Dao-tai in Kaschgar resp.
dem Fu-tai in Urumtschi an. Gerichtssachen
gehen meistens vorher an den Fa in Jarkend.
Der höchste lokale Beamte ist der Amban in
Taschkurgan. Das kleinere Beamtentum rekrutiert
sich aus den Eingeborenen. Jedes Dorf besitzt
seinen Beck, der von den Einwohnern gewählt
werden soll, in Wirklichkeit sich sein Amt
kauft, vorausgesetzt, daß er überhaupt dem
chinesischen Amban zusagt. Über dem Beck
steht ein Chakim und ein Ischkaga. Die Becks
besitzen jeder Gehilfen (chines. „bangbanj“) und
zwar Minbaschi’s, lusbaschi’s und Unbaschi’s
(= Vorgesetzte von tausend, hundert und zehn
Einwohnern). Ein Gehalt von der chinesischen
Regierung bezieht nur der Chakim. Die Abgaben
der Eingeborenen bestehen meist in Naturalien
— Holz, Stroh u. a. — die an die Festung in
Taschkurgan, im ganzen 2600 Pferdelasten,
geliefert werden müssen und in 75 Sar Bargeld
(1 Sar == ungef. 3,20 Mk.).

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